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       # taz.de -- Band „Silly“ über Rüstungsgeschäfte: „Ein Geschäft mit dem Tod“
       
       > Im Song „Vaterland“ setzt die Band „Silly“ ein Thema, das im Wahlkampf
       > fehlt: Rüstungshandel. Die Musiker über die Deutschen, Naivität und
       > Skrupellosigkeit.
       
   IMG Bild: Feuer frei: Ein Ausschnitt aus dem Video zum „Vaterland“ .
       
       taz: Frau Loos, Herr Hassbecker, in Ihrem neuen Lied, [1][„Vaterland“],
       geht es um Rüstungsexporte. Warum? Weil das Thema im Wahlkampf fehlt? 
       
       Anna Loos: Nein, das Album mit diesem Lied haben wir ja schon vor einem
       Jahr fertig gemacht. Dieses Lied ist uns passiert, den Wahlkampf hatten wir
       nicht im Sinn. Das Thema treibt uns schon lange um, und dann war der Song
       auf einmal da – fertig in Wort und Musik. Aus vielen Kulturen und
       Religionen beeinflusste Weltmusik trifft auf die Worte mit dieser Aussage,
       die den Finger in die Wunde legt. Aber es ist für uns natürlich ein Thema,
       dessen sich die Parteien annehmen sollten. Und der Wahlkampf ist ein
       verdammt guter Zeitpunkt, sie darauf hinzuweisen, dass sie dieses nicht
       genug tun.
       
       Passt ein politisches Lied in diese Zeit – wo doch in Deutschland ohnehin
       niemand so recht Lust hat, in den Krieg zu ziehen? 
       
       Uwe Hassbecker: Es geht nicht darum, „in den Krieg zu ziehen“, sondern um
       ein Geschäft mit dem Tod, an dem sich die deutsche Waffenlobby bereichert.
       Bestimmte Rüstungsexporte werden in geheimen Abstimmungen des sogenannten
       Bundessicherheitsrats, eines Gremiums, dem nur Regierungsvertreter und
       keine Vertreter der Opposition angehören, genehmigt. Das Parlament erfährt
       erst durch den Rüstungsexportbericht, wer welche Waffen bekommt, und das
       auch erst dann, wenn alles entschieden und vermutlich schon geliefert ist.
       Gebrauchte Waffen oder – schlimmer noch – Lizenzvergaben für den Bau von
       Waffen kommen in dem Bericht nicht vor.
       
       Welche Wege diese Waffen in politisch instabilen Gebieten nehmen und ob sie
       sich am Ende nicht sogar gegen deutsche Soldaten im sogenannten
       internationalen Friedenseinsatz oder gegen friedliche Demonstranten
       richten, ist nicht mehr kontrollierbar. Also höchste Zeit, dieses Thema
       mehr in den Fokus zu rücken, und wenn es mit einem Lied ist. Gerade wir
       Deutschen stehen doch vor dem Hintergrund unserer eigenen Geschichte hier
       in einer besonderen Verantwortung.
       
       Glauben Sie ernsthaft, Ihre Ziele, die in Ihrem Lied zum Ausdruck kommen,
       auf kurze Sicht zu erreichen? 
       
       Anna Loos: Nein! Ich glaube, dass für den größten Teil der Bevölkerung der
       Zusammenhang zwischen „den Fernsehkriegen“ – also den Bildern aus Medien
       aller Art, die ihnen, egal wo auf der Welt, das Grauen des Kriegs zeigen –
       und der Rüstungsindustrie gar nicht bewusst ist. Dafür sorgt unsere Art,
       mit Waffenexporten umzugehen.
       
       In Deutschland muss der Waffenhandel transparenter werden, und dann wird
       dies auch für die Menschen in unserem Land ein Thema sein. In klaren
       Worten: Waffenhandel muss im deutschen Parlament verhandelt und
       verabschiedet werden und nicht in geheimen Sitzungen des
       Bundessicherheitsrats. Wenn man so will, wäre dies ein kleines Ziel auf dem
       Weg zu weniger Waffenverkauf, weniger Waffenproduktion und vielleicht dann
       auch weniger Krieg.
       
       Ist es nicht naiv, eine Welt ohne Waffen zu fordern – zumindest ohne
       deutsche? 
       
       Anna Loos: Das finde ich nicht! Otto Lilienthal wurde auch für naiv
       gehalten, als er glaubte, man könnte als Mensch durch die Luft fliegen.
       Heute können wir von Neuseeland nach Deutschland fliegen, können unterwegs
       schlafen und, wenn es sein muss, auch telefonieren. Wir, vor allem
       Deutschland, haben in der Welt eine Verantwortung zu übernehmen.
       
       Es ist mir völlig klar, dass es Polizei und auch eine Armee geben muss, um
       ein Land zu verteidigen, zu helfen und auch Ordnung und Gesetz
       durchzusetzen. Aber das ist auch genau das, worauf die Deutschen sich
       beschränken sollten. Wir sind eines der führenden westlichen
       Industrieländer, und es gibt, außer der Bereicherung einiger weniger,
       keinen großen Grund, warum wir der drittgrößte Waffenlieferant der ganzen
       Welt sind.
       
       Ist „Schwerter zu Pflugscharen“ noch eine zeitgemäße Parole? 
       
       Uwe Hassbecker: Warum nicht, aber mit Parolen allein kommt man nicht weit.
       Es geht hier um Veränderung, um aktives Handeln, um mehr Demokratie für
       eine friedlichere Welt.
       
       5 Sep 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://vimeo.com/73283689
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Feddersen
       
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