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       # taz.de -- Klaus-Lemke-Filmnacht im ZDF: Cowboys und ihre Mädchen
       
       > Das ZDF würdigt Regisseur und Oberchauvi Klaus Lemke mit einer Filmnacht.
       > Frauen sind bei ihm nicht mehr als Objekte. Eine Abrechnung.
       
   IMG Bild: Ein BH muss reichen: Saralisa Volm, wie Klaus Lemke sie in Szene setzt.
       
       Um das gleich zu klären: Ich wollte diesen Text nicht schreiben! Er wurde
       mir quasi abgenötigt. „Aber mir kommt die Kotze hoch, wenn ich das sehe!“,
       habe ich gesagt, und der Redakteur hat gerufen: „Das ist doch super!
       Schreib, warum dir die Kotze hochkommt.“
       
       Also. Bitte sehr.
       
       Es geht um Klaus Lemke. Jahrgang 1940, Filmemacher, Kultregisseur. Dreht
       seit Jahrzehnten Filme wie am Fließband, ohne Geld, ohne Drehbuch, mit
       Handkamera und Laiendarstellern. In einer „langen Klaus-Lemke-Nacht“ zeigt
       das ZDF am Freitag erst „Berlin für Helden“, gegen dessen Nichtnominierung
       bei der Berlinale 2012 Lemke die Hosen runterließ. Danach läuft „Drei
       Kreuze für einen Bestseller“ von 2011 (1.50 Uhr).
       
       Beide Filme sind Ausbruchsfantasien – einmal in die Hauptstadt, einmal nach
       Fuerteventura. Klingt eigentlich alles ziemlich cool, wäre da nicht diese
       Mann/Frau-Subjekt/Objekt-Sache. Denn beide Filme sind Männerfantasien. Das
       liegt nicht zuletzt an Saralisa Volm, der Frau, die in „Berlin für Helden“
       entweder in Unterwäsche oder knallkurzen Röcken zu sehen ist. Ihre Beine
       sind zu sehen, ihr Arsch, ihre Titten.
       
       „In einer Welt, die von sexueller Ungleichheit bestimmt ist, wird die Lust
       am Schauen in aktiv/männlich und passiv/weiblich geteilt. Der bestimmende
       männliche Blick projiziert seine Phantasie auf die weibliche Gestalt, die
       dementsprechend geformt wird. In der Frauen zugeschriebenen
       exhibitionistischen Rolle werden sie gleichzeitig angesehen und zur Schau
       gestellt.“ Das schrieb die Feministin Laura Mulvey 1975 in ihrem
       Standardwerk „Visuelle Lust und narratives Kino“ über das Hollywoodkino der
       30er bis 50er Jahre.
       
       ## „Kino ist der letzte Männersport“
       
       Auf Lemkes Filme passt die Analyse noch heute wie Arsch auf Eimer. Für
       seinen Milieufilm „Rocker“ von 1972 wird Klaus Lemke in Hamburg immer noch
       kultisch verehrt. Für seine „Authentizität“, seine „Echtheit“. Das steht in
       sämtlichen Feuilletons der letzten Jahre nachzulesen. „Kino ist der letzte
       Männersport“, steht da auch, als Zitat des Künstlers, und: „Scharfe Frauen
       sind mein Risikokapital.“
       
       Lemke sagt nicht Männer und Frauen, sondern Leute und Frauen. „Die Leute
       machen nur noch Filme, um nicht mit ihren Frauen zuhause sitzen zu müssen“,
       sagt er. Männer, die er mag, nennt er „Cowboy!“. Frauen sind dann Mädchen.
       SZ-Filmkritiker Tobias Kniebe scheint förmlich auf dem Bauch zu liegen vor
       Bewunderung für den Mann. Dominik Graf hat die Laudatio für Lemkes
       Filmpreis gehalten. Das Fernsehen nimmt die Streifen regelmäßig ins
       Nachtprogramm.
       
       Der Blick des Zuschauers/der Zuschauerin ist gelenkt vom Blick der
       männlichen Protagonisten, zumeist schwanzgesteuerten Versagern, mit denen
       sich männliche Zuschauer gut identifizieren können. In „Berlin für Helden“
       stehen zur Auswahl: der niedliche Romantiker Henning, der temperamentvolle
       Italiener Barotti oder der selbstzerstörerische Schauspieler Andreas.
       
       ## Nymphomaninnen und frigide Frauen
       
       Die Cowboys verzweifeln entweder an „Nymphomaninnen“ wie Saralisa oder an
       „frigiden Überspannten“ wie der einzigen weiblichen Darstellerin in „Drei
       Kreuze für einen Bestseller“. Tini ist dünn, hat große Augen, einen
       Schmollmund, redet mit nörgeliger Piepsstimme und hat die absurde Idee,
       Schriftstellerin sein zu wollen. Eine intellektuelle Tätigkeit! Als Frau,
       äh, Mädchen! Wie lächerlich! Kein Wunder, dass sie frigide wird! Die
       sexuelle Verweigerung Tinis ist reine Berechnung. Letztlich ist sie auch
       nur eine Femme fatale, die die Männer ins Unglück stürzt.
       
       Die Frauenfiguren in Lemkes Filmen sind nur in ihrem Verhältnis zu Männern
       relevant – nur als „das Andere“. Deshalb laufen sie auch halbnackt durch
       die Gegend und wackeln mit dem Hintern, als hätten sie einen Hüftschaden.
       „Wo kommen Sie nur immer an die schönen Mädchen ran?“, wird Lemke in jedem
       zweiten Interview gefragt. „Nun, schön?“, hat er der Süddeutschen
       geantwortet. „Sie sind erstmal nur interessant. Schön werden sie erst durch
       mich.“
       
       Ist ein solcher Chauvinismus nicht wirklich zum Kotzen?
       
       30 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lea Streisand
       
       ## TAGS
       
   DIR Deutscher Film
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