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       # taz.de -- Neuer Sci-Fi-Film „Elysium“: Paul Verhoevens legitimer Nachfolger
       
       > Neill Blomkamp liefert mit „Elysium“ eine intelligente
       > Gesellschaftssatire, die brachiale Mittel nicht scheut. Matt Damon gibt
       > den Widerstandskämpfer.
       
   IMG Bild: Starke Action-Sequenzen und klassische Science-Fiction-Motive: „Elysium“.
       
       Die Aufteilung der Welt ist in Neill Blomkamps Science-Fiction-Film
       [1][„Elysium“] sehr übersichtlich. Sie entspricht den meisten
       gesellschaftlichen Schreckensszenarien seit Fritz Langs „Metropolis“: Oben
       leben die Reichen im Exzess, unten schuften die Unterprivilegierten. Wenn
       der junge Max von der Erde aus in den Himmel blickt, träumt er nicht von
       fernen Welten. Er hofft auf eine nachhaltige Zukunft mit grünen Bäumen und
       sauberer Luft.
       
       „Ich werde dich eines Tages da oben hinbringen“, verspricht der Junge
       seiner Freundin. Da oben kreist die Raumstation Elysium in sicherem Abstand
       um den einst blauen Planeten. Elysium ist Zufluchtsort für alle, die sich
       ein Ticket leisten konnten. Im Jahr 2154 leben die Eliten in einer
       gigantischen, spulenförmigen Gated Community mit ausgeklügeltem
       Sicherheitssystem, autarker Regierung und dem Versprechen ewigen Lebens.
       Zur Ausstattung der Haushalte gehört eine Art medizinische Wunderröhre, die
       alle bekannten Krankheiten und Verletzungen in Sekunden heilt.
       
       Elysium ist kalt und glatt wie die Benutzeroberfläche eines Computers.
       Dieser durch und durch technifizierte Ort stellt in seiner Formgebung die
       Antithese zu dem Kino dar, dem der Südafrikaner Blomkamp mit seinem
       Regiedebüt [2][„District 9“] Reverenz erwiesen hat. „Elysium“ ist sein
       nächster, mit 130 Millionen Dollar Budget allerdings deutlich
       kostspieligerer Versuch, eine Form von Actionkino in das 21. Jahrhundert zu
       retten, das unter der Ägide des Digitalen und der Dreidimensionalität
       obsolet zu werden droht.
       
       Matt Damon (als aufrechter Widerstandskämpfer) und Jody Foster (als
       kaltblütige Sicherheitschefin) verleihen diesem Kino eine ganz spezifische
       Körperlichkeit, die daran erinnert, dass Science-Fiction-Utopien mal ein
       Produkt menschlichen Durchsetzungsvermögens (und nicht bloßer
       Rechnerleistung) gewesen sind. Auch „Elysium“ ist, wenn sich die Kamera im
       Anflug auf eine zersiedelte Megalopolis oder die Suburbia-Residenzen auf
       Elysium befindet, ganz Ornament und Masse. Gleichzeitig versteht es
       Blomkamp, die physischen Kräfte so mit seinen digitalen Architekturen zu
       verschmelzen, dass die Aktion der Logik realistischer Bewegungsabläufe
       folgt.
       
       ## Endlose Wellblechsiedlungen
       
       Als Filmemacher fühlt sich Blomkamp auf der Erde dann auch merklich wohler.
       Sein Los Angeles sieht aus wie eine Metropole des 22. Jahrhunderts, die in
       der Vergangenheit hängen geblieben ist: eine nach ganz eigenen Gesetzen
       funktionierende Mangelökonomie aus endlosen Wellblechsiedlungen. Hier geht
       Max einem Fließbandjob nach. Eher zufällig beginnt er aufzubegehren.
       
       Nachdem er bei einem Arbeitsunfall einer tödlichen Strahlendosis ausgesetzt
       wird, bleibt Elysium seine einzige Überlebenschance. Um seinen
       schwächelnden Arbeiterkörper zu stärken, zwängt er sich in eine
       hydraulische Rüstung mit Firewire-Zugang. Doch die Information, die er als
       Gegenleistung für ein Flugticket aus dem Gehirn eines reichen
       Geschäftsmannes extrahiert, erweist sich als heiße Ware. Ohne es zu ahnen,
       hat Max den Überschreibungscode für das Sicherheitssystem von Elysium auf
       seine Festplatte geladen.
       
       Auch wenn Blomkamps Stärken zweifellos in den Action-Sequenzen liegen,
       beweist er mit „Elysium“ einen sicheren Zugriff auf klassische
       Science-Fiction-Motive. Wie versiert er diese handhabt, sucht im aktuellen
       High-Concept-Kino Hollywoods seinesgleichen: eine Gesellschaftssatire, die
       brachiale Mittel nicht scheut; Action, die bei allem Machismo die
       Verletzlichkeit der Mensch-Maschine thematisiert; und Spezialeffekte, die
       sich der Handlung unterordnen. Neill Blomkamp empfiehlt sich mit „Elysium“
       als legitimer Nachfolger Paul Verhoevens.
       
       13 Aug 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.elysium-film.de/
   DIR [2] http://www.sonypictures.com/movies/district9/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Busche
       
       ## TAGS
       
   DIR Matt Damon
   DIR Schwerpunkt Überwachung
   DIR Fracking
   DIR Matt Damon
       
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