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       # taz.de -- Nachruf auf Almut Klotz: Sie war so stark
       
       > Almut Klotz war Lassie Singers-Mitglied, Labelbetreiberin,
       > Basisfeministin, Autorin und Chorleiterin. Mit 51 Jahren ist sie in
       > Berlin gestorben.
       
   IMG Bild: Ach Almut. Fehl doch nicht so.
       
       Im Wohnzimmer von Freunden hängen zwei Siebdrucke an der Wand, genau
       gegenüber dem Sofa, man guckt automatisch hin, sobald man sich setzt.
       Darauf sind Häschenköpfe mit Spiralaugen, und ich musste immer über die
       Bilder kichern, weil sie aus dem Video zu Klotz & Dabelers 2010
       veröffentlichtem Nonsenssong „Höp Höp Höp“ stammen, in dem kampfbereite
       Häschen so lange hüpfen, bis der Jäger sie kriegt.
       
       Jetzt muss ich weinen, denn Almut Klotz, diese tapfere, großartige und
       patente Person, ist ihrem Krebsleiden erlegen. Und wir, die wir sie
       kennengelernt haben, weil wir ihre Musik mochten, oder ihre Geschichten,
       weil wir (damals am Ostbahnhof) Flittchenbar-BesucherInnen waren, oder ihre
       FreundInnen, bleiben tieftraurig zurück.
       
       Wenn man überhaupt etwas richtig machen kann mit dieser Dreckskrankheit,
       die Almuts Leben seit über drei Jahren überschattete, sich nach
       vermeintlichen Erfolgen wieder ausbreitete, dann hat sie es getan –
       geheiratet, gesungen, gespielt, geschrieben, alle ermutigt, sie trotz ihrer
       Schwäche zu besuchen, gearbeitet. Sie hat sich einen Friedhof ausgesucht,
       sie hat Zeit mit ihrer Familie, ihrem 18-jährigen Sohn verbracht, und das
       Release-Konzert zu der neuen, schönen Klotz-&-Dabeler-Platte sollte im
       September stattfinden.
       
       ## Ein Hit nach dem anderen
       
       Ich habe versucht, mich zu erinnern, wann ich sie kennenlernte, aber es ist
       zu lange her – in den frühen 90ern, nehme ich an, als sie mit Christiane
       Rösinger als Lassie Singers mit wechselnden, immer aufregenden Mitmusikern
       einen Hit nach dem anderen lieferte.
       
       Diverse Konzertbilder blitzen auf, bei denen sie konzentriert vor dem
       Mikrofon stand, den Kopf leicht gehoben, die ausnehmend schönen,
       freundlichen, immer leicht traurigen Augen geöffnet, und diese merkwürdig
       charmanten Pop-Preziosen schmetterte, diese mädchenhaft klingenden
       Weisheiten, „Nur weil wir keine Ausbildung haben, machen wir den ganzen
       Scheiß“ in „Hamburg“, „Letztendlich konnt’ ich nie mit ihm so richtig
       lustig sein“ in „Mein Freund hat mit mir Schluss gemacht“.
       
       Und Gesprächsfetzen fallen mir ein, ihre sanfte Stimme mit der ganz
       leichten Schwarzwaldmelodik und einem stets hinter allen Themen lauernden
       Schalk, ihre Meinungsstärke, ihr Pragmatismus, und der süffisant-ergebene
       Ton des Wortes „Genau!“, wenn sie einem zustimmte. Ihre Liebe zur
       Literatur, ihre Liebesgeschichten, kurz oder lang wie mit dem Vater ihres
       Sohnes. Ihr Glück mit Reverend Dabeler, den sie heiratete. Und der nun
       Witwer ist. An ihn denke ich auch.
       
       ## Die Trauer der Freunde
       
       Gegen die Krankheit hat sie entschlossen angekämpft, so stark war sie, aber
       das Stärkste war, sich der größer werdenden Trauer und Hoffnungslosigkeit
       in den Gesichtern ihrer FreundInnen zu stellen – sie war stärker als die
       meisten von uns.
       
       Almut hat gern Anzüge getragen, war Labelbetreiberin (Flittchenrecords),
       Basisfeministin, Autorin, Chorleiterin (Popchor Berlin). Hamburg liebende
       Berlinerin, badisch verwurzelt. Leidenschaftlich war sie, unerschrocken,
       schlau und spaßig. Und Jahrgang 1962, also jung. Zu jung.
       
       Ich habe Angst vor der Beerdigung, vor den Tränen ihrer FreundInnen, vor
       meinen eigenen, vor allem vor denen in den Augen ihres Sohnes. Dabei
       brauche ich nur ein My der Kraft zusammenzukratzen, mit der Almut Klotz
       durch ihr kurzes Leben gegangen ist. Ach Almut. Fehl doch nicht so.
       
       19 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jenni Zylka
       
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