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       # taz.de -- Verleihung der MTV Video Music Awards: Die pervertierte Blüte der Jugend
       
       > Britney Spears reloaded: Bei den MTV Video Music Awards hat's Miley Cyrus
       > übertrieben. Auf der Bühne gab der einstige Engel eine
       > Billig-Strip-Nummer.
       
   IMG Bild: Ach, Miley! Lern doch lieber von Kylie.
       
       Bei manchen Dingen möchte man die Augen schließen, um dem Gefühl der
       Peinlichkeit zu entgehen. Wenn dann aber doch der Voyeurismus siegt, starrt
       man fassungslos auf den Bildschirm und denkt: „Oh lieber Gott, bitte
       nicht.“
       
       So muss es den meisten Zuschauern gegangen sein, als sie die als Hannah
       Montana bekannt gewordene Miley Cyrus bei den diesjährigen MTV Video Music
       Awards begafft haben. Fremdschämen, das sich mit Mitleid mischt. Nach dem
       Auftritt bleibt aber vielmehr die Frage, wer oder was dies Frau zu solch
       einer Performance drängt und warum sie es mit sich machen lässt.
       
       Frauen, die die Zunge möchtegern-lasziv rausstrecken, sehen einfach nicht
       heiß aus. Sie sehen billig-willig aus. Das hat der 20-jährigen Miley Cyrus
       wohl noch niemand so direkt gesagt, denn sie tut es auf der Bühne die ganze
       Zeit. Als ob ihre roten Lippen nicht schon Signal genug wären.
       
       Zu allem Überdruss hat sie einen knappen silberfarbenen Badeanzug an,
       dessen Comicaufdruck eine Reminiszenz an bessere, unschuldigere Tage sein
       könnte – würde der dargestellte Bär nicht auch seine Lippen lecken.
       
       Während sie ihre Partysingle „We can't stop“ performt, beugt sie sich bei
       jeder Gelegenheit nach vorne, um ihren Hintern in die Höhe zu recken. Die
       Zeile „To my home girls here with the big butt // Shaking it like we at a
       strip club“ nimmt sie für sich offenbar wörtlich. Wenn's gerade passt,
       fasst sich sie an den Schritt – warum nicht, Jacko hat's ja auch gemacht.
       
       ## Rihanna verzieht keine Miene
       
       Die Blicke ihrer KollegInnen im Publikum sprechen Bände. Will Smiths Gattin
       hält sich entgeistert die Hand über den offenen Mund. Andere verziehen
       keine Mine. Zum Beispiel Rihanna, die sich auf die selbe Art und Weise
       vermarktet. Wer nicht durch Fähigkeiten glänzen kann, muss es stattdessen
       durch das Image: eine Krankheit der heutigen Zeit, die bei den allermeisten
       im kleinen Stil stattfindet. Bei Stars kann er auch groß ausgelebt werden,
       die Bühne dafür steht ja bereit.
       
       Als „Blurred Lines“ von Robin Thicke anklingt, reißt sich Cyrus dann den
       Badeanzug vom Leib. Übrig bleibt ein hautfarbener Zweiteiler, der nur noch
       das bedeckt, was bedeckt werden muss. Thicke trällert sein Liedchen vor
       sich hin, während Cyrus total abgedreht dazu tanzt. Sie wirkt wie auf
       Drogen - Speed wahrscheinlich. Hoffentlich ist diese Mutmaßung falsch, denn
       ein Drogenopfer mehr, das aus dem Showbusiness stammt, braucht die Welt
       nicht.
       
       Einer der wenigen Disney-Zöglinge, der den Boden unter den Füßen nicht
       verloren hat, ist Justin Timberlake. Er hat sich zu einer Größe entwickelt,
       die am Sonntag nach elf Jahren ganz nostalgisch wieder mit seiner Boyband
       'N Sync auf der Bühne stand. Timberlake empfing an diesem Abend vier
       Auszeichnungen für seine Leistung. Es sei ihm gegönnt.
       
       Seine frühere Beziehung mit „Jungfrau“ Britney Spears ist schon längst
       nicht mehr Gesprächsthema. Cyrus hingegen könnte die kleine Schwester von
       Spears sein: erst die Unschuld vom Lande, dann der völlige Imagewechsel zur
       übersexualisierten Partybestie. Das ist der Teufelskreis der kalkulierten
       Vermarktung, an der solche Frauen nach und nach zerbrechen. Und die Welt
       schaut schockiert zu, als ob sie nicht wüsste, was in ganz normalen Clubs
       am Wochenende so abgeht.
       
       26 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lisa Maucher
       
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