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       # taz.de -- Kommentar Fukushima: Kultur des Wegsehens
       
       > Zu lange ließ Japans Regierung Tepco sein eigenes Atomdesaster aufräumen.
       > Das Versagen zeigt, wie eine Vertuschungspolitik in die Katastrophe
       > führt.
       
   IMG Bild: Abwarten und zuschauen: Dieser Fischer 40 Kilometer südlich von Fukushima hat keine andere Wahl. Seine Regierung schon.
       
       Niemand behauptet, es sei einfach, das explodierte japanische Atomkraftwerk
       Fukushima unter Kontrolle zu bringen und stillzulegen. Es ist eine
       Herkulesaufgabe. Zu ihrer Bewältigung braucht es nicht nur gigantische
       finanzielle Mittel, sondern auch alles weltweit verfügbare Expertenwissen.
       
       Umso unglaublicher ist es, dass Japans Regierung den Bock zum Gärtner
       machte und diese Aufgabe vor allem dem diskreditierten privaten
       Atomkraftwerkbetreiber Tepco übertrug. Sie selbst hielt sich aus dem
       Katastrophenmanagement am Reaktor weitgehend heraus.
       
       Die seit Ende Dezember amtierende konservative Regierung machte stets klar,
       dass ein Atomausstieg mit ihr nicht zu machen sei. Die regierenden
       Liberaldemokraten sind seit Jahrzehnten eng mit der Atomindustrie
       verbandelt; manche ihrer rechtsnationalistischen Politiker reizt auch die
       damit verbundene Atomwaffenoption.
       
       Indem diese Regierung den politischen Druck von Tepco nahm, half sie mit,
       dass es weitergehen konnte mit der Schlamperei, der Vertuschung und dem
       Nicht-so-genau-wissen-Wollen. Genau diese Haltung hatte zur Katastrophe
       geführt.
       
       ## Plötzliches Eingreifen
       
       Und nun? Nun greift die Regierung plötzlich ein und übernimmt das
       Krisenmanagement. Es sind nur noch wenige Tage, bis über die Vergabe der
       Olympischen Spiele 2020 und damit auch über Tokios Bewerbung und eben
       Japans nationales Prestige entschieden wird.
       
       Zweieinhalb Jahre durfte Tepco vor sich hinwursteln. Erst jetzt stellte die
       Regierung verwundert fest, dass der Atomkonzern nicht nur unfähig ist,
       leckfreie Tanks für verstrahltes Kühlwasser zu bauen, sondern nicht einmal
       radioaktive Strahlenbelastung exakt messen kann. Denn die Bandbreite der
       benutzten Messgeräte reichte nicht aus, die Belastung war viel höher als
       angenommen.
       
       Leider pflegt in Japan nicht nur die Regierung die Kultur des
       Nicht-so-genau-wissen-Wollens. Auch Bevölkerung und Mainstreammedien haben
       es versäumt, Regierung und Tepco auf die Finger zu sehen. Die Folge dieses
       fehlenden öffentlichen Drucks: Auch nach dem GAU gelangte kaum ein
       Atomkritiker in die Parlamente und Institutionen.
       
       Die fehlende Pluralität zeigt, wie defizitär Japans Demokratie noch immer
       ist. Ohne gestärkte Demokratie und also auch mehr Transparenz ist es aber
       nur eine Frage der Zeit, bis das nächste große Problem vertuscht wird.
       
       3 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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