URI: 
       # taz.de -- Fußball: Union ringt St. Pauli nieder
       
       > Nach einem 0:2 Rückstand gelingt es den Köpenickern, das Spiel noch zu
       > drehen. Nach dem 3:2 steht Union nun auf Platz zwei der Zweiten Liga.
       
   IMG Bild: Union-Fans feiern ihre Mannschaft
       
       Christian Stuff wird es nicht gerne hören. Aber man kann davon ausgehen,
       dass sein Trainer Uwe Neuhaus in dieser Saison noch des Öfteren auf dieses
       Spiel zu sprechen kommen wird. Der 3:2-Sieg von Union Berlin gegen St.
       Pauli am Samstag dürfte ihm als Paradebeispiel dienen, was seine Mannschaft
       auch in prekären Situationen zu leisten imstande ist.
       
       „Denkt an die Partie gegen St. Pauli“, wird Neuhaus nur noch sagen müssen,
       wenn es möglicherweise im Aufstiegskampf von Nöten ist, seinem Team neues
       Leben einzuhauchen. So betrachtet dürfte der Erfolg von Samstag weit mehr
       wert sein als die drei Punkte, mit denen Union entlohnt wurde und nach dem
       Schlusspfiff auf den zweiten Tabellenplatz vorrückte.
       
       Nur eben beim Verteidiger Stuff dürfte die Erinnerung an den 31. August
       sehr gemischte Gefühle wachrufen. Er war nämlich der Protagonist des
       desolaten Union-Auftritts in den ersten zwanzig Minuten. Unmittelbar nach
       dem Anpfiff verstolperte er unbedrängt den Ball. Gegenspieler Fin Bartels
       konnte diesen so zu John Verhoek weiterleiten, der zum 1:0 für St. Pauli
       traf. Gerade 25 Sekunden waren da gespielt.
       
       Wenig später beim 2:0 von Bartels in der 6. Minute sah Stuff bei seinem zu
       späten Störungsversuch erneut recht unglücklich aus. Die meisten
       Ballkontakte (85) standen am Ende auf dem Spielstatistikbogen für ihn zu
       Buche. Die Union-Fans hätten vor allem in der Anfangsphase viel darum
       gegeben, wenn er den Ball nicht so häufig gehabt hätte.
       
       Sehr lang sei ihm die erste Halbzeit vorgekommen, erzählte Stuff
       offenherzig nach der Partie. „Da gehen einem viele Sachen durch den Kopf.“
       Über eine frühe Auswechslung, bekannte er, hätte er sich nicht gewundert.
       Erst kurzfristig war er überhaupt ins Team gekommen, weil Stammverteidiger
       Mario Eggimann verletzt ausfiel. Statt sich nach dem Schlusspfiff im
       Jubelgetöse an der Alten Försterei klammheimlich davon zu stehlen, legte
       der knapp zwei Meter große Stuff Beichte vor den Reportern ab, und
       exkommunizierte sich quasi selbst aus der Erfolgsgemeinschaft. „Abgesehen
       von mir, war das von uns sehr stark gespielt“, bilanzierte er. Oder: „Die
       Jungs haben das super gemacht.“
       
       Die große Erleichterung, dass es noch einmal gut gegangen war, löste Stuff
       die Zunge und zauberte ein Lächeln auf seine Lippen, das er selbst nicht
       mehr für möglich gehalten hatte. Zugleich aber wurde offenkundig: Die
       Schuldgefühle lasteten zentnerschwer auf diesem Mann.
       
       Stuffs Selbstkasteiung verstellte den Blick darauf, dass die schlechte
       Anfangsphase von Union mehrere Gesichter hatte. Auch deshalb giftete
       Trainer Uwe Neuhaus einen Zuschauer in seinem Rücken an, der früh Stuffs
       Auswechslung forderte. Sieben, acht Spieler hätte er da eigentlich
       auswechseln müssen, erklärte Neuhaus später. Doch das aus den Fugen
       geratene Team fand auf beeindruckende Weise wieder zusammen.
       
       Gemessen an den Torchancen hätte Union schon in der ersten Hälfte die
       Partie drehen können. Es reichte aber nur zum Anschlusstreffer per Elfmeter
       (Torsten Mattuschka), den der sehr agile Sören Brandy herausgeholt hatte.
       
       Und als dann das zuvor schon als sehr vielversprechende angedeutete
       Angriffsmuster (Flanke Mattuschka, Kopfball Adam Nemec) in der 59. Minute
       zum Ausgleich führte, schien angesichts der Angriffswucht von Union und der
       Verzagt von St. Pauli auch der dritte Berliner Treffer ganz nahe zu sein.
       Es dauerte jedoch für die Union Fans quälend lange, bis der eingewechselte
       Terodde zum 3:2 einköpfte und dem Großteil der 21.717 Zuschauern in der
       erstmals ausverkauften Alten Försterei rauschhafte Glücksgefühle bescherte.
       
       Eine Phase der Unentschiedenheit war dem Treffer vorausgegangen, wie Uwe
       Neuhaus erkannte. „Beide Mannschaften wussten nicht, woran sie waren, ob
       sie mit dem Unentschieden zufrieden sein sollen.“ Der Union-Coach räumte
       ein, dass er sich nach dem Ausgleichstreffer selbst schwer mit der
       Entscheidung getan habe, mit Simon Terodde noch einen zusätzlichen Stürmer
       einzuwechseln.
       
       Auch diese Unsicherheit beschreibt mehr als nur eine Momentaufnahme bei
       Union Berlin. Um den ganz großen Erfolg, den Aufstieg in die erste Liga zu
       erreichen, wird das Team noch des Öfteren ins Risiko gehen müssen.
       
       Die Partie gegen St. Pauli offenbarte zweierlei: Es kann immer noch schnell
       vieles schief gehen bei Union. Diese Anfälligkeit ist zweitklassig. Mit der
       erstklassigen Willenskraft, die nach dem Sieg gegen St. Pauli noch einmal
       enorm gewachsen sein dürfte, ist aber auch vieles möglich. „Der Start ist
       geglückt“, resümierte Neuhaus nach dem sechsten Spieltag. „Wir genießen
       das, drehen aber nicht durch.“
       
       1 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
       ## TAGS
       
   DIR Fußball
   DIR St. Pauli
   DIR 2. Bundesliga
   DIR Union Berlin
   DIR Schalke 04
   DIR Fußball
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kommentar Polizei auf Schalke: Freie Hand für unsere Ordnungshüter!
       
       Die Polizei in NRW schmollt: Wenn sie in der Schalke-Arena nicht mehr
       prügeln darf, kommt sie gar nicht mehr. Bei den Fans rennt sie offene Türen
       ein.
       
   DIR Kolumne Press-Schlag: Gelaber, Gedöns und Fußball
       
       Zum Start der 51. Saison der Fußballbundesliga gibt noch Hoffnung: Der FC
       Bayern und Hertha BSC können auch anders. Versprochen!
       
   DIR Fußball: "Die Union-Fans sind einmalig"
       
       Ein Fan von Union Berlin baut in Südafrika mit Spendenhilfe aus Deutschland
       ein Stadion - das nach seinem Vorbild in Köpenick benannt wird.
       
   DIR FUSSBALL: Riecht nach Regionalliga
       
       0:4 gegen Wacker Burghausen am vorletzten Spieltag: Babelsberg 03 kann sich
       kaum noch Hoffnungen auf den Klassenerhalt in Liga Drei machen.