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       # taz.de -- Punk von Zentralheizung of Death: Etwas Besseres als der Tod
       
       > Aufhalten lässt es sich nicht mal von den widrigsten Umständen. Das
       > Quintett Zentralheizung of Death zelebriert seinen Garagenpunk.
       
   IMG Bild: Brav aufgereiht: Zentralheizung of Death.
       
       Eine Anekdote, die von dem unbedingten Willen einer Band zeugt, Musik zu
       machen. Das Quintett mit dem genialen Namen Zentralheizung of Death sollte
       bei einem Festival auftreten. Es war so geheim, dass selbst die
       Bandmitglieder nur eine ungefähre Ahnung hatten, wo es überhaupt
       stattfinden sollte. „Wir sind einfach losgefahren“, sagt Schlagzeuger
       Christian Kühr, den alle Kirmes rufen.
       
       Wobei losfahren so einfach nicht war. Niemand in der Band besitzt einen
       Führerschein, geschweige denn einen fahrbaren Untersatz. Also trieben sie
       einen ohne TÜV auf und jemanden mit Fahrerlaubnis. Damit landeten sie in
       einer Kommune, in der sie herzlich begrüßt wurden: „Ihr seid doch die
       Tangoband?“ Das war nicht der Fall, sie fuhren weiter zum ein paar
       Kilometer weiter stattfindenden Metalfestival. „Ah, of death? Da seid ihr
       hier richtig.“ Wieder falsch.
       
       Inzwischen rauchte der Motor ihres Fahrzeugs stark, immerhin landeten sie
       beim dritten Anlauf damit beim richtigen Festival. Aber es gab keinen
       Alkohol. „Nur spezielle Getränke“, wie die Bardame lapidar anmerkte. Sie
       kosteten davon, was ihnen einen unbeabsichtigt langen LSD-Trip bescheren
       sollte. „Ich bin dann von der Bühne gefallen. Unbemerkt von meinen
       Kollegen“, erinnert sich Kirmes vage an das Konzert.
       
       Von Metal oder Tango keine Spur, Zentralheizung of Death klingen nach
       Garagenpunk. Lauter und krachiger spielt ihn hierzulande niemand. Letztes
       Jahr spielten sie mit dem Kalifornier Ty Segall, er ist ihr musikalischer
       Seelenverwandter. Wie Segall lieben auch ZHOD ungestümen Krach, tragen
       seltsame Outfits und lassen die Gitarren aufheulen.
       
       ## Die Kinder von Sonic Youth
       
       Sonic Youth brachte Kirmes und Gitarrist und Sänger Marian Bodenstein zur
       Musik. Weil sie wie die Kinder von Gordon und Moore klangen, wurden sie
       scherzhaft Sonic Youth Youth genannt. Ihre ersten Gehversuche unternahmen
       sie in einem Hobbykeller einer Erfurter Siedlung, an dessen holzgetäfelten
       Wänden eingerahmte Skatblätter von erfolgreichen Kartenrunden erzählten.
       
       Inzwischen sind sie zu fünft und leben auf Berlin, Leipzig und Erfurt
       verteilt. „Eine Konstellation, die funktioniert“, sagt Kirmes. Bassisten
       und Gitarristen kamen. Und gingen wieder, weil sie plötzlich ein anderes
       Instrument spielen wollten, oder kein Instrument beherrschten („Wir
       dachten, das kann doch nicht so schwer sein“).
       
       Wenn man ZHOD spielen sieht oder auch, wenn man sich mit ihnen zum
       Interview trifft, ist sofort eine Musikpassion zu spüren, die völliges
       Dilettantentum immer wieder erfolgreich besiegt. „Wir kriegen das schon
       hin“, ist ihr Motto.
       
       ## Sie kriegen es schon hin
       
       Und dann kriegen sie es auch hin, dass es nur so raucht. Als sie sich mit
       dem Label zerstritten, das ihr 10‘‘inch Debüt rausbringen sollte, machten
       sie es einfach alleine. „Wenn man noch nie eine Platte rausgebracht hat,
       ist das ganz schön kompliziert“, musste Kirmes feststellen. „Gema,
       Barcodes, wir hatten von all dem keine Ahnung“.
       
       Die Nacht vor dem Releasekonzert verbrachten sie damit, ihre Cover im
       Siebdruckverfahren zu drucken. „Uns war nicht klar, dass beim Siebdruck
       jede Farbe einzeln aufgetragen wird. Wir mussten alle 500 Cover siebenmal
       drucken.“ Auch das kriegten sie hin. Inzwischen haben sie ein neues Label,
       Aliensnatch, sonst geben sie die Dinge ungern aus der Hand. Kirmes ist
       Booker, seine Zweimannagentur trägt den schönen Namen „Welt aus Hack“ und
       hat Künstler wie den Hörspielavantgardisten Felix Kubin, den US-Rapper
       Busdriver oder den Singer-Songwriter Jeremy Jay im Stall.
       
       ## Zum Interview getrampt
       
       Bodenstein kümmert sich bei der Band ums Artwork, zum Interview kommt er
       getrampt. „Wir kommen eigentlich immer zu spät“, erklärt Kirmes. Schlurfig
       ist ihre Musik nun gerade nicht. Im Gegenteil, sehr präzise werden
       Surfmusik und Punk verschmolzen und mit einer seltenen Leidenschaft
       vorgetragen.
       
       Die Songs tragen Titel wie „heilige Harze“ und „Durchlauferhitzer der
       Dummheit“, meist sind es Instrumentals. In „Vergewaltigt von Dr. Assler“
       brüllt Bodenstein wütende, unverständliche Sätze ins Mikro, das
       vergleichsweise poppige „Busy Ghost“ erzählt von beschäftigten Geistern,
       die im Keller ausrasten.
       
       Ausgerastet wird auch bei ihren Konzerten. Sie sind brachial laut. Und
       langsam klappt das auch mit der Karriere. Anfang nächsten Jahres werden sie
       im Studio neue Songs aufnehmen, ein richtiges Album rausbringen und bis
       dahin jedes Konzert spielen, das sie kriegen können. „Zum ersten Mal haben
       wir einen richtigen Plan.“
       
       Bliebe noch die Frage nach dem Bandnamen. Vollständig heißt er
       Zentralheizung of Death des Todes. Ein Konzertveranstalter hatte mal die
       Übersetzung direkt mit angehängt. Sie blieb. Bodenstein klärt auf: „War nur
       so ’ne Kifferidee.“
       
       30 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Juliane Streich
       
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