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       # taz.de -- Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Sieg oder Sarg
       
       > Nur ein Spiel kann für Fußballtrainer das Aus bedeuten, manchmal reichen
       > aber auch schon zehn Minuten. Den Entlassenen folgen ihre Vorgänger.
       
   IMG Bild: Die Bank hinter Bruno Labbadia ist schon wieder neu besetzt
       
       Gerade mal drei Wochen Ligabetrieb und schon dreht sich das sogenannte
       „Trainer-Karussel“, das in Wirklichkeit eine Hochgeschwindigkeitszentrifuge
       ist. Oft hängt das Schicksal eines Trainers an nur einem Spiel, der
       Düsseldorfer Profi Oliver Fink hat das mal prägnant auf den Punkt gebracht:
       „Sieg oder Sarg“.
       
       Berufstechnisch im Sarg ist gegenwärtig Peter Pacult, entlassen als Trainer
       von Dynamo Dresden, aber er hatte ohnehin schon düstere Gedanken: „Der FC
       Tirol hat eine Obduktion auf mich“. Auch Bruno Labbadia („Das wird alles
       von den Medien hochsterilisiert“) wurde in Stuttgart pasteurisiert, Franco
       Foda („Ja, wir steigen auf!“) nach dem desaströsen 0:4 seiner Lauterer
       gegen Aalen ebenfalls, genau wie der Coach von 1860 München, Alexander
       Schmidt nach dem 0:2 daheim gegen den SV Sandhaufen.
       
       Nach vier Spieltagen schon weg vom Fenster, das ist kein Einzelfall. Der
       ewige Feuerwehrmann unter den Trainern, Rolf Schafstall, musste einst bei
       Dynamo Dresden nach nur 56 Tagen gehen. Er hatte in seiner unbeschreiblich
       diplomatischen Art gesagt: „Dreck, wohin Du guckst!“ Und der Mann musste es
       ja wissen: Er stammt aus dem Ruhrpott.
       
       In England war Leroy Rosenior am 17. Mai 2007 sogar nur 10 Minuten lang
       Trainer von Torquay United. Während der Pressekonferenz, bei der er
       vorgestellt wurde, wechselte der Klub die Besitzer, und der brachte gleich
       einen eigenen Trainer mit.
       
       Legendär auch, wie einst der langjährige Präsident von Fortuna Köln, Jean
       Löring, den Trainer Toni Schumacher während der Halbzeitpause im Spiel
       gegen Waldhof Mannheim beim Stand von 0:2 in der Kabine entsorgte: „Hau app
       in de Eifel! Du häs he nix mi zu sare, Du Wich***!“, so schrie er auf
       Kölsch und erklärte später: „Ich als Verein musste reagieren.“ Fortuna
       Köln, also Jean Löring, setzte sich in der zweiten Hälfte selber als
       Trainer auf die Bank. Endstand: 1:5. Auf der Pressekonferenz bestellte er
       Weinbrand und lallte „Isch bin einmalig.“ Von wegen: Insgesamt fünfmal
       feuerte Löring Trainer und übernahm das Amt interimsmäßig selber.
       
       Die üblichen Verdächtigen, die zurzeit nach jeder Entlassung gehandelt
       werden sind: Michael Frontzek (der gerade beim FC St. Pauli unter Vertrag
       steht. NOCH.), Felix „Quälix“ Magath, Michael Skibbe, Bruno Labbadia
       (wieder frei!), der unvermeidliche Friedhelm Funkel und „nicht zu vergessen
       ein Lothar Matthäus“ (Lothar Matthäus).
       
       Und dann dreht sich das Rad der Geschichte wieder, mit den immer wieder
       gleichen Trainern, die in einer Art Wanderrotation immer wieder als Loser
       gefeuert und kurz darauf als Hoffnungsträger woanders angeheuert werden.
       Friedhelm Funkel zum Beispiel wurde wegen Erfolglosigkeit u. a. bei Hansa
       Rostock entlassen, dort folgte ihm Ewald Lienen nach, der in Duisburg
       entlassen worden war, wo ihm später Friedhelm Funkel nachfolgte.
       
       Lienen ging dann zu den Münchner Löwen. Dort wurde Lienen ersetzt durch
       Marco Kurz. Als dieser später bei den Löwen wegen Misserfolgs vor die Tür
       gesetzt wurde, ging er zu Kaiserslautern, wo Kurz genauso gefeuert wurde
       wie jetzt sein Nachfolger Foda. Kurz ging kurzerhand nach Hoffenheim, wo er
       Markus Babbel ersetzte, der zuvor in Stuttgart rausgeflogen und dort durch
       Bruno Labbadia ersetzt worden war.
       
       Labbadia kam aus Hamburg, wo ihm Armin Veh nachfolgte, Veh hatte zuvor in
       Stuttgart Felix Magath als Trainer ersetzt, genauso wie später beim VfL
       Wolfsburg. Von dort war Felix Magath zum FC Schalke 04 gewechselt, wo er
       aber nach vielen Niederlagen rausgeworfen wurde und Ralf Rangnick weichen
       musste.
       
       Rangnick kam aus Hannover, wo ihn vorher erwähnter Ewald Lienen ersetzte,
       der dann wegen Erfolglosigkeit Platz machen musste für Andreas Bergmann.
       Bergmann hatte seinerseits schon in Bochum Friedhelm Funkel ersetzt, als
       der gefeuert wurde. Und Bergmann ist nun Nachnachnachnachnachfolger von
       Friedhelm Funkel in Rostock.
       
       Ach ja, Wolfgang Wolf haben wir noch gar nicht erwähnt, der wurde
       dazwischen zerrieben in Lautern, Wolfsburg und Rostock. Wir warten jetzt
       gespannt auf die Comebacks der Trainer Rolf Schafstall und Wolfgang Wolf.
       Am besten zusammen – quasi Wolf und Schafstall.
       
       4 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Achim Bogdahn
       
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