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       # taz.de -- Nach Berlusconis Schuldspruch: Italien vor Regierungskrise
       
       > Die Partei von Silvio Berlusconi droht, die Koalition platzen zu lassen.
       > Sie fordert von Staatspräsident Napolitano eine Amnestie. Am Sonntag
       > steht ein gemeinsames Treffen an.
       
   IMG Bild: Die Truppen fest geschlossen: Berlusconi mit PdL-Politikern im März
       
       ROM dpa | Die Abgeordneten und Minister von Silvio Berlusconis Partei
       provozieren nach dem Schuldspruch gegen ihre Leitfigur eine Regierungskrise
       in Italien. Sie drohen mit Rücktritt, sollte es für den 76-Jährigen nach
       seiner rechtskräftigen Verurteilung zu vier Jahren Haft nicht noch eine
       Begnadigung geben. „Entweder schafft es die Politik, Lösungen zu finden
       (...), oder Italien riskiert wirklich eine Form des Bürgerkriegs mit
       ungewissen Folgen für alle“, sagte Sandro Bondi, Senator von Berlusconis
       Partei Volk der Freiheit (PdL), am Samstag.
       
       Nach einer Krisensitzung der PdL hatten die Parlamentarier am späten
       Freitagabend ein Ultimatum gestellt: Wenn Staatspräsident Giorgio
       Napolitano keine Amnestie für Berlusconi erlässt, wollen die Minister und
       Abgeordneten der Regierungspartei ihre Ämter aufgeben. „Wenn es darum geht,
       unsere Ideale zu verteidigen (...), sind wir zum Rücktritt bereit,
       beginnend mit den Ministern der Regierung“, sagte Parteichef Angelino
       Alfano.
       
       Das Kabinett von Regierungschef Enrico Letta wird von einer Koalition aus
       Berlusconis konservativer PdL und der linken Demokratischen Partei (PD)
       getragen. Sollten die PdL-Politiker ihre Drohung wahr machen, wäre die
       Regierung in dem Krisenland am Ende.
       
       Napolitano kehrte am Samstag aus seinem Urlaub in Südtirol nach Rom zurück.
       Am Sonntag wollten ihn die PdL-Fraktionsvorsitzenden im Senat und im
       Abgeordnetenhaus, Renato Brunetta und Renato Schifani, treffen und ihm die
       Forderungen übermitteln.
       
       ## PdL-Demonstration am Sonntag
       
       „Es ist nicht möglich zu glauben, den Führer der größten italienischen
       Partei seiner Freiheit zu berauben, seiner politischen Freiheit, das passt
       nicht zur Demokratie“, betonte Brunetta. Am Sonntagabend soll es in Rom
       eine Demonstration für Berlusconi geben. Einige Minister haben sich
       angekündigt, auch der Ex-Regierungschef selbst könnte teilnehmen.
       
       Regierungschef Letta hatte die Parteien am Freitag zur Vernunft aufgerufen
       und an ihre Verantwortung appelliert. Auch PD-Minister versuchten zu
       beschwichtigen. Flavio Zanonato, Ressortchef für wirtschaftliche
       Entwicklung, sagte: „Natürlich ist dort ein bisschen Unsicherheit, aber es
       bleibt die einzige Regierung, die wirtschaftliche Entwicklung und soziale
       Gerechtigkeit verbindet.“
       
       Lettas Partei kritisierte die Berlusconi-Vertrauten für ihre Drohung. „Von
       der PdL kommen beängstigende Vorschläge: Den Staatspräsidenten um eine
       Sache wie Begnadigung zu bitten, heißt, ihn unter unrechtmäßigen Druck zu
       setzen“, kritisierte Parteichef Guglielmo Epifani. „Die PdL will uns die
       Verantwortung für den Bruch der Regierung zuschieben, den sie begehen
       will.“ Seine Partei müsse sich nun auf alles vorbereiten, forderte Epifani.
       
       ## „An der Grenze zum Umsturz“
       
       Besonders die Bürgerkriegs-Äußerung von Berlusconis PdL-Gefährten Bondi
       sorgte im politischen Rom für Aufregung. „Die Worte sind an der Grenze zum
       Umsturz“, kritisierte Vize-Wirtschaftsminister Stefano Fassina (PD). Der
       Quirinalspalast des Präsidenten verurteilte die Aussagen laut
       Nachrichtenagentur Ansa als „unverantwortliche Erklärungen.“ Bondi sagte
       daraufhin, er lasse sich nicht den Mund verbieten.
       
       Auch von Neuwahlen war am Samstag in Italien bereits die Rede, Berlusconi
       soll damit bei dem Krisentreffen seiner Partei gedroht haben, wenn es keine
       Justizreform in Italien gebe. Nach Angaben von Reform-Minister Gaetano
       Quagliariello soll Berlusconi aber auch deutlich gemacht haben, dass die
       Interessen des Landes jetzt vorgehen müssten. „Keine übereilten
       Entscheidungen“, habe er gesagt.
       
       Berlusconis Partei stellt fünf Minister, der 76-Jährige selbst ist nicht
       Kabinettsmitglied. Bei den Linken gibt es viel Widerstand gegen die
       Zusammenarbeit mit Berlusconi, der mit dem Schuldspruch wegen Steuerbetrugs
       ein verurteilter Straftäter ist. Er war am Donnerstag in letzter Instanz zu
       vier Jahren Haft verurteilt werden. Am Samstag wurde wie erwartet
       Berlusconis Pass in Rom von der Polizei eingezogen. Über ein Ämterverbot
       für den dreimaligen Regierungschef muss hingegen noch neu verhandelt
       werden.
       
       3 Aug 2013
       
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