# taz.de -- Kommentar Blutspende Homosexuelle: Es gibt nur riskantes Verhalten
> Es ist richtig, Menschen die Blutspende zu verwehren, die ein akutes
> HIV-Risiko haben. Man kann dieses aber nicht an sexueller Orientierung
> erkennen.
IMG Bild: Schwule und bisexuelle Männer werden unter Generalverdacht gestellt
Es ist ein Relikt aus den 80er Jahren. Obwohl es seit Jahren zu wenig
Blutspender gibt, dürfen Männer, die mit Männern einmal „Intimkontakt“
hatten, ihr Blut nicht spenden. Ob dieser Kontakt 20 Jahre oder zwei Tage
her ist, spielt keine Rolle.
Grund dafür – so die Experten – ist ihr statistisch erhöhtes Risiko für
eine HIV-Erkrankung. Denn selbst die besten Tests können eine frische
Infektion nicht feststellen. Deshalb nehmen es die Verantwortlichen in
Kauf, alle schwulen und bisexuellen Männer unter Generalverdacht zu
stellen.
Sie ignorieren damit das individuelle Sexualverhalten von Menschen, ganz
gleich ob homo-, bi- oder heterosexuell. Es stimmt zwar, dass knapp zwei
Drittel der HIV-Neuinfektionen homosexuelle Männer betrifft.
Aber nicht Homosexualität ist Grund für ein erhöhtes Risiko, sondern
risikohafte Sexualpraktiken, ungeschützter Geschlechtsverkehr mit
wechselnden Partnern etwa. Das trifft Heteros wie Homos. Es gibt keine
Risikogruppen, sondern nur Risikoverhalten. Nur danach sollte in den
Fragebögen, die vor jeder Blutspende ausgefüllt werden müssen, gefragt
werden.
Die Hälfte der schwulen Männer in Deutschland lebt in einer festen
Partnerschaft. Wer als Hetero regelmäßig in den Sexurlaub nach Thailand
fährt oder ständig mit einer anderen Frau schläft, ohne zu verhüten, hat
ein höheres HIV-Risiko. Das müssten auch die Experten von Bundesärztekammer
und zuständigen Instituten wissen.
Seit Jahren prüfen sie die Richtlinien – ohne Ergebnis. Dabei könnte man
vom Ausland lernen. Russland, Spanien, Schweden, Argentinien, Australien.
Die Liste der Länder, die Schwule die Blutspende nicht pauschal verbieten,
ist lang. In Italien etwa, wo seit 2001 nicht mehr zwischen Homos und
Heteros unterschieden wird, stieg die Zahl der Blutspender in der Folge um
20 Prozent.
Auch SexarbeiterInnen, Häftlinge und Drogenkonsumenten dürfen kein Blut
spenden. Es ist richtig, Menschen von der Blutspende auszuschließen, die
ein akutes HIV-Risiko haben. Man kann dieses aber nicht an sexueller
Orientierung, Beruf oder Unterkunft erkennen – man muss nach dem Verhalten
fragen. Verbunden mit einer Aufklärungskampagne würde so das Risiko sinken,
eine HIV-infizierte Blutkonserve nicht zu entdecken. Eine Abkehr von der
bisherigen diskriminierenden Praxis hin zu einer, die die Realität
anerkennt, hätte also positive Folgen. Nicht nur für homo- und bisexuelle
Männer, sondern für alle.
19 Aug 2013
## AUTOREN
DIR Paul Wrusch
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