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       # taz.de -- Die USA feiern Martin Luther King: „Der Traum ist nicht tot“
       
       > 50 Jahre nach Martin Luther Kings Rede ist Chancengleichheit eine
       > Herausforderung. Da sei noch viel zu tun, sagte Obama auf der
       > Jubiläumsfeier.
       
   IMG Bild: Krieg und Syrien waren auf der Gedenkfeier in Washington für den US-Präsidenten Obama kein Thema
       
       WASHINGTON taz | „Der Traum ist nicht tot“, haben BürgerrechtlerInnen und
       PolitikerInnen am Mittwoch in Washington erklärt, als sie den 50.
       Jahrestagestag der berühmtesten Rede des ermordeten Bürgerrechtlers Martin
       Luther King feiern. In einer viereinhalbstündigen Gedenkveranstaltung in
       der Mall erinnern Dutzende von RednerInnen – darunter drei US-Präsidenten,
       zwei US-Präsidententöchter, BürgerrechtlerInnen, SchauspielerInnen und
       Familienangehörige – an die Erfolge in den 60er Jahren bei der Abschaffung
       der Rassentrennung in den USA.
       
       Sie bedauern die politischen und juristischen Rückschläge des Jahres 2013
       und verschweigen aber komplett einen anderen wichtigen Teil der Arbeit von
       King: Während gleichzeitig die Vorbereitungen für Militärschläge gegen
       Syrien auf Hochtouren laufen, erwähnt keine Festrednerin und kein Redner
       das Engagement von King gegen Militarismus im Allgemeinen und gegen den
       Vietnamkrieg im Besonderen.
       
       Barack Obama beendet das einwöchige Martin-Luther King Gedenken mit einer
       halbstündigen Rede in der Mall. Der US-Präsident, der zwei Jahre jung war,
       als King den 250.000 Menschen seinen Traum erklärte, spricht 50 Jahre
       danach von einem Wendepunkt in der US-Geschichte – weil 1963 ein
       Bürgerrechtsgesetz und 1965 ein Wahlrechtsgesetz in Kraft trat.
       
       Weil sich die Institutionen des Landes – und zuletzt auch das Weiße Haus –
       für AfroamerikanerInnen geöffnet haben. Und weil die „gloriosen Patrioten“,
       die am 28. August 1963 in die Mall gekommen sind, bewiesen haben, dass „wir
       nicht in der Falle sitzen. Sondern Meister unseres Schicksals sind“.
       
       Der US-Präsidenten nutzt das Mikrofon nicht nur für einen Rückblick in das
       letzte halbe Jahrhundert US-Geschichte, sondern auch für eine Lobrede auf
       das Demonstrationsrecht. Er nennt die DemonstrantInnen von 1963 „echte
       amerikanische Helden“.
       
       Ihre Erfolge beschreibt er als etwas zuvor Unvorstellbares für das „Black
       America“ und zitiert – für die Gegenwart – jene BürgerrechtlerInnen, die
       gesagt haben, dass jedes Recht immer wieder neu erkämpft werden muss.
       
       ## Vollbeschäftigung und Freiheit
       
       Der erste schwarze US-Präsident geht einen direkten Weg von King zu seiner
       eigenen Agenda im Weißen Haus. Er benutzt die Slogans der Demonstration von
       1963 – für Vollbeschäftigung und Freiheit – um die Leitlinien seiner
       eigenen Sozialpolitik im Weißen Haus im Jahr 2013 zu rechtfertigen:
       Arbeitsplätze, den blockierten Zugang zur Mittelschicht aufbrechen und die
       Gesundheitsreform.
       
       Eine „Armee von Lobbyisten und Stimmungsmachern“ habe, so Obama, seit den
       60er Jahren die Idee verbreitet, dass soziale Ungleichheit der Preis für
       einen freien Markt sei.
       
       Obama hat seit seinem Einzug ins Weiße Haus vielfach im Schatten von King
       gestanden – unter anderem, als er seinen Nobelpreis abholte und als er das
       King-Memorial in Washington einweihte. Vor der Gedächtnisrede hat der
       Präsident dieses Mal wissen lassen, dass er nicht besser reden werde, als
       „Dr. King“.
       
       Das Publikum in der Mall ist an diesem Mittwoch deutlich kleiner, als bei
       der Demonstration am Samstag zuvor. Politische Transparente sind kaum zu
       sehen. Und wenn, dann sind es Danksagungen an einzelne Bürgerrechtler.
       
       ## Wahlrecht verteidigen
       
       Insbesondere an John Lewis, der damals als 23jähriger sprach und heute als
       Kongressabgeordneter versprochen hat, das Wahlrecht für AfromerikanerInnen
       zu verteidigen. Obwohl das Oberste Gericht im vergangenen Juni den
       entscheidenden Passus aus dem von der Bürgerrechtsbewegung erkämpften
       Wahlgesetz gekippt hat.
       
       Die Zeremonie rührt viele. Ein Querschnitt jener, die nach Martin Luther
       King Karrieren in den USA gemacht haben, stehen nacheinander am Mikrofon.
       Lynda Johnson Robb, die Tochter von Präsident Johnson, der die
       Bürgerrechtsgesetze unterschrieben hat, erinnert an ihren Vater, der trotz
       seiner Herkunft aus dem segregierten Süden der USA verstanden hat, wie
       wichtig Freiheit für alle ist.
       
       Caroline Kennedy beschreibt, wie sehr ihr Vater, der damals die
       Demonstration aus dem wenige Hundert Meter entfernten Weißen Haus verfolgte
       und die Organisatoren am Abend im Oval Office empfing, verstanden hat, dass
       sein Land in einer tiefen moralischen Krise war.
       
       Und die TV-Showmasterin Oprah Winfrey, die damals fünf war, sagt heute: „Er
       hat uns gezeigt, dass unsere Gleichheit größer ist, als unsere
       Unterschiede.“
       
       29 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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