# taz.de -- Kommentar Gewalt in Ägypten: Verpasste Gelegenheit
> Das ägyptische Militär will die Muslimbrüder mit allen Mitteln bekämpfen.
> Es verspielt so die Möglichkeit, die Islamisten politisch einzubinden.
IMG Bild: Integration nicht erwünscht: Mursi-Anhänger in der Al-Fateh-Moschee vor der Erstürmung am Samstag.
Es klingt nach einem historischen Einschnitt: Die ägyptische Regierung
erwägt die Auflösung der Muslimbruderschaft. Doch wäre das nichts als die
Rückkehr zu alten Verhältnissen. Genau genommen ist die Muslimbruderschaft
erst seit März 2013 beim ägyptischen Sozialministerium registriert. Zuvor
hatte sie sechs Jahrzehnte Zeit, sich in der Arbeit als illegale
Organisation zu üben.
Das nun drohende Verbot der Bruderschaft – und ihrer Freiheits- und
Gerechtigkeitspartei – ist nur ein Zeichen dafür, was sich seit dem
Militärputsch vom 3. Juli immer deutlicher abzeichnet: Das Sisi-Regime ist
entschlossen, die Muslimbrüder mit allen Mitteln zu bekämpfen.
Eine Liquidierung der Islamisten jedoch ist unmöglich. In einigen Staaten
sind die Muslimbrüder verboten. In anderen partizipieren sie in Form
legaler Parteien am politischen Prozess. Aber nirgends ist es gelungen, sie
dauerhaft zu zerschlagen.
Doch muss man gar nicht über die ägyptische Landesgrenze hinwegschauen.
Bereits 1954 versuchten die ägyptischen Freien Offiziere die
Muslimbruderschaft zu zerschlagen. Aber die Brüder überlebten – viel
schlimmer noch: Sie radikalisierten sich nach der Zerschlagung im Zuge der
Repressionen unter Gamal Abdel Nasser.
Erst Jahrzehnte später schworen sie der Gewalt ab, avancierten zur
stärksten Oppositionskraft im autoritären Ägypten Mubaraks und zeigten die
Tendenz, im unwahrscheinlichen Falle einer Demokratisierung die Spielregeln
eines demokratischen Rechtsstaates zu akzeptieren.
Mit der ägyptischen Revolution ist dieser unwahrscheinliche Fall
eingetreten. Doch nur ein Jahr Mursi-Herrschaft und einen Militärputsch
später scheint die historische Chance, die Islamisten in die Politik
einzubinden und auf diese Weise zu mäßigen, bereits endgültig verspielt zu
sein.
18 Aug 2013
## AUTOREN
DIR Jannis Hagmann
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