# taz.de -- Eines der größten Rechtsrockevents: Rock fürs Vaterland
> In Sachsen-Anhalt trafen sich über 800 Rechtsextreme. Sie feierten ihre
> Bands und verbreiteten Hassparolen. Der Gegenprotest blieb klein.
IMG Bild: Am Nachmittag war es beim Rechtsrock-Konzert noch übersichtlich. Bis zum Abend erwarteten die Veranstalter 1500 Rechtsextreme.
BERGA taz | „Deutschland, Deutschland über alles, über alles sei geliebt“.
Der „nationale Barde“ Frank Rennicke eröffnete am Samstagnachmittag das
Rechtsrock-Festival in Berga bei Sangerhausen. Die Strophen gefielen den
angereisten Gästen. Bei strahlendem Sonnenschein brandete auf der Wiese in
einem Industriegebiet am Stadtrand Applaus auf. Vor der Bühne, an der eine
NPD- und eine Schwarz-Weiß-Rote-Fahne wehten, füllte sich der Platz. Auf
dem Veranstaltungsbanner an der Einlasskontrolle stand „In Bewegung 2013.
Das politische Fest der Nationalen“.
Am Nachmittag waren zunächst noch nicht alle rechten Fans angereist.
Patrick Weber, NPD-Kreistagsmitglied im Kyffhäuserkreis, hatte die
Veranstaltung angemeldet. Rechts von der Bühne waren Verkaufsstände von
Szene-Modemarken und Infotische von verschiedenen Initiativen aufgebaut.
Die NPD-Frauen-Organisationen „Ring Nationaler Frauen“ und das
„Gedenkbündnis Bad Nenndorf“ boten ihr Material an. Viele Strukturen der
NPD und Gruppen der „Freien Kameradschaften“ präsentierten sich. Ein
Solistand für Erich Priebke war aufgestellt. Seit Wochen feiern NPD und
Freie Kameradschaften den verurteilten SS-Kriegsverbrecher anlässlich
seines 100. Geburtstages.
Die Veranstalter erwarteten über 1500 Teilnehmer. Bis zum späten Nachmittag
waren über 800 Gäste gekommen. An die inhaftieren Gesinnungskameraden, die
nicht kommen konnten, erinnerte Liedermacher Rennicke von der Bühne aus.
Namentlich nannte er den verurteilten Holocaust-Leugner, Horst Mahler.
## Fünf Szenebands
Vor allem Jugendliche und junge Erwachsenen wollten die Bands live erleben.
Fünf beliebte Rechtsrockgruppen gewannen die Veranstalter für das Festival.
Um kurz vor 17.00 Uhr traten „Kinderzimmer Terroristen“ auf, später
spielten „Oidoxie“. Deren Szenehit „Rechtsrock“ spiegelt die Motivation der
Szenemusiker wieder: „Wir spielen Rechtsrock (...) für's Vaterland. (...)
Wir sprengen die Ketten, und schlagen uns frei. Wir kämpfen für
Deutschland, und bleiben dabei. (...) Und schreien immer wieder: Heil,
heil“.
Als Hauptact sollte am Ende eine der ältesten Rechtsrockbands,
„Kraftschlag“, die Bühne betreten. In ihrem neuen Song „Zum Siegen
verdammt“ heißt es: „Dort draußen herrscht ein Krieg der nie erklärt worden
ist. (...) Ein Kampf der Kulturen gegen eine fremde Religion. (...) Ich
scheiß auf Mohammed, die Bibel und den Koran, dieser Kampf hat gerade
begonnen, dieser Kampf fängt gerade erst an.“
Nicht nur junge Erwachsene und Jugendliche waren unter den Zuhörern.
Zwischen Bierstand und Gulaschkanone liefen auch Kinder herum. Rechte
Familien: Vater mit Glatze, Mutter mit blonden Zöpfen. Eine Hüpfburg hatten
die Organisatoren für die „kleinen Nationalen“ aufgestellt, einen Clown
bestellt. Volksnah und kinderfreundlich wollte sich die „nationale
Opposition“ präsentieren.
Auf der Bühne wechselten sich nicht bloß Musiker ab. Verschiedene Redner
von der NPD wie der ehemalige Bundesvorsitzende Udo Voigt und von den
Freien Kameradschaften traten auf. Die Reden und Lieder mussten der Polizei
vorher vorgelegt werden. „Fünf Lieder wurden untersagt“, sagte ein
Polizeisprecher vor Ort - „wegen Jugendgefährdung“. Alle Musiker soll es
getroffen haben.
Die Maßnahme hinderten Maik Müller von den Freien Kameradschaften nicht,
ins Mikrophon zu brüllen: „Wir sind keine Laberpartei, wir sind eine
Kampforganisation zur Veränderung der Bundesrepublik“. Der NPD-Bundevize
und Landtagsfraktionsvorsitzende, Udo Pastörs, rief: „Die NPD mag man
verbieten, den naturgegebenen Nationalismus im Volke aber nicht.“ Deswegen
würde aber ein „Euthanasie des deutschen Volkes“ betrieben. Er hetzte gegen
„perverse Homos“, „Demokröten“ und „Ausländer“.
## Proteste der Bürger
Seit Freitag liefen bereits Proteste gegen das Rechtsrock-Festival in der
Gemeinde am Fuße des Kyffhäusers. Auch in Sangerhausen gab es Widerstand.
In der nahen Stadt sollte das Festival zunächst stattfinden. Unter dem
Motto „Bunt feiern, statt braun unterzugehen“ empfingen ab Samstagmittag
Demonstranten in Berga am Bahnhof anreisende Rechtsextreme.
Über 100 Protestierende zogen am Nachmittag vor die Einfahrtsstraße des
Industriegebietes. Die Verlegung des Rechtsrock-Konzertes war erst bekannt
gegeben geworden, erklärt Stefan Vogt vom Beratungsnetzwerk
Rechtsextremismus. Sehr wenig Zeit für die Gegenmobilisierung. Vogt betont
aber: „Es war dennoch ein Erfolg weil sich erstmals Anwohner offen gegen
rechts zeigten“. Bis 22.00 Uhr war das Festival angemeldet.
10 Aug 2013
## AUTOREN
DIR Andreas Speit
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