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       # taz.de -- Diskriminierung gegen Flüchtlinge: Einkauf nicht für alle
       
       > In einem Supermarkt in Bramsche-Hesepe sind Nicht-EU-Bürger ungern
       > gesehen. Wachmänner wurden offenbar angewiesen, Flüchtlinge nicht
       > reinzulassen.
       
   IMG Bild: Im benachbarten Supermarkt sind die Bewohner dieses Flüchtlingsheims nicht willkommen
       
       HESEPE taz | Neuerdings hängt ein Schild am Eingang des Bramscher
       Thomas-Philipps-Markt. Die Aufschrift lautet „EU-Bürger sind herzlich
       Willkommen“. Davor stehen zwei Wachleute, die seit elf Tagen Ein- und
       Austritt überwachen. Über ihr Dasein geben sie der Presse bisher wenig
       Auskunft, es sei in Vergangenheit vermehrt zu Diebstählen gekommen, sagen
       sie nur. Auch ihr Arbeitgeber, eine Sicherheitsfirma, möchte der Presse
       keine Auskunft geben.
       
       Direkt neben dem Supermarkt befindet sich ein Flüchtlingslager. Etwa 600
       Asylbewerber leben hier und warten auf ihre Anerkennung. Conrad Bramm,
       Leiter des Flüchtlingslagers, sprach mit der Sicherheitsfirma und erklärte:
       „Sie sollen den Flüchtlingen des Asylbewerberheims den Einlass verwehren,
       da es in der Vergangenheit gehäuft zu Diebstählen kam.“
       
       Nach Aussagen der Polizei Bramsche sei dies aber nicht der Fall, die Zahl
       der angezeigten Diebstähle beim Thomas-Philipps-Markt bleibe konstant, so
       ein Pressesprecher. Darauf sprach Bramm laut eigenen Aussagen mit dem
       Leiter des Supermarkts, der ihm sagte, dass kaum angezeigt werde, da dies
       verwaltungstechnisch zu aufwändig sei und zu keinen Ergebnissen führe.
       
       Der Hamburger Rechtsanwalt Jens Waßmann sieht in der ganzen Sache eine
       klare Verfassungswidrigkeit. „Das volle Hausrecht des
       Supermarkt-Eigentümers wird durch die öffentliche Funktion des Supermarkts
       eingeschränkt. Er richtet sich mit seinen Waren an alle Menschen
       gleichermaßen. Das Antidiskriminierungsgesetz muss hier also beachtet
       werden“, sagt Waßmann. „Verweise und Kontrollen auf Grundlage des bloßen
       Verdachts und Vorurteils sind rechtswidrig.“
       
       Filiz Polat, Sprecherin für Migration und Flüchtlinge der niedersächsischen
       Grünen, steht im Kontakt mit Bramm. „Es muss einen Kläger geben, der davon
       betroffen ist, um das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in Anschlag zu
       bringen“, sagt Polat. Bisher habe aber noch kein Asylbewerber über die
       Kontrollen am Supermarkt ausgesagt.
       
       Als Asylbewerber – in der Hoffnung auf eine deutsche Staatsbürgerschaft –
       zu klagen, so Polat weiter, sei nun mal schwierig. Sie war vor Ort und hat
       mit Anwohnern gesprochen, die am Supermarkt standen. „Ich bin vor Wochen
       einkaufen gewesen, das Packvolk, was hier rumhing’ – ich wollt’ schon gar
       nicht mehr hier her“, äußerte sich ein Bürger vor laufender Kamera des NDR.
       Polat schockiert das: „Ich finde es schockierend und beschämend, dass nicht
       einmal ein Bewusstsein in der Bevölkerung vorherrscht, dass das hier
       Rassismus ist.“
       
       Maren Kaminski, Landessprecherin der Linken in Niedersachsen, kaufte früher
       selbst beim Supermarkt ein. „Bramsche ist SPD-nahe, aber drumherum sind
       viele CDU-Flicken, oft schwärzer als in Bayern. Dennoch wundert mich das“,
       sagt sie. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat das
       Hausverbot als „beschämend“ bezeichnet.
       
       22 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Carsten Bisping
       
       ## TAGS
       
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