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       # taz.de -- Wahlkampf in Norwegen: Grüne sind bereit fürs Parlament
       
       > Die Partei hat bei den Wahlen in drei Wochen erstmals Chancen, die
       > Vierprozenthürde zu überwinden. Grund dafür ist Unmut über die
       > Umweltpolitik.
       
   IMG Bild: Erdöl macht Norwegen reich, doch wenn es die Grünen ins Parlament schaffen, wollen Sie das Leben ohne Öl vorbereiten
       
       STOCKHOLM taz | 25 Jahre nach ihrer Gründung haben die norwegischen Grünen
       ([1][Miljøpartiet De Grønne], MDG) erstmals eine realistische Chance, den
       Sprung ins Parlament zu schaffen. Bislang konnte die Partei bei
       Storting-Wahlen noch nie eine Eins vor dem Komma erreichen und kam 2009 auf
       0,3 Prozent. Doch vor den Wahlen am 9. September sehen aktuelle Umfragen
       sie nun mit 5 Prozent deutlich über der 4-Prozent-Sperrklausel. Das könnte
       für neun Mandate reichen.
       
       Rasmus Hansson, Nummer eins auf der Grünen-Wahlliste in Oslo, ist ein
       relativ sicherer Kandidat. Norwegen müsse sich auf ein Leben ohne Öl
       einstellen, ist die Botschaft des Exgeneralsekretärs von WWF-Norwegen.
       
       „In einigen Jahrzehnten müssen wir das sowieso, weil dann unsere Öl- und
       Gasvorkommen ausgebeutet sein werden. Besser also rechtzeitig mit der
       Umstellung zu beginnen.“ Wegen seiner guten wirtschaftlichen Lage und
       Innovationskraft hätte Norwegen, das reichste Land Europas, auch beste
       Voraussetzungen dafür.
       
       Grüne Illusionen seien das, meinen die regierenden Sozialdemokraten und
       oppositionellen Konservative. Die MDG würde Norwegen in ein Zeitalter von
       Armut und Massenarbeitslosigkeit zurückwerfen. „Sie wollen Norwegen nicht
       grüner, sondern ärmer machen“, sagt Nikolai Astrup, energie- und
       umweltpolitischer Sprecher der konservativen Høyre.
       
       ## Neben Umweltpolitik, viele soziale Vorschläge
       
       Politiker hätten wohl ein sehr kurzes Gedächtnis, meint Hansson. „Bis in
       die 1980er Jahre lebten wir ohne Öl. Und wir lebten nicht schlecht.“ Und
       Hansson vergleicht die Angstmacherei, derer sich die politische Konkurrenz
       bedient mit der, die auch Deutschlands Grüne in ihren Anfangsjahren
       erfahren hatten. „Aber wir meinen wirklich, dass das wirtschaftliche
       Wachstum und der wachsende Konsum gebremst werden müssen und können. Man
       muss nicht jedes Jahr ein neues Telefon haben.“
       
       Die Grünen wollen nicht nur neue Ölfunde unter der Nordsee und dem
       Barentsmeer liegen lassen, sondern Kurzstreckenflüge mit einer Umweltabgabe
       verteuern. Es soll beispielsweise eine „Sabbatjahr“-Regelung eingeführt
       werden, ähnlich der, die es zwischen 2001 und 2007 in Schweden gab. Bei der
       konnte man mit 85 Prozent des Arbeitslosengelds für ein Jahr seinen
       Arbeitsplatz einem Arbeitslosen überlassen.
       
       Und auch die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens wird
       vorgeschlagen. Hansson: „Unser Sozialsystem ist so kompliziert und
       personalintensiv. Da möchten wir ganz pragmatisch untersuchen, ob es nicht
       bessere Lösungen gibt.“
       
       ## „Umweltparteien“ vs. „Ölparteien“
       
       Der Durchbruch der Grünen hatte sich schon vor zwei Jahren bei den
       Lokalwahlen abgezeichnet, bei denen sie in ein Regional- und 18
       Kommunalparlamente einzogen. Unzufriedenheit mit der Umweltpolitik, die
       unter den sozialdemokratisch geführten Regierungen in den letzten acht
       Jahren betrieben wurde, weisen Analysen als Hauptgrund dafür aus.
       
       Denn obwohl gleich zwei Koalitionsparteien für sich das Etikett „grün“
       beanspruchen – die bäuerliche Zentrumspartei und die sozialistische
       Linkspartei – scheiterten die meisten umweltpolitischen Initiativen an den
       Sozialdemokraten.
       
       „Zwischen Sozialdemokraten und Konservativen bestehen kaum Unterschiede in
       der Umweltpolitik“, beklagt Rasmus Hansson und hofft auf eine „grüne
       Allianz“ seiner Partei mit den anderen „Umweltparteien“ – zu denen er neben
       Linkspartei und Zentrum tendenziell auch die liberale Venstre und die
       Christdemokraten zählt – gegen Sozialdemokraten, Konservative und
       Fortschrittspartei. Diese drei großen „Ölparteien“ kommen jedoch zusammen
       auf 75 Prozent der WählerInnensympathien.
       
       19 Aug 2013
       
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