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       # taz.de -- Lastwagen per Oberleitung: Schweden tüfteln an Elektrotrassen
       
       > Stockholm plant ein Pilotprojekt für Straßen mit Stromführung für den
       > LKW-Verkehr. Für die Skandinavier die umweltverträglichste Lösung.
       
   IMG Bild: Die Griechen haben sie noch, die O-Busse. Die Schweden wollen die Idee des Transports mit elektrischer Oberleitung wiederbeleben, allerdings für Lastwagen.
       
       STOCKHOLM taz | In Kopenhagen löste er gleich Bombenalarm aus. Der Prototyp
       eines Elektroautos, das seinen „Saft“ während der Fahrt aus einer in der
       Straße eingelassenen Stromschiene beziehen soll. Die Anordnung mit Kabeln
       und Rohren an der Unterseite des Fahrzeugs, das in einer Tiefgarage parkte,
       erregte den Verdacht der Polizei: eine Autobombe? Doch der schwedische
       TV-Regisseur Dan Zethreaus konnte die Fahnder schließlich von der
       Ungefährlichkeit seiner Konstruktion überzeugen: „Ein Jahr habe ich daran
       gearbeitet – möglicherweise kann das mal die Umwelt retten.“
       
       Zethreaus kann sein Gefährt vielleicht schon bald unter realistischen
       Bedingungen in Schweden testen. 2015 sollen nach dem Willen der Stockholmer
       Verkehrsbehörde „Trafikverket“ mindestens zwei Teststrecken mit
       elektrifizierten Straßen betriebsbereit sein. Im September starten die
       Planungen mit E-Fahrzeugproduzenten, Elektrotechnik- und Stromkonzernen.
       
       Zethreaus wird seinen Eigenbau zumindest modifizieren müssen, um das neue
       System zu nutzen. Die schwedische Verkehrsbehörde hat nämlich bei
       „Stromstraßen“ in erster Linie einen elektrisch betriebenen Lastverkehr im
       Sinn. Denn, so Anders Berndtsson, „Trafikverket“-Forschungs- und
       Entwicklungskoordinator, „hier sehen wir nur im Elektroantrieb eine
       dauerhafte Lösung für eine Begrenzung des Kohlendioxidausstoßes im
       Straßenverkehr“.
       
       Die Vision von „Trafikverket“: Weite Teile des schwedischen Straßennetzes,
       auf dem elektrisch betriebener Lastverkehr möglich ist, soll ausgebaut
       werden – nicht in Konkurrenz, sondern in Ergänzung zur bestehenden
       Bahninfrastruktur. Nach ersten Berechnungen dürfte die Elektrifizierung von
       einem Kilometer Straße rund 800.000 bis 900.000 Euro kosten.
       
       Der Schwerlastantrieb ist nach dem Stand der Technik nicht mit Batterien,
       sondern nur mit externer Stromversorgung möglich. Dabei werden zwei
       technische Lösungen diskutiert: In die Straßenoberfläche eingelassene
       Stromschienen oder Oberleitungen.
       
       ## Trolleybusse in den 60ern ausrangiert
       
       Oberleitungen sind eine erprobte Technik. Für den Betrieb von Trolleybussen
       gab es sie in Schweden seit den 1920er-Jahren. Die letzten wurden 1964
       ausrangiert. Seit 2003 gibt es sogar eine neue Trolleybuslinie in
       Landskrona. Doch Oberleitungen sind nur für Elektro-Lkws geeignet. Für Pkws
       wären die dann notwendigen fünf Meter hohen Stromabnehmer zu teuer – und
       viel zu unpraktisch.
       
       Stromschienen dagegen seien für alle Fahrzeugarten geeignet, meint Gunnar
       Asplund. Der Gründer des Unternehmens „Elways“ hat vor zwei Jahren am
       Stockholmer Flughafen Arlanda eine kleine Versuchsstrecke für Pkws in
       Betrieb genommen. Mittlerweile hat diese laut Asplund sogar ihre
       Winterfähigkeit bei Eis und Schnee bewiesen.
       
       Auch Volvo will die Technik mit stromführenden Schienen für Lkws zur
       Serienreife entwickeln – und zwar mittels „intelligentem“ Schleppkontakt,
       der sich unter dem Auto selbst die stromführende Schiene sucht – und mit
       ihr Kontakt hält. Und zwar auch während eines Überholvorgangs, wenn der
       Motor per Batterie versorgt wird. Nicht unwichtig für die Planer: Das neue
       Transportsystem darf weder für Menschen noch für Tiere bei einer Berührung
       der Schienen gefährlich sein.
       
       Auch wenn das Stromschienensystem im Bau billiger und vermutlich
       betriebssicherer wäre, überzeugt es die Befürworter von Oberleitungen
       nicht. Wichtigster Einwand: Die Oberleitungstechnik könnte für Hybrid-Lkws
       mit Diesel- und Elektroantrieb relativ schnell zur Verfügung stehen. Die
       Mehrkosten bei der Anschaffung könnten sich wegen geringer Betriebskosten
       binnen zwei Jahren rechnen.
       
       14 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
       
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