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       # taz.de -- Zweite Chance für Solarworld: Jetzt wird der Konzern umgebaut
       
       > Gläubiger und Aktionäre stimmen für ihre Enteignung und einen harten
       > Sanierungsplan. Asbeck bleibt trotz Kritik Chef und ändert wenig an der
       > Strategie.
       
   IMG Bild: Der Vorstandsvorsitzende der Solarworld AG, Frank Asbeck, hat Grund zur Freude.
       
       FREIBURG taz | Durch enorme Zugeständnisse haben Gläubiger und Aktionäre
       der Firma Solarworld das Unternehmen vor der unmittelbar drohenden
       Insolvenz bewahrt. Eine außerordentliche Hauptversammlung machte am späten
       Mittwochabend den Weg frei für ein umfassendes Sanierungskonzept.
       
       So verzichten die Gläubiger von zwei Anleihen auf 55 Prozent ihrer
       Forderungen in Höhe von 550 Millionen Euro und akzeptieren stattdessen neue
       Aktien der Solarworld; die Aktionäre nehmen unterdessen einen
       Kapitalschnitt von unterm Strich 95 Prozent hin.
       
       Damit erhält der vollintegrierte Solarkonzern, der als einziger in
       Deutschland die gesamte Wertschöpfungskette vom Silizium bis zur
       Solarkomplettsystemen abdeckt, eine zweite Chance. Solarworld hat derzeit
       rund 2.600 Mitarbeiter mit Standorten in Bonn und Freiberg in Sachsen, aber
       auch im Ausland, etwa in Hillsboro im US-Bundesstaat Oregon. In
       Spitzenzeiten hatte Solarworld 3.500 Mitarbeiter.
       
       Nachdem der Sanierungsbeschluss nun in trockenen Tüchern ist, bleibt jedoch
       die Frage, wie es weitergeht mit dem Unternehmen. Denn die ungünstigen
       Marktbedingungen, die das Unternehmen in die Krise führten – vor allem die
       billige Importware aus China –, bestehen ja weiterhin fort. Gleichwohl gibt
       sich das Unternehmen optimistisch, spricht von einer „positiven
       Fortführungsprognose“ und stützt sich dabei auf Analysen der
       Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers, die eine Sanierung
       durch Einschnitte für „überwiegend wahrscheinlich“ hält.
       
       ## Weitere Einschnitte drohen
       
       An vielen Stellen soll nun umgebaut werden. Der Plan sieht zum einen die
       Auflösung von Altverträgen für den Siliziumeinkauf vor. Diese seien in der
       Vergangenheit „aus branchenüblichem Versorgungsdruck“ abgeschlossen worden,
       heißt es in einem Informationsmemorandum, das vor den entscheidenden
       Sitzungen an die Gläubiger verteilt wurde. Heute belasteten die Verträge
       „aufgrund nicht mehr marktgerechter Konditionen die Solarworld AG“. Ferner
       solle ein „globales Warengruppenmanagement“ helfen, die Einkaufspreise für
       Materialien und Komponenten durch Preisnachverhandlung zu senken. Einen
       Personalabbau zur Anpassung an reduzierte Produktionsmengen bei Vertrieb,
       Verwaltung und Marketing habe das Unternehmen „bereits weitgehend
       umgesetzt“.
       
       Außerdem setzt Solarworld auf die Verschmelzung von Konzerngesellschaften,
       plant weniger Ausgaben für Marketing und eine Reduktion der TV- und
       Medienpräsenz. Auch eine geringere Vorstandsvergütung – der
       Vorstandsvorsitzende Frank Asbeck hatte im Juli 2012 seinen Verzicht auf
       seine Festvergütung angekündigt – steht im Sanierungsplan. Eine variable
       Vorstandsvergütung bezahlt die Firma aktuell ohnehin nicht, da diese an die
       Ausschüttungsmöglichkeiten der Gesellschaft geknüpft ist. Asbeck bleibt
       Chef und wichtiger Aktionär, der rund 20 Prozent halten will. Neu
       einsteigen soll die Solarfirma Qatar Solar mit einem Anteil von 29 Prozent
       für 35 Millionen Euro.
       
       „Das Sanierungskonzept ist eine Chance für Solarworld“, sagt Analyst Andrew
       Murphy von der Bonner Murphy & Spitz Green Research. Ob das
       Solarunternehmen mit seiner Produktion aber weiterhin in Deutschland stark
       vertreten bleibe, stehe auf einem anderen Blatt: „Solarworld ist global
       aufgestellt und wird sich in Zukunft verstärkt dort hin orientieren, wo die
       Märkte sind – etwa nach Amerika.“
       
       In Deutschland nämlich sei die Situation für die Solarbranche inzwischen
       recht schlecht. Und es bestehe die Gefahr, dass sie nach der Bundestagswahl
       noch schlechter werde: „Vermutlich wird es weitere Einschnitte geben“.
       Inzwischen gingen viele deutsche Technologiefirmen mit ihrer Produktion ins
       Ausland.
       
       8 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
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