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       # taz.de -- Neuer Tagesthemen-Anchorman: Allzu freundliche Übernahme
       
       > Ab Montag moderiert der frühere Russland-Korrespondent Thomas Roth die
       > „Tagesthemen“ in der ARD. Zuvor lobt er wie ein Fußballtrainer sein Team.
       
   IMG Bild: Fototermin überstanden, jetzt kann es losgehen: Thomas Roth.
       
       Dass Hannelore Gadatsch, Gisela Mahlmann und Alexander von Bentheim jemals
       als Stars wahrgenommen wurden, lässt sich nicht behaupten. Dabei gehörten
       sie zwischen 1978 und 1985 zum Moderatoren-Team der „Tagesthemen“. Es waren
       allerdings Zeiten, als Journalisten, die Nachrichten präsentierten, noch
       als Dienstleister galten, um die man nicht viel Aufhebens machte.
       
       Am vergangenen Donnerstag dagegen setzte der für die Sendung zuständige NDR
       extra ein Pressegespräch an, weil Thomas Roth am Montag seinen ersten
       Auftritt als Tom-Buhrow-Nachfolger hat.
       
       Der 61-jährige Roth, der mehrere Episoden als ARD-Korrespondent in Moskau
       hinter sich hat und zuletzt das Studio in New York leitete, kommt in eine
       Sendung, der es gerade prima geht. Im ersten Halbjahr 2013 haben im Schnitt
       2,56 Millionen Menschen eingeschaltet – das beste Ergebnis in der
       35-jährigen Geschichte der „Tagesthemen“.
       
       Künftig, sagt Roth, sitze er auf demselben Stuhl wie einst der von ihm sehr
       verehrte Hanns Joachim Friedrichs, der die Sendung sechs Jahre lang
       moderierte. Ihm fühlt sich Roth verbunden, weil er der Erste war, der 1995
       den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis verliehen bekam – für seine
       Korrespondententätigkeit in Moskau. Der Namengeber hatte auf seinem
       Sterbebett noch bestimmt, dass Roth den Preis bekommen sollte. Er empfinde
       angesichts des neuen Jobs daher „eine gewisse Demut, so altmodisch es sich
       auch anhört“, sagt Roth.
       
       Tatsächlich ist das in diesem Kontext eher eine neumodische Formulierung,
       weil dadurch der Job des „Tagesthemen“-Moderators auf eine Weise überhöht
       wird, die sich in den frühen Jahren der Sendung niemand hat vorstellen
       können. Erst einmal lobt Roth nun, wie ein Fußballtrainer vor einem neuen
       Engagement, das Team, das er vorfindet.
       
       ## Teamplayer in der Nachrichten-Mannschaft
       
       In einem „unheimlich professionellen Nachrichtenzentrum“ arbeite er jetzt,
       sagt er, und der Moderatorin-Kollegin Caren Miosga bescheinigt er eine
       „großartige Sprache“. Die Auskunft, er sei ein „Teamplayer“, fehlt auch
       nicht. Kommt es eigentlich auch vor, dass sich jemand bei seinem Jobantritt
       als „Einzelspieler“ bezeichnet?
       
       Bei Roths Äußerungen an Fußball zu denken liegt nahe, denn seine Premiere
       findet im Rahmen eines Firlefanz-Kicks statt. Der Viertligist BSV SW Rehden
       trifft in Osnabrück in der ersten Runde des DFB-Pokals auf den FC Bayern,
       wofür die ARD 138 Minuten Sendezeit eingeplant hat. Für die „Tagesthemen“
       sind sieben Minuten in der Halbzeitpause vorgesehen. Es ist also der größte
       Tag in der Geschichte des Ballsportvereins Schwarz-Weiß Rehden und einer
       der größten Tage in der Berufslaufbahn des Journalisten Thomas Roth, die
       natürlich noch andere Höhepunkte aufweist.
       
       Schließlich hat er ein paar Mal den Hauch des Mantels der Geschichte
       gespürt: Als er Korrespondent in Südafrika war, hat er Nelson Mandela
       unmittelbar nach seiner Freilassung in dessen „Matchbox-Haus“ interviewt,
       und bald darauf, während Roths erster Arbeitsphase in Moskau, „brach die
       Sowjetunion zusammen“.
       
       Dieser schwarz-weiß-rothe Abend ist symptomatisch für die ARD: Da hat man
       einen nach allen Maßstäben des öffentlich-rechtlichen Systems
       spitzenmäßigen Journalisten als neues Gesicht einer nach allen Maßstäben
       des Systems spitzenmäßigen Informationssendung verpflichtet – und serviert
       die Premiere dann als Sättigungsbeilage für Fußballfans, die alles
       weggucken.
       
       5 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR René Martens
       
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