# taz.de -- Französischer Militäreinsatz in Syrien: Umgeben von Zauderern
> François Hollande hat sich neben die USA gestellt, jetzt muss er sich
> gegen Skepsis verteidigen. Er kündigt eine Beweisliste an, die die
> Strafaktion rechtfertigt.
IMG Bild: Kaum hat François Hollande angekündigt, sich an der Strafaktion gegen Syrien beteiligen zu wollen, schon protestieren die Franzosen
PARIS taz | Präsident François Hollande muss sich gedulden. Dass
Deutschland sich nicht an einer militärischen Aktion in Syrien beteiligen
würde, war zu erwarten, aber auch das überraschende Nein des britischen
Unterhauses hemmte nicht Hollandes Entschlossenheit, Assad aus Gründen der
Glaubwürdigkeit exemplarisch zu bestrafen. US-Präsident Barack Obamas
Ansage, sich grünes Licht vom US-Kongress zu holen, zwingt den
französischen Präsidenten, Gewehr bei Fuß zu warten.
Doch schon jetzt wird Hollande im eigenen Land von links und rechts
gewarnt, er habe sich zu weit vorgewagt, ohne zudem über die militärischen
Mittel zur Verwirklichung seiner Drohungen zu verfügen. Die Opposition
verlangt eine Parlamentsdebatte mit Abstimmung. Eine solche Zustimmung
braucht der Präsident laut Verfassung erst, wenn kriegerische Operationen
länger als vier Monate dauern.
Frankreich hält es nicht für erforderlich, auf die Ergebnisse der der
Laboranalysen der aus Syrien heimgekehrten UN-ExpertInnen zu warten.
Hollande hat laut der Sonntagszeitung Le Journal du Dimanche (JDD) bereits
ausreichend [1][eigene Beweise] für den Einsatz von Chemiewaffen durch das
Assad-Regime.
In den kommenden Tagen soll ein vierseitiges Resümee des
Belastungsmaterials publiziert werden. Ziel ist, die weiterhin skeptische
französische und internationale Öffentlichkeit von Sinn und Notwendigkeit
einer militärischen Sanktion zu überzeugen.
## „Tausend Tonnen chemischer Kampfstoffe“
Ein großer Teil des Anklagedossiers betrifft die seit langem bekannte
Entwicklung von Chemiewaffen durch Syrien, das als eines der wenigen Länder
der Welt die internationale Konvention zur generellen Ächtung von
Chemiewaffen nicht unterzeichnet.
„Mit mehr als tausend Tonnen chemischer Kampfstoffe verfügt Damaskus über
die größten einsatzbereiten Lagerbestände und hat zudem nie ein Programm zu
deren Abrüstung angekündigt“, erinnert der Bericht der französischen
Geheimdienste. Er listet im Detail das Arsenal enormer Mengen an Senfgas,
VX, Sarin und die Existenz neuerer neurotoxischer C-Waffen auf.
In Barzah, nördlich der syrischen Hautstadt, soll sich das zentrale Labor
„450“ der chemischen Kriegsführung befinden. In dieser strategischen
Anlage, die unter dem exklusiven Kommando von Baschar al-Assad „und einigen
Mitgliedern seines Clans“ stehe, würden Kampfstoffe in Raketensprengköpfe
oder Granaten abgefüllt.
Für den Einsatz verfügen die Streitkräfte des Regimes über mehrere Modelle
russischer Scud-Raketen mit einer Reichweite von 300 bis 500 Kilometern,
aber auch über Luftwaffen- und Artilleriebomben, die bis zu 100 Liter Sarin
transportieren könnten. Beim Angriff vom 21. August in al-Ghouta seien
zuerst Grad-Raketen mit chemischer Munition eingesetzt worden. Anschließend
sei derselbe Ort massiv bombardiert worden, um ein Maximum von Beweisen zu
zerstören.
Mit der Publikation solcher „Beweise“ aus seinen Geheimdienstquellen möchte
Hollande, der vom Zaudern seiner Alliierten in eine politisch unbequeme
Lage gebracht worden ist, seine Position stärken.
1 Sep 2013
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## AUTOREN
DIR Rudolf Balmer
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