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       # taz.de -- Krise in Ägypten: Mit Keksen gegen den Putsch
       
       > Nach dem vorläufigen Scheitern der Diplomatie bereiten sich die Anhänger
       > Mohammed Mursis auf weitere Proteste vor. Vermittler reden offen von
       > einem Putsch.
       
   IMG Bild: Bereit zum Feiern: Die Proteste werden wohl trotz des Ramadanfests weitergehen.
       
       KAIRO taz | Nachdem es tagelang so aussah, als könnte ein größerer Konflikt
       mithilfe internationaler Vermittlung in Ägypten abgewendet werden, sind die
       Bemühungen der internationalen Diplomatie in Kairo ins Stocken geraten.
       
       Alle Seiten erhöhen jetzt den Druck. Die internationalen Vermittler reden
       inzwischen offen von einem Putsch. Der ägyptische Übergangspräsident
       erklärt die Vermittlungen offiziell für gescheitert, und die Muslimbrüder
       machen keinerlei Anstalten, ihre Proteste zu beenden.
       
       In der Erklärung von Mittwoch macht der Präsident die Muslimbrüder für das
       Scheitern der Vermittlungen verantwortlich: „Die diplomatischen Bemühungen
       sind zu Ende. Der Staat hat die Versuche, die Muslimbrüder zur Beendigung
       der Gewalt und zur Beendigung der Proteste zu bewegen, bis zum Ende
       ausgereizt“, heißt es.
       
       Gleichzeitig scheint den internationalen Vermittlern auch der Geduldsfaden
       zu reißen, was das ägyptischen Militär angeht. Hatten sie bislang die
       Ereignisse in Ägypten offiziell nicht als Militärputsch qualifiziert,
       fanden die US-Senatoren John McCain und Lindsey Graham bei einer
       Pressekonferenz am Dienstagabend in Kairo erstmals deutliche Worte.
       
       Gefragt, ob es sich um einen Militärputsch handle, antwortete McCain: „Wenn
       es aussieht wie eine Ente und schnattert wie eine, dann ist es eine Ente.“
       Sein Senatorenkollege Graham erklärte: „Die jetzige Regierung ist nicht
       gewählt, und die gewählte ist im Gefängnis.“ In einer Demokratie müsse man
       zusammensitzen und miteinander reden. „Es ist unmöglich, mit jemanden zu
       reden, wenn er im Gefängnis sitzt“, fügte Graham hinzu.
       
       ## McCain warnt vor Blutbad
       
       Die Mursi-Anhänger setzen ihre Proteste unterdessen fort. „Mursi, Mursi!“,
       „Allah ist groß!“ und „Nieder mit der Militärherrschaft“, rufen die Frauen
       bei einem Sitzstreik vor der Kairoer Universität, während sie den Teig für
       die Festtagskekse anrühren und diese auf Dutzenden Backblechen in einen
       Ofen auf der Straße schieben. Die Kekse sind ein Symbol dafür, dass die
       Muslimbrüder ihre Proteste fortsetzen wollen. Denn gebacken werden sie für
       das dreitägige Fest, das am Donnerstag den Fastenmonat Ramadan beendet.
       
       Manche der ägyptischen Liberalen haben schon seit Tagen gegen die
       internationale Vermittlung gewettert. „Jeden Tag kommt jemand anderes aus
       dem Ausland und will uns dazu bringen, das Gesetz gegen die Muslimbrüder
       nicht anzuwenden. Wie kann man mit jemanden verhandeln, der vor Gericht
       gestellt gehört“, sagt der prominente Schriftsteller Alaa al-Aswani
       gegenüber der taz.
       
       Auf der Pro-Mursi-Demonstration haben sie dagegen ganz andere
       Vorstellungen, wer ins Gefängnis gehört. Dazu haben sie ein besonderes
       Backblech vorbereitet. Im Teig steht: „Willkommen Bairam-Fest“ und
       „Militärchef El-Sisi wird am Ende in Handschellen gehen“.
       
       US-Senator McCain hat Kairo inzwischen wieder verlassen, nicht ohne in
       einem Interview mit CBS eine deutliche Warnung hinterlassen zu haben. „Oh
       Gott, ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm ist. Diese Leute sind nur
       noch Tage oder Wochen von einem großen Blutbad entfernt“.
       
       Auch Vizeaußenminister William Burns verließ am Mittwoch das Land. Er gab
       keinerlei Erklärung oder Kommentar ab. Burns hatte es sich explizit zur
       Aufgabe gemacht, ein erneutes Blutvergießen zu verhindern.
       
       7 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Karim Gawhary
       
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