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       # taz.de -- Eishockeystar Felski im Interview: „Du lernst erst zu gewinnen, wenn du verlierst“
       
       > Eisbär Sven Felski beendet seine Karriere. Ein Gespräch über
       > Vereinstreue, Ost-Fans und ein Wohnzimmer aus Wellblech.
       
   IMG Bild: Frank Hoerdler, Richard Regehr und Sven Felski (v.l.n.r.) nach dem Gewinn der Meisterschaft im April 2012.
       
       taz: Herr Felski, die NDW-Band Grauzone sang einmal „Eisbär’n müssen nie
       weinen“. Bei dem Spiel am Samstag wird das schwierig, oder? 
       
       Sven Felski: Ich habe mir da noch nicht so viele Gedanken drüber gemacht.
       Es kann durchaus sein, dass die eine oder andere Träne kommt. Es wird
       emotionale Momente geben, ist ja klar nach so vielen Jahren.
       
       Wie war es im vergangenen Oktober für Sie, als Ihnen der Vereinsarzt sagte,
       es sei besser aufzuhören? 
       
       Vielleicht war es das richtige Signal des Körpers zur rechten Zeit.
       Insgesamt bin ich gut durch 20 Jahre Profi-Eishockey gekommen – die eine
       oder andere langwierige Verletzung ist ja normal. Und es scheint ein guter
       Zeitpunkt, um abzutreten.
       
       Warum? 
       
       Vom Verlauf meiner Karriere geht’s eigentlich gar nicht besser: In den
       vergangenen Jahren wurden wir immer erfolgreicher, es ging stetig aufwärts.
       In den ersten sieben oder acht Jahren habe ich eine Zeit erlebt, wo der
       Verein finanzielle und sportliche Probleme hatte, wo wir gar nicht
       erfolgreich waren. Aber auch das prägt einen Menschen.
       
       Inwiefern? 
       
       Manche kennen die Situation des Misserfolgs gar nicht, auch Spieler, die
       jetzt im Verein sind. Die kamen erst kürzlich nach Berlin und kennen es nur
       so, wie es jetzt ist. Ich glaube, es ist wichtig zu lernen, mit Niederlagen
       und Tiefpunkten umzugehen. Du lernst erst zu gewinnen, wenn du mal verloren
       hast.
       
       Und in den 90ern haben Sie öfter verloren. 
       
       Ja.
       
       Haben Sie auch mal gedacht: Jetzt hab ich keine Lust mehr? 
       
       Ich musste fast 31 werden, bis ich das erste Mal Meister wurde. Da fragt
       man sich schon: Schaffst du das eigentlich nie? Ein bisschen Hockey spielen
       können wir ja auch. Aber wenn man dem Verein im Misserfolg treu bleibt und
       dann noch so oft Meister wird, ist es umso schöner.
       
       Welche Spiele sind Ihnen am besten in Erinnerung? 
       
       Es sind viele Situationen, die man im Kopf hat. Zum Beispiel aus der
       allerersten Saison überhaupt, im Jahr 1992. Und dann natürlich, als wir
       2005 erstmals Deutscher Meister wurden.
       
       Können einen nach all den Jahren schmerzhafte Niederlagen wie die bei den
       Playoffs 2010 gegen Augsburg noch schocken? 
       
       Gerade durch meine Vorgeschichte bei den Eisbären konnte ich das sehr gut
       verarbeiten.
       
       Wegen Ihrer Treue zum Verein wurden Sie mal als „Auslaufmodell in einer
       globalisierten Sportwelt“ bezeichnet. 
       
       Ich bin 20 Jahre als Profi im selben Verein gewesen. Außer Mirko Lüdemann
       bei den Kölner Haien und mir gibt es das ja kaum noch. Mein Bestreben war
       es immer, mit dem Heimatverein unsere Sportart zu vertreten. Nicht nur in
       Berlin, sondern im ganzen Land. Du liebst ja deine Sportart, da willst du
       die auch nach vorn pushen.
       
       Was kann Eishockey noch weiter nach vorne bringen? Spiele wie jenes im
       Januar im Nürnberger Fußballstadion? 
       
       Ich glaube, so etwas funktioniert nicht jedes Jahr.
       
       Es gab Überlegungen, auch in Berlin mal ein Spiel in einem Fußballstadion
       auszutragen. Könnten Sie sich ein Match im Union-Stadion vorstellen? 
       
       Das wäre eine Möglichkeit, aber erst mal wäre es vielleicht in Köln oder
       Düsseldorf realistischer.
       
       Jetzt spielen Sie ein letztes Mal im Wellblechpalast. Was ist das Besondere
       an dieser Halle? 
       
