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       # taz.de -- Die Wahrheit: Mein Leben als Teilzeit-Royalist
       
       > Seit Jahrzehnten pflege ich ein enges Verhältnis zum englischen
       > Königshaus, das manchmal sogar zum Erbrechen führt.
       
   IMG Bild: Da liegt es nun, das arme Ding / und harrt der Namensfindung. /
       
       In meiner ersten Wahrheit-Kolumne vor zwölf Jahren ging es um einen „Mug“
       mit dem Bild der englischen Königin. Dieser Becher war neun Jahre zuvor zum
       40-jährigen Thronjubiläum der Queen im Jahre 1992 hergestellt und mir von
       meiner in England lebenden Schwester übereignet worden, weil sie wusste,
       dass ich auf solch trashigen Kokolores stehe. Der Mug existiert immer noch,
       wobei Elisabeth darauf kaum noch zu erkennen ist, was daran liegt, dass ich
       den Becher immer in der Spülmaschine reinige. Ich prophezeite damals, dass
       ihr Bild auf dem Getränkebehältnis irgendwann ganz verblassen würde – und
       dann, ja erst dann könne Charles den Thron besteigen …
       
       Überhaupt habe ich ein enges Verhältnis zum englischen Königshaus. Das hat
       vermutlich damit zu tun, dass meine Familie früher im Londoner
       Diplomatenviertel Kensington lebte. Meine Mutter erzählte mir später gern,
       wie sie als Gattin des jordanischen Militärattachés zur alljährlichen
       „Garden Party“ der Königin eingeladen wurde. Dazu muss man allerdings noch
       erwähnen, dass Muttchen nach ihrer Scheidung sozial und finanziell
       abstürzte und ich diese Geschichten in einer Neue-Heimat-Siedlung in Kassel
       erzählt bekam, weil sie sich als Putzfrau nur eine Sozialwohnung leisten
       konnte.
       
       Kurzzeitig hatte ich den Verdacht, sie habe sich das alles nur ausgedacht,
       aber meine Recherchen bestätigten ihre Storys. Leider aber gibt es keine
       Fotos, auf denen meine Mutter der Queen diskret eine Damenbinde reicht oder
       ihr von hinten Fingerhasenohren an den Kopf hält, aber trotzdem wird mir
       stets, wenn ich die Royals im TV sehe, geradezu familiär ums Herz.
       
       Dazu passt auch, dass Charles und Diana mir den ersten Vollrausch meines
       Lebens verpassten. Denn just am Tag ihrer Hochzeit, dem 29. Juli 1981,
       befand ich mich, fünfzehnjährig, auf der Rückreise von London nach
       Frankfurt, an Bord einer British-Airways-Maschine. Zur Feier des Tages gab
       es Sekt satt. Umsonst. Immer wieder ließ ich mir meinen Plastikkelch von
       den englischen Stewardessen nachfüllen, die anscheinend noch nie etwas von
       Jugendschutz gehört hatten.
       
       Zwar hatte ich vorher auch schon mal Alkohol getrunken, da ich das Gefühl
       aber nur mäßig interessant fand, nie exzessiv. Dementsprechend untrainiert
       war ich. Nach sieben oder acht Sektchen erhob ich mich – ein langhaariger
       putziger kleiner Neo-Hippie – und formulierte auf Englisch einen ungelenken
       Toast auf das königliche Paar. Das fanden die anderen, vornehmlich
       britischen Fluggäste so niedlich und ergreifend, dass sie in spontanen
       Applaus ausbrachen. Ich setzte mich und bestellte noch ein Glas.
       
       In Frankfurt erbrach ich mich kurz vor der Passkontrolle in einen
       Mülleimer. Anschließend verbrachte ich drei Stunden im Sanitätsraum, bevor
       ich mich wackligen Schrittes auf die Heimreise nach Nordhessen begeben
       konnte.
       
       Auf die Geburt von George Alexander Louis habe ich aufgrund einer Gastritis
       nur mit chinesischem Heilkräutertee anstoßen können. Besser so.
       
       30 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hartmut El Kurdi
       
       ## TAGS
       
   DIR Britisches Königshaus
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