# taz.de -- Kolumne Wutbürger: Hey, Opel, du crazy bitch
> Der Autobauer aus Rüsselsheim benimmt sich wie ein älterer Herr in
> Bundfaltenhosen, der nur noch mit bunt bebügelter Sonnenbrille auf die
> Straße geht.
IMG Bild: Wischt Ihr mal. Dem Image des neuen Opel "Adam" hilft das auch nicht.
Es ist keine große Kunst, mit Anfang zwanzig in Würde älter zu werden.
Jeden Morgen geht man mit dem Gefühl in den Tag, das Leben sei eine Prärie,
auf der man irgendwo am Horizont seine Parzelle findet. Doch dann zergehen
fünfzig Jahre wie Butter in der Sonne, und plötzlich kommt einem die Prärie
vor wie eine Steppe, auf der nur noch Parzellen frei waren, für die ein
Makler drei Monatsmieten Courtage verlangt hat. In einem solchen Moment ist
es entscheidend, nicht die Nerven zu verlieren.
Opel hat das leider nicht geschafft. Der Autobauer aus Rüsselsheim ist
komplett durchgedreht. Er benimmt sich wie ein älterer Herr in
Bundfaltenhosen, der neuerdings nur noch mit bunt bebügelter Sonnenbrille
auf die Straße geht. Und wenn er beim Bäcker gefragt wird, ob es ein
Döschen Kondensmilch zur Tasse Filterkaffee sein darf, sagt er „Yo!“.
Stahl gewordener Ausdruck des Nervenzusammenbruchs ist das Modell Adam. Ein
Auto, mit dem Opel nun junge Großstädter zu einer nie enden mögenden
Spritztour verführen will. Es soll deshalb bitte auch nicht „Adam“ genannt
werden, sondern „Ädem“.
Als ich den Werbespot sah, mit Clubmusik, Tätowierungen und Pudelmützen,
wurde ich erfasst von einer Monsterwelle des Mitgefühls. Würde ein Mann bei
der Feier des 70. Geburtstags sein neues Oberarmtatoo präsentieren und zu
knarzendem Bass verkünden, er heiße von nun an nicht mehr „Adam“, sondern
„Ädem“, seine Kinder würden antworten: „Ist dir nicht gut, Papa?“ Opel ist
offensichtlich kinderlos.
Das ist aber noch nicht alles. Damit jeder das Auto fährt, das zu seinem
krass individuellen Stil passt, kann man etwa fünfhundertachtundneunzig
Designs mixen und aus drei Charakteren wählen: „Jam“ für den jugendlichen
Käufer, „Glam“ für den eleganten und „Slam“ für den sportlichen. Doch was
ist mit „Wham“ für den Freund der Fönwelle? Was mit „Bähm“ für den
Pyromanen? Und was mit „Ham“ für den Fleisch- und Wurstliebhaber?
Hey, Opel, du crazy bitch aus Russelshome, da geht noch was.
16 Aug 2013
## AUTOREN
DIR Kai Schächtele
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