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       # taz.de -- Möglicher Militärschlag gegen Syrien: Israel will „in aller Härte reagieren“
       
       > Die Planung für einen Militärschlag gegen das syrische Regime schreitet
       > voran. Syrien will den Kampf bei einem Angriff aufnehmen. Israel sieht
       > sich gewappnet.
       
   IMG Bild: Könnte bald zum Einsatz kommen: US-Flugzeugträger im Mittelmeer
       
       WASHINGTON/DAMASKUS/BERLIN afp/dpa | Während ein internationaler
       Militäreinsatz gegen Syrien immer wahrscheinlicher wird, hat die syrische
       Regierung angekündigt zurückschlagen. „Wir haben zwei Optionen: uns zu
       ergeben oder uns mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen“,
       sagte Außenminister Walid Muallim am Dienstag auf einer Pressekonferenz in
       Damaskus. „Die zweite Möglichkeit ist die beste: Wir werden uns
       verteidigen.“
       
       Dazu stünden militärische Mittel zur Verfügung, die die Welt „überraschen“
       würden, sagte Muallim. Es sei „keine Kleinigkeit“, es mit Syrien
       aufzunehmen.
       
       Muallim bekräftigte die Darstellung seiner Regierung, mit dem mutmaßlichen
       Einsatz von Chemiewaffen, der die Diskussion um einen Militärschlag
       ausgelöst hat, nichts zu tun zu haben. Wenn westliche Staaten einen Angriff
       auf Syrien starten wollten, sollten sie nicht Chemiewaffen als „Vorwand“
       anführen, sagte er. „Ich fordere sie auf vorzulegen, welche Beweise sie
       haben“, sagte Muallim.
       
       Auch Syriens Schutzmacht Russland und der Iran warnen in scharfen Worten
       vor einem Militärschlag. Nach Ansicht des Irans würde ein Angriff gegen
       Syrien ein Chaos im gesamten Nahen Osten auslösen.
       
       Die Arabische Liga beschuldigt indes die syrische Führung, für den
       mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz in der vergangenen Woche verantwortlich zu
       sein. Die Führung in Damaskus trage die „volle Verantwortung“ für den
       Angriff vom 21. August, hieß es in einer Erklärung des Staatenbundes nach
       einer Sondersitzung am Dienstag in Kairo. Die Verantwortlichen seien
       „Kriegsverbrecher“ und müssten vor ein internationales Gericht gestellt
       werden.
       
       ## „Das ist widersinnig“
       
       Der Präsident des Europaparlaments, der Deutsche Martin Schulz (SPD), hat
       vor einem Angriff gewarnt, der nicht durch ein UN-Mandat gedeckt sei.
       Weitere Schritte sollten nicht unternommen werden, solange der UN-Bericht
       über mögliche Chemiewaffeneinsätze nicht erstellt sei, betonte Schulz: „Wir
       können nicht die Inspektoren nach Syrien schicken und dann schon
       Entscheidungen treffen, bevor diese ihre Ergebnisse vorlegen. Das ist
       widersinnig.“
       
       US-Präsident Barack Obama erwägt nach einem [1][Bericht der Washington
       Post] einen baldigen Angriff von begrenzter Dauer. Das US-Militär ist nach
       Angaben von Verteidigungsminister Chuck Hagel für einen möglichen Angriff
       auf Syrien bereit. Die Soldaten warteten nur noch auf den Einsatzbefehl von
       Präsident Barack Obama und könnten „jede Option“ auch erfüllen, sagte Hagel
       in einem Interview der britischen BBC. Die USA haben vier Zerstörer im
       östlichen Mittelmeer in Raketenreichweite zu Syrien stationiert und unter
       anderem auch US-Kampfflugzeuge in der Region.
       
       Dabei könnten die USA auf die Hilfe von Staaten wie Frankreich,
       Großbritannien und die Türkei bauen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
       hielt sich die Entscheidung über eine deutsche Beteiligung weiter offen.
       
       Der britische Premierminister David Cameron holt die Abgeordneten das
       Parlaments aus der Sommerpause, um einen möglichen Militärschlag gegen
       Syrien zu beraten. Das Parlament werde am Donnerstag über die Antwort
       Großbritanniens auf den Chemiewaffenangriff abstimmen, erklärte Cameron
       über den Kurznachrichtendienst Twitter.
       
       Nach Informationen der Washington Post würde ein Militäreinsatz gegen Assad
       wahrscheinlich nicht länger als ein oder zwei Tage dauern. Das Blatt stützt
       sich dabei auf anonyme Angaben aus der US-Regierung. Demzufolge würde das
       US-Militär Marschflugkörper von Kriegsschiffen abfeuern, die jetzt schon im
       Mittelmeer kreuzen, oder Langstreckenbomber einsetzen. Im Visier seien
       militärische Ziele, die aber nicht direkt zum syrischen
       Chemiewaffen-Programm gehörten.
       
       ## Briten arbeiten an Einsatzplänen
       
       Nach offiziellen Angaben aus London bereiten sich die britischen
       Streitkräfte bereits auf einen solchen Einsatz vor. Offen ist jedoch, wann
       ein Angriff beginnen könnte. Derzeit befindet sich noch ein Team von
       UN-Chemiewaffenexperten in Syrien, um die Vorwürfe gegen Assad zu
       überprüfen.
       
