URI: 
       # taz.de -- Deutsche Medien verlegen Nachschichten: Good morning, Sydney
       
       > Ob Sydney, New York oder Los Angeles: 24/7 Redaktionen lagern ihre
       > Nachtschicht nach Übersee aus. Der Morgen wird zur Primetime.
       
   IMG Bild: Sydney, als Mekka für Nachtarbeiter der deutschen Online-Redaktionen? Die Zeitverschiebung passt jedenfalls.
       
       BERLIN taz | Die australische Nachrichtenagentur AAP hat so etwas wie ein
       neues Geschäftsmodell entdeckt: Neuerdings dient ihre Zentrale deutschen
       Journalisten als Coworking-Space. „Sydney ist uns acht Stunden voraus,
       diese Zeitverschiebung passt perfekt“, sagte Jan-Eric Peters, Chefredakteur
       der Welt. Er schickt seinen Nachtdienst komplett nach Übersee. Anfang
       nächsten Jahres kommt noch Verstärkung: Auch ein Ableger der Deutschen
       Presse-Agentur (dpa) hat sich inzwischen in den AAP-Räumen eingebucht.
       
       24/7, die Arbeit rund um die Uhr, und das auch noch in fernen Ländern, ist
       das nächste große Ding der News-Portale. Das Angebot am Morgen wird
       zunehmend zur Primetime für die Portale: Sie wollen frisch aussehen, wenn
       Leser von ihren Smartphones geweckt werden und die Lage checken.
       
       ## „Besseres Angebot“
       
       „Ich verspreche mir ein besseres Angebot“, sagt Peters der taz. „Mehr
       aktuelle Geschichten für die früheren deutschen Morgenstunden.“ Tatsächlich
       hatte Peters früher als viele andere entschieden, seine Redaktion
       durchgehend zu besetzen, bislang im Berliner Großraumbüro. Das ist bei
       Agenturen und Radiosendern Standard, für Redaktionen aber ungewohnt, die
       einst aus Printredaktionen erwachsen sind, die nach Druckschluss
       pausierten.
       
       Das Handelsblatt betreibt nun schon seit einigen Monaten eine
       Außenredaktion in New York mit einem guten Dutzend fester und freier
       Mitarbeiter. Sie produzieren auch eine frühe Digitalausgabe, Handelsblatt
       Live, die um 8 Uhr als aktualisierte Fassung der Zeitung vom Vorabend
       erscheint. Bild schickt bald Mitarbeiter nach Los Angeles.
       
       „Natürlich ist es teurer, von Australien aus zu arbeiten, als in der
       Zentrale in Berlin“, sagt Peters. „Flüge, Unterkunft, Büromiete.“ Er wolle
       aber nicht auf Ortskräfte setzen, mit ihrem dürftigeren Urlaub und
       fragwürdigen Sozialleistungen, sondern auf „Welt-Kollegen aus Deutschland“.
       Alle sechs Wochen werde ein neuer Kollege kommen, für drei Monate, stets
       zwei Schichten parallel.
       
       Peter spricht von einem Zugewinn an journalistischer Qualität. Es sei
       „einfach effektiver, bei Tageslicht zu arbeiten“, das hätte auch ein
       Testlauf gezeigt. Letztlich kommt das Welt-Modell aber auch wie eine
       Belohnungsaktion daher: Wer sich gut macht, darf an den Bondi Beach.
       
       ## Bloß ein Kostenkiller?
       
       Bei der dpa ist indes noch unklar, ob das „Projekt Sydney“ nicht schlicht
       dabei helfen soll, Kosten zu killen. Setzt die Agentur auf teure
       Mitarbeiter aus Deutschland oder auf billigere „Locals“?
       
       Klar ist indes: Es geht nicht um das klassische Angebot der dpa, sondern um
       die sogenannten AP Weltnachrichten – Auslandsmeldungen, die Associated
       Press liefert und aus dem Englischen übersetzt. AP wiederum hat einen ihrer
       größeren Standorte in Sydney. An diesem Informationsknotenpunkt wollen auch
       die Deutschen teilhaben. Dass sich die für Effizienz bekannte dpa auf die
       Sydney-Nummer einlässt, spricht jedenfalls dafür, dass das nicht alles bloß
       eine Show ist.
       
       Sydney könnte zum Mekka für Nachtarbeiter deutscher Online-Redaktionen
       werden. Vom Branchenmagazin Journalist gefragt, wie sich Spiegel Online zum
       24/7-Trend verhält, sagte auch Chefredakteur Rüdiger Ditz: „Wir denken
       darüber nach. Sydney als Standort ist interessant.“
       
       19 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bouhs
       
       ## TAGS
       
   DIR Medien
   DIR dpa
   DIR Sydney
   DIR Online-Journalismus
   DIR Schwerpunkt Zeitungskrise
   DIR ARD
   DIR Journalist
   DIR Syrian Electronic Army
   DIR Rupert Murdoch
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Online-Redaktionen in Deutschland: Nachtschichten in Übersee
       
       Auch „Spiegel Online“ reagiert auf das wachsende Bedürfnis der Nutzer nach
       frühen Nachrichten. Und richtet dafür eine Schicht in Sydney ein.
       
   DIR Korrespondentenschwund in Russland: Berichte aus zweiter Hand
       
       Das „Handelsblatt“ schließt sein Büro in der russischen Hauptstadt. Damit
       liegt es im Trend, denn deutsche Zeitungen sparen Personal ein.
       
   DIR ARD-Film „Gestern waren wir Freunde“: Raus aus dem Traumhotel
       
       Mit einem anspruchsvollen Film will die ARD sich vom Vorwurf der
       „Degetoisierung“ befreien. Auf halber Strecke bleibt sie dabei stehen.
       
   DIR Claus Jacobi gestorben: „Ein Jahrhundert-Journalist“
       
       Vom „Spiegel“ zur „Welt am Sonntag“: Claus Jacobi durchlief in seiner
       Karriere viele Stationen als Reporter und Chefredakteur. Er wurde 86 Jahre
       alt.
       
   DIR Hackerangriff auf Washington Post: Assad-Anhänger verdächtigt
       
       Eine halbe Stunde wurden Leser von Online-Artikeln der Zeitung auf die
       Seite der „Syrian Electronic Army“ umgeleitet. Einfallstor war wohl ein
       Werbe-Anbieter.
       
   DIR Murdoch macht Wahlkampf in Australien: Fertigmachen um jeden Preis
       
       US-Medienmogul Murdoch will einen Regierungswechsel, um sein
       Kabel-TV-Monopol zu schützen. Deshalb hetzt er gegen Premierminister Rudd.
       
   DIR Journalist über seinen Ausstieg: „Man hört nur noch Gemecker“
       
       Er war Redakteur bei „GQ“ und „Max“. Dann liefen Michalis Pantelouris die
       Träume davon. Nun handelt er mit Olivenöl – und will nebenbei die Welt
       verbessern.