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       # taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Verwunschener Regenbogen
       
       > Homosexuellen Sportlern droht bei den Olympischen Spielen in Sotschi eine
       > strafrechtliche Verfolgung. Auf Hilfe des IOC können sie nicht hoffen.
       
   IMG Bild: Putin gibt sich unauffällig und schiebt die Verantwortung ab
       
       Dieser Artikel enthält Informationen, die laut russischem Recht nicht für
       ein Publikum unter 18 Jahren geeignet sind. Nach deutschem Recht können Sie
       aber getrost weiterlesen. 
       
       Wenn Wladimir Putin in diesen Tagen dem Wodka zusprechen sollte, dann wird
       er gewiss nicht zur Marke Stolichnaya greifen. Der Hersteller hat sich mit
       der schwul-lesbischen Gemeinde solidarisiert. Auch Sportminister Witali
       Mutko dürfte speziell diesen Hochprozentigen meiden wie der Teufel das
       Weihwasser. Mutko war es, der am Donnerstag ankündigte, dass Russlands
       Antihomosexuellengesetz nun doch während der Olympischen Spiele von Sotschi
       im kommenden Februar gelte.
       
       „Niemand verbietet Athleten mit nichttraditioneller sexueller Orientierung,
       nach Sotschi zu kommen, aber wenn sie diese auf der Straße propagieren,
       werden sie dafür zur Verantwortung gezogen“, drohte Mutko. Zuvor hatte es
       geheißen, das Gesetz sei für den Zeitraum der Spiele nicht gültig, was die
       russische Schwulengemeinde dazu inspiriert hatte, einen Festumzug durch
       Sotschi anzukündigen.
       
       Per Dekret steht seit Juni in Russland die Verbreitung von Informationen
       über Homosexualität an Minderjährige unter Strafe. Ausländer, die gegen den
       Passus verstoßen, können mit umgerechnet rund 120 Euro bestraft werden und
       unter Umständen für 15 Tage unter Arrest gestellt oder des Landes verwiesen
       werden.
       
       ## Partner im Geiste: Russland und das IOC
       
       Wird also möglicherweise ein Eiskunstläufer während der Winterspiele
       abgeführt, weil er mit einer Regenbogenfahne durchs olympische Dorf
       spaziert? Wird Blake Skjellerup, ein schwuler Eisschnellläufer, arretiert,
       weil er, wie der neuseeländische Athlet gestern ankündigte, mit einem
       Rainbow-Pin starten will? Werden Athleten drangsaliert, weil sie ein rotes
       Schleifchen tragen? Das ist nicht leicht zu beantworten, weil sich in
       Sotschi ein Staat im Staate einnisten wird – beide sind nicht unbedingt
       demokratisch verfasst.
       
       In manchen Dingen fühlt sich das Internationale Olympische Komitee mit
       Russland verbunden: Das IOC kann darauf vertrauen, dass sich der Gastgeber
       dem Regelwerk des IOC unterwirft, Russland darf im Gegenzug damit rechnen,
       dass das IOC alles Politische bei den Spielen ausmerzt; das hat schließlich
       auch in Peking prima geklappt.
       
       Es wird wieder einmal die bizarre Trennung von Sport und Politik
       zelebriert. Interessant wird sein, ob die Unterstützung von Schwulen und
       Lesben vom IOC als politische Meinungsäußerung angesehen wird. Es heißt, im
       IOC fühlten sich einige Herren vor den Kopf gestoßen, weil Russland
       angeblich zu einem Zugeständnis bereit war.
       
       Gut möglich, dass Putin seinem Sportminister die Rolle des Bad Guys
       zugedacht hat, um sich selbst nicht die Finger schmutzig zu machen. Das
       IOC, so viel ist sicher, wird sich nicht zum Anwalt der Schwulengemeinde
       aufschwingen. Und Putin sitzt eh am längeren Hebel. Aber er möchte
       keinesfalls so ein Imagedesaster erleben wie die Ukraine bei ihrer
       Fußball-EM. Wie peinlich es für ihn werden könnte, beweist allein dieser
       Witz: Der US-Sprinter Tyson Gay (!) sei nur deshalb positiv auf eine
       Dopingsubstanz getestet worden, damit er bei der in der nächsten Woche
       beginnenden Leichtathletik-WM nicht antritt. Sie findet in Moskau statt.
       
       3 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
       ## TAGS
       
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