URI: 
       # taz.de -- Fußball in Italien: Spielzeug zu verkaufen
       
       > Die Serie A zieht wieder ausländische Stars und Spekulanten an. Inter
       > Mailand soll an einen indonesischen Medienmischkonzern-Besitzer veräußert
       > werden.
       
   IMG Bild: Entspannt: Mario Gomez stellt als Ziel das Erlernen der italienischen Sprache vor den Gewinn neuer Titel
       
       Dieser Sommer leitete eine Trendwende ein. Zwar verließ mit Edinson Cavani
       der wohl begehrteste Profi der Serie A Italien und folgte dem Locken der
       Petrodollars nach Paris. Im Gegenzug entdeckten jedoch einige ausländische
       Fußballstars die Serie-A-Klubs wieder als Arbeitgeber. Manchen lockte im
       WM-Jahr die Stammplatzgarantie. „Mario Gomez ist eine Tormaschine. Er muss
       im Einsatz sein“, beförderte Jogi Löw den Wechsel seines Nationalstürmers
       vom FC Bayern nach Florenz.
       
       Während Gomez als Ziel das Erlernen der italienischen Sprache vor den
       Gewinn neuer Titel stellte, waren die argentinischen Sturmkollegen Carlos
       Tévez und Gonzalo Higuaín eher von der Aussicht auf Titel bei Meister
       Juventus und Vizemeister Neapel überzeugt. Tévez’ neuer Verein Juventus hat
       noch immer den Fiat-Konzern im Rücken, während Neapel sich dank der 64
       Millionen Euro Ablöse aus dem Cavani-Geschäft sich gleich ein Trio von Real
       Madrid holte und zum Sprung auf eine neue Leistungsstufe ansetzt.
       
       Eine andere Strategie verfolgt der FC Internazionale. Der machte seinem
       Namen schon früher alle Ehre, indem er Profis aus allen Weltgegenden bei
       sich spielen ließ. Das führte zu Formationen, die komplett aus Legionären
       bestanden. Jetzt soll auch noch das Geld aus dem Ausland kommen. Für den 3.
       September ist die Übernahme von 75 Prozent der Anteile des bisherigen
       Besitzers Massimo Moratti an den Indonesier Erick Thohir avisiert. Der Deal
       ist 350 Millionen Euro schwer. Moratti will weiter Minderheitsaktionär
       bleiben, sein Sohn Angelo Mario wird Vizepräsident.
       
       Moratti senior schob bei den Verhandlungen die Potenziale vor, die der neue
       Hauptaktionär beim Erobern der Märkte in Asien und Übersee habe und die die
       Zukunft von Inter sichern sollten. Da ist Thohir gewiss keine schlechte
       Wahl. Ihm gehört ein Medienmischkonzern mit Zeitungen, Radio- und
       Fernsehstationen in Indonesien. Außerdem gründete er die indonesische
       Basketballliga und kaufte vor einigen Jahren Anteile am NBA-Klub
       Philadelphia 76ers sowie dem US-Fußballklub DC United. Inter Mailand passt
       prima in dieses Beuteschema.
       
       Wenn es Moratti lediglich um die Eroberung neuer Märkte für
       Merchandising-Produkte und TV-Rechte seines schwarz-blauen Universums
       gegangen wäre, hätte er aber auch anders mit Thohir kooperieren können, als
       drei Viertel des Ladens zu verkaufen.
       
       ## Moratti steckte etwa 735 Millionen Euro in Inter
       
       Doch seit einiger Zeit hat er die Lust an seinem Spielzeug verloren. In den
       ersten 15 Jahren seiner Präsidentschaft von 1995 bis 2010 steckte er etwa
       735 Millionen Euro in Inter – und verpulverte damit beinahe die 750
       Millionen, die er 2006 durch Aktienverkäufe seiner Erdgasfirma Saras
       erzielt hatte. Nach dem Gewinn der Champions League 2010 schloss er den
       Geldhahn. Das an Finanzinjektionen gewöhnte Inter stürzte in die
       Mittelmäßigkeit ab.
       
       Ob der neue Besitzer den Trend umkehren kann, ist unklar. Beim AS Rom
       werkeln die US-amerikanischen Besitzer seit zwei Spielzeiten nur mäßig
       erfolgreich an einer Wiederauferstehung. Bedenklich stimmt im
       Spielemanipulationsland Italien die Erfahrung von Thohir auf diesem Gebiet.
       
       Er war in London 2012 Leiter der Olympiamission Indonesiens, als ein
       Badmintondoppel – gemeinsam mit chinesischen und koreanischen Sportlerinnen
       – wegen offensichtlicher Underperformance disqualifiziert wurde.
       
       Jedes der vier Paare hatte in der Gruppenphase durch einen Spielverlust
       versucht, stärkeren Gegnerinnen aus dem Wege zu gehen. Thohir wehrte sich
       gegen die Disqualifikation seiner Landsfrauen mit der Bemerkung: „China hat
       das in der Vergangenheit schon häufig gemacht und wurde niemals
       sanktioniert.“
       
       Der Mann weiß offenbar von Betrügereien, erzählt aber erst davon, wenn es
       seinen Leuten an den Kragen geht. Bleibt abzuwarten, ob der 3. September
       ein guter Tag für den italienischen Fußball wird oder nur für den um etwa
       350 Millionen Euro reicher werdenden Massimo Moratti.
       
       24 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tom Mustroph
       
       ## TAGS
       
   DIR Fußball
   DIR Italien
   DIR Serie A
   DIR Italien
   DIR Fußball
   DIR Fußball-Bundesliga
   DIR Fußball
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Regierungschef Letta weicht Berlusconi: Italien schafft Immobiliensteuer ab
       
       Die vor kurzem eingeführte Steuer auf den ersten Wohnsitz wurde von der
       Regierung zurückgezogen. Berlusconis Partei hatte gedroht, die Koalition
       sonst platzen zu lassen.
       
   DIR Alternde Fußballprofis: Gefangen im Paradies
       
       Effenberg, Basler, Raúl – Katar gilt als Gnadenhof für alternde Profis.
       Dabei leiden Sportler unter denselben Regeln wie unterbezahlte
       Gastarbeiter.
       
   DIR Wieviel Trainig brauchen Fußballprofis?: Unbedingt einsatzbereit
       
       Während manche Kicker wie der Neuwolfsburger Gustavo spielerisch zur Form
       finden, üben sich andere einen Wolf. Und scheitern trotzdem.
       
   DIR Fußballtrainer Christoph Daum: Die Krokodile unter Erfolgsdruck
       
       Mit Christoph Daum soll es für die türkische Mannschaft Bursaspor wieder
       aufwärts gehen. Doch der Auftakt am ersten Süper-Lig-Spieltag misslang.