       Für mich persönlich ist es mein Wohnzimmer. Hier habe ich mit drei oder
       vier Jahren mit Eiskunstlauf begonnen, hier halte ich mich seit über
       dreißig Jahren auf. Und dann war der Wellblechpalast immer die lauteste
       Spielarena. Es war eine unglaubliche Stimmung hier. Das sagen nicht nur die
       Berliner.
       
       Hat Eishockey eine große Rolle für den Stadtteil Hohenschönhausen gespielt? 
       
       Es war erst ein lokales Phänomen und ist dann gewachsen. Als wir zum ersten
       Mal Meister wurden, hatte man noch das Gefühl, es ist ein lokaler Verein.
       Jetzt sind wir ein Berliner Verein. Auch wenn ich nicht mehr hier wohne
       [Felski lebt heute in Pankow, d. Red.], fühle ich mich noch sehr verbunden
       mit dem Stadtteil.
       
       Wie war der Wechsel in die große Arena 2008? 
       
       Für den Verein war sie notwendig. Wir haben die modernste Halle in
       Deutschland, vielleicht in Europa. Für die Weiterentwicklung des Clubs war
       es wichtig – etwa wenn man wie derzeit European Trophy spielt.
       
       Aber man hat auch in der vergangenen Saison gesehen, welche Konflikte die
       Kommerzialisierung mit sich bringt. 
       
       Da ging es um die Ticketpreise, die wurden vier Jahre gar nicht erhöht, das
       hätte man vorher verhindern können. Dann wäre es nicht so eskaliert. Ich
       glaube, die meisten Fans haben eingesehen, dass es notwendig ist.
       
       Warum ist aus Ihnen eigentlich kein Eiskunstläufer geworden? 
       
       Ich hab sieben Jahre Eiskunstlauf gemacht, aber die künstlerische Ader war
       nicht wirklich vorhanden. Die Trainer haben gesagt: Alles schön und gut mit
       den Sprüngen, aber wie du dir hier die Handgelenke verdrehst, das
       funktioniert nicht. Ich hab das Schlittschuhlaufen dadurch aber perfekt
       erlernt.
       
       Und wann kamen Sie zum Eishockey? 
       
       Mit elf Jahren.
       
       Haben Sie sich damals schon die Spiele der ersten Mannschaft angeschaut? 
       
       Ja klar.
       
       Immer gegen Weißwasser. 
       
       Genau. Wenn man die beiden Teams gesehen hat, hat man immer schon die
       besten Spieler gesehen.
       
       Damit wären wir bei der DDR-Zeit. Stört es Sie, wenn der Verein immer noch
       mit dem alten Ostteil Berlins und dem Osten generell assoziiert wird? 
       
       Schon. Alle sagen immer, wir sollen mal eine Stadt und ein Land werden und
       zusammenwachsen, deshalb finde ich solche Zuschreibungen daneben. Wenn die
       Fans „Dynamo“ rufen, habe ich kein Problem, das ist die Tradition des
       Vereins. Aber „Ost-Ost-Ost-Berlin“ finde ich nicht in Ordnung. Wir sind der
       Berliner Eishockeyverein.
       
       Ab Montag sind Sie einfach nur Sportstudent. Wie behagt Ihnen denn das
       Studentenleben? 
       
       Erst mal bin ich der Älteste in meiner Klasse, leider Gottes mit Abstand.
       Das ist aber auch interessant, weil die Kommilitonen alles nur aus der
       Theorie kennen und die Praxis fast gar nicht. Bei mir ist es genau
       umgekehrt.
       
       Fühlen Sie sich überqualifiziert nach so langer Zeit als Profi? 
       
       Nein, ich lerne ja auch dazu. Ich habe zum Beispiel noch nie eine
       Hausarbeit geschrieben.
       
       Bekommen Sie nun auch Einblick in Sportarten, die Ihnen vorher fremd waren? 
       
       Nein, ich war eigentlich immer sehr sportaffin. Basketball und Fußball habe
       ich sowieso verfolgt.
       
       Heute sind Sie für viele Berliner Eishockeyspieler ein Vorbild. Hatten Sie
       auch mal ein Idol? 
       
       Nein. Mich haben immer viele Sportler interessiert, das war nicht auf einen
       beschränkt. Mich hat eher interessiert, was aus den Leuten aus unserer
       Schule am Sportforum geworden ist. Stefan Kretzschmar, Claudia Pechstein,
       Franziska van Almsick und ich – wir waren ja alle hier.
       
       Wird Sven Felski mal Trainer der Eisbären Berlin? 
       
       Man soll ja nie nie sagen, aber erst mal ist es nicht auf der Agenda.
       Wichtig ist eher, dass man dem Verein erhalten bleibt. Auf welche Weise,
       ist zweitrangig.
       
       8 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jens Uthoff
       
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