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       # taz.de -- Kommentar Proteste gegen Asylbewerber: Eine explosive Mischung
       
       > Trotz Gegenprotests schlagen Rechte in Berlin neu angekommene Flüchtlinge
       > in die Flucht. Ein Szenario für das, was sich anderswo zusammenbraut.
       
   IMG Bild: Protest gegen den rechten Protest: Gegendemonstranten vor der Asyl-Notunterkunft in Berlin-Hellersdorf am Montag
       
       Déjà-vu: Die Zahl der Asylbewerber steigt, manche Städte und Kommunen sind
       überfordert, die Unterkünfte werden knapp. Rechte Gruppen versuchen, den
       Unmut mancher Anwohner über die ungewollten neuen Nachbarn zu nutzen und
       mit rassistischen Parolen anzuheizen. Alle Zutaten für die üblichen
       Konflikte kommen jetzt wieder zusammen.
       
       Zumindest in Berlin, wo im nordöstlichen Randbezirk Hellersdorf eine alte
       Schule zur Asylherberge umgerüstet wurde, ist das so. Die ersten knapp vier
       Dutzend Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien und Serbien, die dort am Montag
       eintrafen, wurden von wütenden Anwohnern mit offener Ablehnung und
       Hitlergruß empfangen.
       
       Eine Bürgerinitiative und die NPD hatten zuvor wochenlang gegen das Heim
       mobilgemacht. Manche fürchten, dass es in Berlin-Hellersdorf nun zu einer
       Art Rostock-Lichtenhagen im Kleinen kommen könnte.
       
       Diese Sorgen dürften übertrieben sein, denn die Situation in Berlin ist
       überschaubar. Doch das Szenario dort ist symptomatisch für das, was sich
       auch anderswo zusammenbraut. Dass man in bürgerlichen Vierteln nicht offen
       mit Nazis gegen geplante Asylheime aufmarschiert, sondern lieber diskret
       einen Anwalt schickt, macht die Sache nicht besser, sondern verdeckt nur
       die Konflikte.
       
       ## Wohnungen statt Heime
       
       Verantwortungsvolle Politiker müssen hier klar Farbe bekennen: für
       Flüchtlinge und die Humanität, gegen Vorurteile und Fremdenhass. Und viele,
       das muss man sagen, tun das auch. Denn die Politik hat dazugelernt.
       Entschärfen lassen sich drohende Konflikte vor Ort, das wissen
       Lokalpolitiker heute besser zu beherzigen, wenn man frühzeitig das Gespräch
       mit den Anwohnern sucht.
       
       Und besser ist es auch, das zeigt die Erfahrung, wenn man Flüchtlinge statt
       in zentralen Heimen in privaten Wohnungen unterbringt. Zum Glück behauptet
       auch kein seriöser Politiker mehr, wie es in der Regierungszeit von Helmut
       Kohl vor zwanzig Jahren noch üblich war, dass Vorurteile und Fremdenhass
       die zwangsläufige Folge von immer mehr Flüchtlingen sein müssten – auch
       wenn Innenminister Hans-Peter Friedrich immer mal wieder gern diffuse
       Ängste vor steigenden Flüchtlingszahlen schürt.
       
       Diese Ängste, das zeigt sich jetzt wieder in Berlin-Hellersdorf, sind aber
       offenbar auch unausrottbar. Wenn sie sich mit Neid und Missgunst paaren,
       gehen sie eine explosive Mischung ein.
       
       20 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
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