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       # taz.de -- Al-Qaida macht wieder Schlagzeilen: Ins Bewusstsein gebombt
       
       > US-Botschaften schließen, Diplomaten fliehen: Das tot geglaubte
       > Bin-Laden-Netzwerk erwacht – oder zumindest die Angst davor.
       
   IMG Bild: Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen vor der US-Botschaft in Manama, Bahrein.
       
       Eine Woche nach der größten weltweiten Terrorwarnung der USA seit Jahren
       präzisiert sich die Angst. Am Mittwoch evakuierten die US-Behörden rund 100
       Botschaftsangestellte aus Jemen und forderten alle US-Bürger zur Ausreise
       auf; am Freitag wurde die Ausreiseempfehlung auf Pakistan erweitert und das
       Konsulat Lahore evakuiert.
       
       Ausgerechnet die zwei wichtigsten Schauplätze des US-Drohnenkrieges gegen
       Al-Qaida gelten nun also als die unsichersten. In Jemen erklärte die
       Regierung am Mittwoch, sie habe einen Plan der „Al-Qaida auf der Arabischen
       Halbinsel“ (AQAP) vereitelt, Jemens größten Ölterminal al-Dabbah, den
       größten Gasterminal Balhaf sowie die Stadt Mukalla zu besetzen.
       
       Zugleich berichteten Sicherheitsexperten in US-Medien, Al-Qaida-Führer
       Ayman al-Sawahiri habe in der Vorwoche bei einer „Konferenzschaltung“ mit
       Unterführern in anderen Ländern die Beförderung des AQAP-Chefs zum
       „Generalmanager“ Al-Qaidas verkündet sowie diesen aufgefordert, einen
       größeren Angriff in Jemen durchzuführen.
       
       Al-Qaida macht Schlagzeilen wie nie seit der Tötung ihres historischen
       Führers Osama bin Laden durch US-Spezialkräfte in Pakistan am 2. Mai 2011.
       Die Zeiten, zu denen man das Terrornetzwerk als unwiderruflich geschwächt
       einstufte – wie es US-Präsident Obama im Wahlkampf 2012 tat – scheinen
       vorbei.
       
       ## Ein gefährliches Spiel
       
       Jemen und Pakistan stehen für Obamas Strategie, Al-Qaida durch
       ferngesteuerte Tötungen mithilfe von Drohnen auszuschalten.
       Sicherheitsexperte Gregory Johnson schreibt dazu in der Zeitschrift Foreign
       Policy, Drohnenkrieg werde in Geheimdienstkreisen als „Rasenmähen“
       verspottet, das das Problem nicht „an der Wurzel“ packe.
       
       „Die USA spielen ein gefährliches Spiel“, so Johnson in Bezug auf Jemen.
       „Sie schießen Raketen auf Ziele in der Hoffnung, dass sie genug Menschen
       töten, um AQAP daran zu hindern, aus Jemen einen Angriff vorzubereiten.“
       Das funktioniere nicht.
       
       Die Angst der USA ist nicht auf Jemen und Pakistan begrenzt. Letztes
       Wochenende wurden 19 US-Botschaften unter Hinweis auf drohende Anschläge
       geschlossen. Betroffen von längerer Schließung sind nicht nur muslimische
       Länder von Mauretanien bis Bangladesch, sondern auch Ruanda, Burundi und
       Mauritius – nicht aber Irak und Afghanistan, wo die US-Botschaften schnell
       wieder öffneten.
       
       Das spiegelt Ratlosigkeit wider – und auch die Erfolge der globalen
       Terrorbekämpfung der letzten Jahre. Erst in Somalia, dann in Mali
       verhinderten ausländische Militärinterventionen Versuche von
       Al-Qaida-Verbündeten, eine feste territoriale Basis zu errichten. In
       Somalia wurden die islamistischen Shabaab-Milizen vergangenes Jahr von
       afrikanischen Eingreiftruppen aus der Hauptstadt Mogadischu und dem Hafen
       Kismayu gedrängt. In Mali eroberten französische Streitkräfte dieses Jahr
       die Nordhälfte des Landes von der „Al-Qaida im Islamischen Maghreb“ (AQMI)
       zurück. Beide Organisationen wurden dadurch deutlich geschwächt.
       
       ## „Al-Qaida 3.0“
       
       Die Militärinterventionen in Somalia und Mali waren eindeutig erfolgreicher
       als die Drohnenkriege in Pakistan und Jemen. Die Frage ist jetzt, ob
       angesichts der Erfolge der Territorialkriege eine nicht mehr territorial
       operierende Al-Qaida entsteht.
       
       Von „Al-Qaida 3.0“ spricht bereits Bruce Riedel, Direktor des Brookings
       Intelligence Project in den USA – in Nachfolge der klassischen Al-Qaida,
       die spektakuläre Terroranschläge weltweit verübte, und der vielfach
       analysierten „Al-Qaida 2.0“, die als Inspiration für lokal verankerte
       Splittergruppen begriffen wurde.
       
       Bin Ladens Nachfolger Sawahiri soll dieser Analyse zufolge die
       verschiedenen Gruppen in einer Weise miteinander verknüpfen, die sie
       unabhängiger von ihren jeweiligen Ländern macht. An der
       Al-Qaida-„Konferenzschaltung“ Ende Juli, die per Internet und nicht am
       Telefon stattgefunden haben soll, waren angeblich Gruppen von Usbekistan
       bis Nigeria beteiligt.
       
       Sawahiri ist Ägypter, was dabei nicht unwichtig ist. Der Militärputsch in
       Ägypten gilt aus seiner Sicht als Beweis, dass der politische Islam mit
       seinem Marsch durch die Institutionen, wie ihn Mursis Muslimbrüder versucht
       hatten, gescheitert ist. Das gibt Al-Qaidas radikalerem Vorgehen neuen
       Auftrieb.
       
       ## Trainingslager an der ägyptischen Grenze
       
       Das ägyptische Volk, sagte Sawahiri unlängst in einer Videobotschaft, müsse
       jetzt die neuen Militärherrscher bekämpfen, die in der Tasche der Saudis
       und der USA steckten. Es gibt bereits Berichte über Al-Qaida-Trainingslager
       im an Ägypten grenzenden Osten Libyens, in die auch Tunesier reisten.
       
       Für mehr Koordination auf Al-Qaida-Seite als früher werden verschiedene
       Indizien ins Feld geführt: Syrien als neues Sammelbecken für Dschihadisten,
       die sowohl das Assad-Regime als auch den untätigen Westen als Feind
       betrachten; die jüngsten, möglicherweise koordinierten Massenausbrüche von
       Al-Qaida-Häftlingen aus Gefängnissen in Libyen, Irak und Pakistan.
       
       Es dominiert eine offenkundige Nervosität. So helfen inzwischen FBI und
       Mossad in den Ermittlungen zur Ursache des Großbrandes, der am Mittwoch den
       internationalen Flughafen von Kenias Hauptstadt Nairobi teilweise in Schutt
       und Asche legte. Am Brandtag selbst gab es keinen Hinweis auf Terror.
       
       Aber irgendwem fiel wohl auf, dass es der 15. Jahrestag der Anschläge auf
       die US-Botschaften in Kenia und Tansania 1998 war, bei denen mindestens 223
       Menschen starben. Das war damals der Moment, als Al-Qaida sich zum ersten
       Mal ins Bewusstsein der Welt bombte. Er ist noch sehr präsent.
       
       10 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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