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       # taz.de -- Der sonntaz-Streit: Darf man bei Hitze blaumachen?
       
       > Es gibt keine Siesta in Deutschland, keine Klimaanlagen, keine
       > fensterlosen Behausungen. Da hilft nur Selbsthilfe – oder?
       
   IMG Bild: Blau machen? Auf jeden Fall.
       
       Die Luft glüht, legt sich wie eine dicke warme Daunendecke auf die
       Menschen. Man will an den See, in den Park, nur nicht ins Büro. Denn dort
       fühlt man sich wie in einem Gewächshaus, wie ein Hähnchen am Grill, wie
       während eines porenreinigenden Dampfbads. Und trotzdem geht man, jeden Tag.
       Muss das wirklich sein?
       
       Deutschland ist nicht auf diese Temperaturen vorbereitet: Es gibt keine
       Siesta, keine Lehmmauern. Stattdessen Häuser aus Beton mit großen
       Glasfassaden und intensiver Sonneneinstrahlung.
       
       Mit dem Eintritt ins Berufsleben sind die Zeiten von Hitzefrei vorbei. Von
       Arbeitnehmern wird verlangt, dass sie jeden Tag pünktlich in ihrer
       Arbeitsstätte, meist im Büro, aufkreuzen und dort den ganzen Tag sitzen und
       schwitzen. Obwohl sie jenseits der 26-Grad-Marke kaum leistungsfähig sind.
       
       Eine Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
       zeigt, dass die Leistung signifikant sinkt, wenn die Raumtemperatur über
       dem „Behaglichkeitsbereich“ liegt, also über 27 Grad. Durch „Anpassung von
       Bekleidung, körperlicher Aktivität und Luftgeschwindigkeit“ lasse er sich
       auf 28 Grad ausdehnen. Ein „unbekleideter Mensch“ im Ruhezustand fühle sich
       ab 30 Grad nicht mehr behaglich, so die Studie. Es steigen Hauttemperatur
       und Herzfrequenz, die Bereitschaft sich anzustrengen nehme ab und die
       Schläfrigkeit zu.
       
       Die Technische Regel für Arbeitsstätten besagt: 26 Grad darf die
       Lufttemperatur in Arbeitsräumen nicht übersteigen. Und schiebt gleich
       hinterher, dass diese Regel nicht gilt, wenn die Außentemperatur 26 Grad
       übersteigt.
       
       Man kann natürlich krank machen. Sommergrippe – so was Blödes! Bei dem
       guten Wetter! Das Simulieren gelingt aber nicht allen so gut. Und den
       freien Tag am Badesee kann man dann auch nicht richtig genießen, weil man
       ständig darüber nachdenkt, dass man die Kolleginnen und Kollegen im Stich,
       im Gewächshaus zurückgelassen hat - mit noch mehr Arbeit. Und der nächste
       Morgen ist auch eher unangenehm; nämlich dann, wenn alle fragen, ob es
       schon besser gehe.
       
       Außerdem sind wir davon abhängig, dass Menschen trotz tropischer
       Temperaturen für uns arbeiten. Man stelle sich vor, die Müllabfuhr ließe
       uns mit den gärenden Abfällen alleine. Oder der lang ersehnte Brief kommt
       wegen übermäßiger Sonneneinstrahlung mit drei Wochen Verspätung an. Ganz zu
       schweigen von Ärzten, die uns bei Hitzeschlag behandeln, Bademeistern,
       Eisverkäufern...
       
       Und dennoch. Täglich grüßt das Thermometer und schon beim Aufwachen können
       wir nur an eines denken: Darf man bei Hitze blau machen?
       
       Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten
       Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom
       3./4. August. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen. Oder schicken
       Sie uns bis Mittwoch, 31. Juli, eine Mail mit Name, Foto und Alter an:
       streit@taz.de
       
       30 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Laura Hofmann
       
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