URI: 
       # taz.de -- Was wählen, wenn...: ...Sie einen Pflegefall haben
       
       > Nur SPD, Grüne und Linke versprechen eine solidarisch finanzierte
       > Pflegereform. Von Schwarz-Gelb ist dabei kaum Besserung zu erwarten.
       
   IMG Bild: Wer Verbesserungen im Pflegesystem will, muss auf die Versprechen der Parteien vertrauen
       
       Wer Mutter oder Vater hat, die pflegebedürftig sind oder im Heim leben,
       will sich entlasten. Vom schlechten Gewissen, meist selbst zu wenig zu tun
       für die Pflege. Das ist ein guter Grund, nur eine Partei zu wählen, die
       wenigstens ansatzweise irgendetwas von „besserer Personalausstattung“ oder
       „angemessenem Personalschlüssel“ im Wahlprogramm zu stehen hat und die
       solidarische Finanzierung in der Pflege ausbauen will.
       
       Das ist bei beiden Regierungsparteien nicht der Fall. Die Union möchte zwar
       wie die anderen Parteien auch laut Wahlprogramm eine „besser abgestufte
       Bestimmung der Pflegebedürftigkeit“, die Menschen mit Demenz stärker
       erfasst. Sie setzt in der Pflege auf Verbesserungen, betont aber in ihrem
       Wahlprogramm die private zusätzliche Vorsorge für den Pflegefall.
       
       Der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung soll nur „moderat“ erhöht
       werden. Die FDP fordert gleichfalls eine „Stärkung der Kapitaldeckung“ und
       will den Weg der staatlichen Zuschüsse für private Pflegeversicherungen
       weiter „fortsetzen“. Mehr solidarische Finanzierungen für eine bessere
       Ausstattung in der Pflege wären von Schwarz-Gelb also kaum zu erwarten.
       
       Die SPD immerhin spricht in ihrem Wahlprogramm von „einer besseren
       Personalausstattung“ in Krankenhaus- und Pflegeeinrichtungen. Außerdem hat
       sie, wenn auch nicht im Wahlprogramm, in Sachen Pflege schon die Kosten für
       Verbesserungen benannt. Um 5 Milliarden Euro mehr in die Pflegekassen zu
       schieben, soll der Pflegeversicherungsbeitrag um 0,5 Prozentpunkte steigen.
       
       Davon müssten dann ArbeitnehmerInnen die Hälfte, also 0,25 Prozentpunkte
       von ihrem Bruttoeinkommen, zusätzlich berappen. SPD-Kanzlerkandidat Peer
       Steinbrück hat die Anstellung von zusätzlich 125.000 Pflegefachkräften
       versprochen. Dass eine Volkspartei ehrlich über neue Belastungen redet,
       während die CDU lieber die Begrenzung der „Lohnzusatzkosten“ verspricht,
       dafür gebührt der SPD schon mal Lob, Preis und Dank.
       
       ## Klingt gut, aber teuer
       
       Die Grünen wollen sich laut Programm für „angemessene Personalschlüssel“
       und den „Abbau unnötiger Bürokratie“ einsetzen. Das ist ein lobenswertes
       Unterfangen, denn der Bedarf von 120 Minuten Grundpflege am Tag, den eine
       Gebrechliche aufweisen muss, um in die Pflegestufe II eingeordnet zu
       werden, wird durch die derzeit geltenden Personalschlüssel in den Heimen
       zeitlich gar nicht abgedeckt. Die Linkspartei fordert den Abbau der
       privaten Zuzahlungen in der ambulanten Versorgung. Das klingt gut, würde
       aber die Beiträge zur Pflegeversicherung noch mal erheblich verteuern.
       
       Man weiß natürlich nicht, inwieweit mehr Beitragsgelder im Pflegesystem
       dann wirklich bei der Betreuung der Gebrechlichen und Dementen landete und
       nicht in den Verwaltungen der Kliniken oder Sozialstationen versackte. Wer
       jedoch alte Eltern hat, die zu Hause oder im Heim eben länger Hilfe beim
       Essen und Trinken brauchen, die gern zeitnah zum Klo gebracht werden und
       auch mal an die frische Luft geschoben werden wollen, der hat keine andere
       Wahl. Und wählt eine der Parteien, die erst mal verspricht, mehr
       solidarisch finanzierte Milliarden ins System zu schaffen. So viel Risiko
       muss sein.
       
       1 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
       ## TAGS
       
   DIR Reform
   DIR Pflege
   DIR Wahlprogramm
   DIR Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
   DIR Bildungspolitik
   DIR Mindestlohn
   DIR Bundesärztekammer
   DIR Pflegekräftemangel
   DIR Pflege
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Was wählen wenn...: ...Sie Mieter sind
       
       In vielen Städten ist die Suche nach einer Wohnung schwer. Alle Parteien
       befassen sich damit, einzig die FDP ist pauschal gegen Mietpreisbremsen.
       
   DIR Was wählen wenn...: … Ihr Kind zur Schule geht?
       
       Eigentlich steht Schulpolitik nicht zur Wahl. Doch der
       Bildungs-Föderalismus könnte bald vorbei sein. Ein Blick in die Programme
       lohnt also.
       
   DIR Was wählen, wenn ...: … Sie mies entlohnt werden?
       
       Alle Parteien im Bundestag versprechen Reformen des Arbeitsmarkts. Aber
       „mehr soziale Gerechtigkeit“ ist ein sehr dehnbarer Begriff.
       
   DIR Gesundheit neu gedacht: Die Hoffnung stirbt zuletzt
       
       „Wir hatten die Vision einer besseren Medizin“, erinnert sich Dr. Ellis
       Huber, Ärztekammerpräsident a.D. Unsere Autorin hat ihn in Berlin
       getroffen.
       
   DIR Gewalt in der Pflege: Frau T.‘s Umgang mit Menschen
       
       Das Amtsgericht verurteilt eine Altenpflegerin, weil sie eine 84-jährige
       Heimbewohnerin misshandelt hat. Die Heimleitung half bei der Aufklärung
       nicht mit
       
   DIR Kommentar Pflege und Korruption: Ohne Kontrolle geht es nicht
       
       Der Pflegebereich ist mittlerweile nicht mehr überschaubar. Das macht
       Betrügereien, Schmiergelder und Ausnutzung der Patienten möglich.