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       # taz.de -- Neue Frauenzeitschrift „Nova“: Eine wie wir
       
       > Zwei Hamburgerinnen hoffen auf Gleichgesinnte: „Nova“ soll ein
       > Gegenentwurf zu gängigen Frauenzeitschriften sein – Feuilleton statt
       > Psychotests.
       
   IMG Bild: Deine Freundin versteht dich! Deshalb heißt Kochrezeptersatz bei „Nova“ „Essthetik zum Einverleiben“.
       
       HAMBURG taz | Sie haben viele Gemeinsamkeiten, die zwei Frauen von Nova,
       dem neuen „Frauenmagazin mit Eigensinn“. Zum Beispiel, dass sie mit beiden
       Beinen im Leben stehen, sagt die Chefredakteurin Marietta Duscher-Miehlich.
       Und dass nur „hübsch auszusehen, schicke Mode zu tragen und meinem Schatz
       das Essen zu kochen“ für sie überhaupt nicht infrage komme, ergänzt die
       Geschäftsführerin Birte Püttjer. Duscher-Miehlich nickt. Ihre Flipflops
       sind silbern, Püttjer trägt Pumps. Beide sind Mitte 40 und seit April
       Verlegerinnen.
       
       In einer Auflage von 15.000 Heften haben die Journalistin Duscher-Miehlich,
       die eigentlich ein Magazin für Bankkunden betreut, und die
       Unternehmensberaterin Püttjer ihre Zeitschrift auf den Markt gebracht –
       ohne dass sie einem der 30 MitarbeiterInnen und AutorInnen bisher ein
       Honorar gezahlt hätten.
       
       Auch AnzeigenkundInnen und Leserinnen wollen sie für den alternativen
       Zugang ihres Magazins begeistern, „weil Nova Frauen nicht ständig um sich
       selbst kreisen lässt“, wie die Macherinnen schreiben: „Wir haben genug von
       Diätrezepten, Psychotests, Männergebrauchsanweisungen.“
       
       Interviews, Reportagen und Essays sind in Rubriken gegliedert, die
       „Jetztzeit“ heißen oder „Lebensart“. Nova druckt keine Frisurentipps,
       sondern Feuilleton, etwa „eine kleine Kulturgeschichte“ der Haare.
       Duscher-Miehlich verzichtet auf Modestrecken mit Models, sie interviewt
       stattdessen Designerinnen. Die Kleidungsstücke fotografiert sie auf deren
       Möbeln.
       
       ## Alter Wein in neuen Schläuchen
       
       Der Kochrezeptersatz in der ersten Nova heißt „Essthetik zum Einverleiben“.
       Es ist ein Artikel über den Besuch bei einer Künstlerin, die aus Käse
       Ziegenköpfe formt. Die Fotos zeigen eine Frau mit einem großen Lächeln,
       lose Strähnen fallen in ihre Stirn. „Das ist die Verbindung von Kulinarik
       und Erotik“, sagt Duscher-Miehlich.
       
       So erinnern Nova-Themen an die von Für Sie, Freundin oder Brigitte – nur
       mit anderen Mitteln. Die Frauen, für die sie geschrieben sind, sollen
       konsumstark sein, gebildet, anspruchsvoll und älter als 35 Jahre. „Da
       steckt sehr, sehr viel von uns drin“, sagt Püttjer und legt die Hand auf
       das Heft.
       
       Wie die meisten ihrer KollegInnen lebt Püttjer im Hamburger Viertel
       Eimsbüttel. Der Chefredakteurin Duscher-Miehlich ist das prompt ein
       Stadtteilporträt in der Erstausgabe wert. In dem Text kommt die
       Protagonistin ins Schwärmen: „Viele Kreativarbeiter, Freiberufler,
       grün-alternativ angehaucht, freigeistig, nicht so karriereorientiert, nicht
       so wohlhabend, wo ich das Gefühl habe, da passe ich rein.“
       
       In der gemeinsamen Eimsbütteler Kita ihrer Söhne haben sich die
       Herausgeberinnen kennengelernt – und auch ihre Bildredakteurin fanden sie
       unter diesen Müttern. Sie illustriert nun mit kunstvollen Fotografien
       Essays zu Kinderwunsch, Hauskauf oder Karrierestress: Nova reduziert ihre
       Leserinnen nicht auf die Hosengröße. Hier geht es um ganze Lebensentwürfe.
       
       ## Mehr Unterhaltung als Kunst
       
       Das Cover der ersten Ausgabe zeigt das Foto einer Frau, die ihr Gesicht mit
       dem eigenen Haar verhüllt. Im Heft dominieren Zeichnungen, sorgsam
       komponierte Bilder und Weißraum. Nova könnte auch ein Kunstband sein. „Wir
       sind in erster Linie ein Unterhaltungsmagazin“, widerspricht Marketingfrau
       Püttjer.
       
       Allerdings hat sie auch Beiträge von feministischen Autorinnen wie Bärbel
       Kerber gedruckt, die selbst das Onlinemagazin Miss Tilly herausgibt. Kerber
       schreibt über einen Zwang zum Sexysein und kritisiert Heidi Klums
       Modelshow. In anderen Texten geht es um Rollenklischees im
       Achtzigerjahre-Fernsehen und um Bisexualität.
       
       Macht Nova feministischen Blättern wie Emma oder Missy Magazine Konkurrenz?
       „Wir sind nicht kämpferisch“, sagt Chefredakteurin Duscher-Miehlich. Aber
       unpolitisch geht es auch nicht, wenn man für Freigeistlerinnen schreibt:
       Konsumkritik ist schick in Eimsbüttel.
       
       Vierteljährlich soll das Magazin ab dem kommenden Jahr erscheinen und nach
       der vierten Ausgabe sollen die Anzeigen den unabhängigen Verlag der beiden
       Frauen finanzieren. Um Nova bekannt zu machen, hofft Püttjer jetzt auf die
       Unterstützung der Medien. Wie praktisch, dass so viele Journalistinnen in
       der Nachbarschaft wohnen.
       
       6 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kristiana Ludwig
       
       ## TAGS
       
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