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       # taz.de -- Rassismus in der Werbung: Ferrero will nur weiß wählen
       
       > Der Lebensmittelkonzern bewirbt seine weißen Pralinen mit einem
       > fragwürdigen Spot. War das Absicht oder doch bloß Naivität?
       
   IMG Bild: Ferreros liebstes Klientel: jubelnde weiße Menschen
       
       BERLIN taz | No We Can't: Der Lebensmittelkonzern Ferrero bewirbt seine
       „Küsschen“ aus weißer Schokolade mit den Slogans „Yes Weiss Can“,
       „Deutschland wählt weiß“ und „Weiss Nuss bleiben!“ [1][Der Werbespot zeigt
       eine Wahlparty], auf der ein weißes Ferrerro Küsschen sich an die jubelnde
       – und weiße – Menschenmenge wendet.
       
       Internetnutzer protestieren:
       //www.facebook.com/photo.php?fbid=618049364892472&set=a.145360302161383.195
       86.145300212167392&type=1&theater:Über 450 Facebook-User werfen Ferrero
       vor, rassistische Stereotypen zu bedienen. Besonders kritisch sind diese in
       Verbindung mit den bevorstehenden Bundestagswahlen und dem Wahlspruch des
       ersten schwarzen Präsidenten der USA – Barack Obama.
       
       Ferrero selbst zeigt sich von den Reaktionen überrascht und erklärt auf
       Facebook sein Bedauern: „Uns ist es wichtig zu betonen, dass wir strikt
       gegen jegliche Form von Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus oder
       Rassismus sind und dass wir uns von derartigen Vorwürfen distanzieren. Die
       „wählt Weiss“-Aktion dreht sich einzig und alleine um die Ferrero
       Küsschen-Sorte mit weißer Schokolade und setzt dabei auf Wortspiele rund um
       das Wort „weiß“ – ganz klar ohne fremdenfeindlichen Hintergedanken.“
       
       Alles ganz harmlos? Ferrero-Kritiker müssen sich den Vorwurf anhören, zu
       übertreiben. Allerdings: Bislang gibt es keine schwarze Abgeordneten im
       Bundestag, obwohl etwa eine halbe Millionen schwarze Menschen in
       Deutschland leben. Dass Diskriminierung auf Grund von Hautfarbe oder
       Geschlecht in unserer Gesellschaft keine Rolle mehr spielen, ist nach wie
       vor ein Wunschdenken.
       
       ## Aufmerksamkeit um jeden Preis?
       
       Kann Ferrero von den scharfen Reaktionen tatsächlich überrascht sein? Die
       Assoziationen drängen sich geradezu auf und treffen mitten ins Herz einer
       in Deutschland zur Zeit sehr aktuellen Debatte: Der über Rassismus und
       Fremdenfeindlichkeit. Seien es die Auseinandersetzungen um Flüchtlingslager
       wie das in Berlin-Hellersdorf oder die Idee, Flüchtlinge in Schwäbisch
       Gmünd für einen Euro die Stunde am Bahnhof Koffer tragen zu lassen: Der
       Alltagsrassismus in den Menschen steckt tiefer, als sie gerne zugeben
       möchten.
       
       Tatsächlich reiht sich der neue Ferrero-Spot ein in eine Fülle
       provozierender und politisch inkorrekter Werbespots. Erinnert sei zum
       Beispiel an die [2][Bionade-Werbung von Mai diesen Jahres]. Das Video zeigt
       einen jungen Transvestiten, der nach einer Show Frauenkleider, Schminke und
       künstliche Wimpern ablegt. Dann greift er zur neuen Bionade Cola. Mit dem
       Kommentar „Das Schönste an künstlichen Zusätzen: Man kann sie auch
       weglassen“ bewirbt der Spot die neue Brause.
       
       Auch dieses Video löste hitzige Diskussionen aus. Es ist schwer zu glauben,
       dass solche Provokationen nicht gewollt sind. Vielmehr scheint es, dass
       alte Stereotypen gezielt eingesetzt werden, um Aufmerksamkeit zu erregen.
       
       Ferrero hat seiner Stellungnahme inzwischen Taten folgen lassen und das
       „wählt Weiss“-Video von seiner Internetseite entfernt. Es soll jetzt
       überarbeitetet werden. Doch eins hat dieser „Wahlkampf“ geschafft: Die
       weißen Küsschen sind in aller Munde.
       
       30 Aug 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=DEWVRaY1uRM
   DIR [2] http://www.youtube.com/watch?v=ZNR7GnK8L8
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Hütten
   DIR Dinah Riese
       
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