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       # taz.de -- Fracking: Habeck will Inis besänftigen
       
       > Streit um Erdgasförderung im Norden zwischen Umweltschützern und Kiels
       > Umweltminister Robert Habeck. Der Grüne lädt nun seine Kritiker zum
       > Gespräch.
       
   IMG Bild: Rote Karte für das Fracking: Aktionstag gegen die umstrittene Fördermethode für Erdgas, die an vielen Orten in Norddeutschland eingesetzt werden soll.
       
       HAMBURG taz | Einen Runden Tisch zum Thema Fracking plant das Umwelt- und
       Energieministerium in Schleswig-Holstein. Das kündigt die grüne
       Staatssekretärin Ingrid Nestle in einem Brief an den Bundesverband
       Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) an, welcher der taz.nord vorliegt. „Da
       uns das gemeinsame Ziel eint, Fracking möglichst effektiv zu verhindern“,
       schreibt Nestle, „möchten wir Sie gerne zu einem persönlichen Gespräch
       einladen, um die verschiedenen Punkte ausführlich zu erörtern.“
       
       Da wird es reichlich Diskussionsstoff geben, denn aktuell ist der BBU mit
       Nestle und ihrem grünen Minister Robert Habeck gar nicht zufrieden. Grund
       ist die Genehmigung eines Antrags der Firma PRD Energy, fünf Jahre lang in
       einem Gebiet bei Bad Bramstedt nördlich von Hamburg nach Bodenschätzen
       suchen zu dürfen. Formal erteilt hat die Erlaubnis das Landesamt für
       Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Hannover, das als oberste
       Bergbaubehörde für ganz Norddeutschland fungiert.
       
       „Damit wurde der erste Schritt in Richtung eines möglichen Frackings im
       Feld Bramstedt vollzogen“, kritisiert BBU-Vorstand Oliver Kalusch. Nach
       seiner Einschätzung jedoch hätte Habecks Ministerium „als Fachaufsicht die
       Erteilung verhindern können“. Weil es das nicht tat, führe das
       Energieministerium die Öffentlichkeit an der Nase herum, sagt Kalusch. Er
       sehe „das widersprüchliche Verhalten Habecks mit Befremden“.
       
       In ihrer Antwort an den BBU beharrt Staatssekretärin Nestle darauf, dass
       die juristischen Möglichkeiten, eine sogenannte „Aufsuchungserlaubnis“ zu
       versagen, begrenzt seien. Denn das Bergrecht sieht einen Rechtsanspruch auf
       solche Erlaubnisse vor, Handlungsspielraum habe die Landesregierung nicht.
       Zudem seien bei einer Aufsuchungserlaubnis „keinerlei Eingriffe in den
       Boden wie Bohrungen oder gar Frack-Maßnahmen erlaubt“. Solche müssten
       gesondert beantragt und genehmigt werden – oder auch nicht.
       
       Habeck begrüßte indes das Engagement von Verbänden und Bürgerinitiativen
       beim Anti-Fracking-Tag am Sonnabend mit Demonstrationen und Aktionen unter
       anderem in Flensburg, Husum, Hamburg, Lüneburg und Hannover. „Das macht die
       gesellschaftliche Ablehnung der Fracking-Methode sichtbar“, sagte Habeck.
       
       Im Gespräch mit der taz.nord nannte Habeck Fracking „eine falsche
       Technologie, weil sie unwägbare Risiken für das Trinkwasser, die Umwelt und
       die Menschen birgt“. Verhindert werden könnte diese Methode aber nur durch
       Aufnahme eines Fracking-Verbots im Bundesbergrecht: „Wir können Fracking
       verhindern – aber nur nach Recht und Gesetz.“ Eine im Mai eingereichte
       Bundesratsinitiative Schleswig-Holsteins werde aber vor der Bundestagswahl
       in knapp drei Wochen nicht mehr abschliessend behandelt werden.
       
       Deshalb werde Schleswig-Holstein zunächst bei der Neuaufstellung des
       Landesentwicklungsplans den Einsatz von Fracking vorübergehend
       ausschließen. Die Genehmigung von Maßnahmen, die den politischen Zielen des
       Landes entgegenstehen, solle künftig untersagt werden. Damit, sagt Habeck,
       könne „Schutz vor unumkehrbaren Schäden gewährleistet werden“.
       
       Niedersachsens grüner Umweltminister Stefan Wenzel ist zwar auch der
       Ansicht, dass die Risiken des Frackings unkalkulierbar seien. „Solange die
       Auswirkungen auf Grundwasser, Umwelt und Natur nicht geklärt sind, ist ein
       Einstieg in diese Fördermethode nicht akzeptabel“, erklärte er auf Anfrage
       der taz.nord. Bei Habecks Bundesratsinitiative indes habe es
       „unterschiedliche fachliche Einschätzungen über die Wirksamkeit und die
       Konsequenzen in Bezug auf notwendige Änderungen des Bergrechts“ gegeben.
       Entscheidend ist aus Wenzels Sicht zudem, dass Deutschland eine
       entsprechende Initiative des EU-Parlaments unterstützt, um eine europaweite
       Durchsetzung zu erreichen.
       
       Auch aus Sicht des Hamburger Senats ist Fracking derzeit nicht
       verantwortbar. Die SPD-Fraktion stellt klar: „Wir wollen kein Fracking in
       Hamburg.“ Allerdings läuft auch hier in den ländlichen Vier- und
       Marschlanden im Südosten der Hansestadt ein vom LBEG genehmigtes
       Erkundungsverfahren. In Natur- und Trinkwasserschutzgebieten wäre das
       jedoch unverantwortlich, findet die SPD-Umweltpolitikerin Monika Schaal:
       „Trinkwasserschutz muss Vorrang vor allen anderen wirtschaftlichen
       Interessen haben.“
       
       1 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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