       Nach einem Bericht der griechischen Zeitung Kathimerini beantragten die USA
       bei der Regierung in Athen bereits die Nutzung von zwei
       Militärstützpunkten. Offiziell gab es dafür jedoch keine Bestätigung. Die
       Stützpunkte auf Kreta und der Halbinsel Peloponnes waren bereits während
       der Intervention des Westens sowie arabischer Staaten in Libyen im Jahr
       2011 von Kampfbombern genutzt worden.
       
       Deutschland befindet sich nach den Worten von Außenminister Guido
       Westerwelle (FDP) in enger Abstimmung mit den Verbündeten über ein
       gemeinsames internationales Vorgehen. „Wenn sich der Einsatz (von Giftgas)
       bestätigen sollte, dann muss die Weltgemeinschaft handeln“, bekräftigte der
       FDP-Politiker in Berlin. Die Bundesregierung lässt jedoch völlig offen, wie
       Konsequenzen aussehen könnten. Grundsätzlich steht sie einem militärischen
       Engagement sehr skeptisch gegenüber. Einer Umfrage des Sterns zufolge
       lehnen zwei Drittel der Bundesbürger einen Militärschlag gegen Syrien ab.
       
       Deutschland hat im Mittelmeer das Flottendienstboot „Oker“ im Einsatz, das
       bei der Aufklärung Dienste leisten könnte. An der Grenze zwischen der
       Türkei und Syrien sind etwa 300 Bundeswehr-Soldaten stationiert, die das
       Raketenabwehrsystem „Patriot“ bedienen. Spekuliert wird auch über den
       Einsatz von Awacs-Aufklärungsflugzeugen der Nato, in denen deutsche
       Soldaten sitzen.
       
       ## Treffen in Jordanien
       
       Bei einem Treffen in Jordanien verständigten sich führende Militärs aus
       zehn westlichen und arabischen Staaten darauf, dass ein möglicher Angriff
       auf Syrien nur begrenzte Ziele verfolgen sollte. Ein Angehöriger der
       jordanischen Armee sagte: „Es wurde entschieden, dass begrenzte
       Raketenangriffe die verantwortungsvollste und nachhaltigste Antwort wären,
       falls die internationale Gemeinschaft gezwungen werden sollte, in Syrien zu
       handeln.“
       
       „Jordanisches Gebiet wird nicht als Ausgangsbasis für Militäreinsätze gegen
       Syrien dienen“, sagte ein jordanischer Regierungsvertreter am Dienstag der
       Nachrichtenagentur AFP. Die Haltung des Landes in dieser Frage sei
       unverändert. Amman hatte wiederholt eine politische Lösung des Konflikts
       angemahnt.
       
       Es wird erwartet, dass sich Obama vor einem Angriff in einer Rede an die
       Weltgemeinschaft wendet. Zudem wird vermutet, dass ein militärisches
       Eingreifen erst erfolgt, wenn das UN-Team Syrien verlassen hat. Die
       Experten wollten am Dienstag ihre Untersuchungen fortsetzen, saßen aber
       wegen der schlechten Sicherheitslage in Damaskus fest. Syriens
       Außenminister Muallim machte die Rebellen dafür verantwortlich.
       
       ## Reaktionen aus Israel
       
       Israel ist nach den Worten von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im
       Syrien-Konflikt auf alle Szenarien vorbereitet. „Wir sind nicht Teil des
       Bürgerkriegs in Syrien, aber wenn wir irgendeinen Versuch identifizieren,
       uns anzugreifen, werden wir in aller Härte reagieren“, sagte Netanjahu am
       Dienstag nach einer Sicherheitsberatung in Tel Aviv.
       
       Israel hält einen syrischen Angriff auf den jüdischen Staat auch nach einem
       US-Militärschlag gegen Syrien für unwahrscheinlich. Der israelische
       Rundfunk berichtete am Dienstag ferner unter Berufung auf namentlich nicht
       genannte Militärs, auch Angriffe der mit dem syrischen Präsidenten Baschar
       al-Assad verbündeten Hisbollah aus dem Libanon seien kaum zu erwarten.
       
       Dennoch bereite sich die Armee auf alle Möglichkeiten und auch auf „extreme
       Szenarien“ vor. Der ohnehin um sein Überleben kämpfende Assad wisse
       allerdings, dass eine Einbeziehung Israels in den Krieg „tödlich“ für ihn
       sein könnte, berichtete der Sender unter Berufung auf einen
       Sicherheitsexperten. Ein Abgeordneter der in Syrien regierenden
       Baath-Partei hatte nach Medienberichten am Montag für den Fall eines
       US-Angriffs mit einem Gegenschlag auf Israel gedroht.
       
       Die syrische Armee sei in der Lage, Boden-Boden-Raketen abzuschießen, habe
       aber nach Einschätzung Israels schon einen großen Teil ihrer Kampfkraft
       verloren, meldete der israelische Rundfunk. Israel rechne mit einem
       eingeschränkten und „gemäßigten“ Angriff der US-Armee in Syrien. Es sei
       auch zu erwarten, dass die Vereinigten Staaten den Bündnispartner Israel
       vor Beginn eines Angriffs informieren.
       
       Dieser Text wurde zuletzt aktualisiert um 17:46.
       
       27 Aug 2013
       
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   DIR [1] http://www.washingtonpost.com/world/national-security/kerry-obama-determined-to-hold-syria-accountable-for-using-chemical-weapons/2013/08/26/599450c2-0e70-11e3-8cdd-bcdc09410972_story.html?hpid=z1
       
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