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       # taz.de -- Gentechnik soll Bienen retten: Den Teufel mit Monsanto austreiben
       
       > Die Varroa-Milbe bedroht Honigbienen und vernichtet ganze Bienenvölker.
       > Monsanto will den Schädling mit Mitteln der Gentechnik bekämpfen und
       > erntet Kritik.
       
   IMG Bild: Die Varroa-Milbe klammert sich an die Biene, schneidet sie auf, um ihr Blut zu saugen.
       
       BERLIN taz | Der Agrarkonzern Monsanto will mit Gentechnik das
       Bienensterben bekämpfen. Er will gentechnisch veränderte
       Ribonukleinsäure-Interferenz (RNAI) gegen die Varroa-Milbe einsetzen, die
       als der gefährlichste Parasit der Honigbiene gilt.
       
       RNAI stellt bei Tieren und Pflanzen einen Abwehrmechanismus gegen Viren da.
       Zugeführt werden soll den Bienen nun eine RNAI-Lösung mit Hilfe von
       Zuckerwasser. Diese soll durch die Arbeiterinnen, welche mit der Brut und
       Aufzucht beschäftigt sind, in den Waben verteilt werden, wo sie von den
       befruchteten Eiern aufgenommen wird. Entwickelt wurde die Lösung von
       Beeologics. Die israelische Firma ist 2011 Teil von Monsanto.
       
       Hat die in der Lösung enthaltene RNA die richtige genetische Abfolge, ist
       sie für die Larven harmlos, schadet aber den Milben. Diese ernähren sich
       vom Blut der Larven im Stock, was das Heranwachsen junger Bienen behindert.
       Zudem übertragen sie beim Einstechen und Saugen Krankheiten von Biene zu
       Biene und zerstören so ganze Völker.
       
       „Unsere biologische Forschung ist in einem frühen Stadium“, sagt ein
       Monsanto-Sprecher. Es sei verfrüht, das Verfahren irgendwo zu
       kommerzialisieren, auch in Europa. Eine Gefahr für Mensch und Tier sei
       nicht gegeben: „Es ist wissenschaftlich sehr unwahrscheinlich, dass die
       biologischen Agenzien vom Virus über die Bienen und den Honig zum Menschen
       übertragen werden.“
       
       ## Kritik von Umweltschützern und Bienenzüchtern
       
       „Die RNA ist sehr robust“, sagt hingegen Christoph Then von Testbiotech,
       einem gentechnikkritischen Institut. „Ihr Botenstoff könnte theoretisch
       auch in den Honig gelangen und damit zum Verbraucher, ohne seine
       biologische Aktivität zu verlieren.“ Die RNAI widerstehe dem Abbau im Darm,
       könne dort aufgenommen werden und bei Mensch und Tier in die Genregulation
       eingreifen. „Unter anderem können Gene so stillgelegt werden“, sagt Then.
       
       Auch Umweltschützer reagieren skeptisch: „Das neue Verfahren von Monsanto
       kann höchstens die allerletzte Option sein“, sagt Dirk Zimmermann von
       Greenpeace Deutschland. „Denn dass die RNA-Interferenz spezifisch nur die
       Varroamilbe trifft, ist ebenso unwahrscheinlich wie fast gar nicht
       überprüfbar.“
       
       Kritik kommt auch von Bienenzüchtern. „Wenn auf diese Weise das Blut der
       Bienen verändert wird, können wir den Verbrauchern nicht guten Gewissens
       weiterhin Honig anbieten“, sagt Peter Maske, Präsident des Deutschen
       Imkerbunds (DIB). Schließlich handle es sich bei dieser Ribonukleinsäure um
       einen gentechnisch veränderten Giftstoff.
       
       „Interessant ist, dass Monsanto mit dem Verfahren zum Kriegsgewinnler an
       einer Krise wird, an der es nicht unbeteiligt ist“, sagt Zimmermann von
       Greenpeace. „Denn die Bienen leiden unter dem Geschäftsmodell des
       US-Unternehmens, weil sie in einer Agrarwüste leben müssen.“ Auch hätten
       die von Monsanto verkauften Pestizide zu einer höheren Anfälligkeit der
       Bienen geführt.
       
       ## Es gibt andere Methoden
       
       Die Bienenzüchter des DIB gehen gegen die Varroa-Milbe auf andere Weise
       vor. Im Sommer setzen sie 60-prozentige Ameisensäure in einem
       Verdampfungsverfahren bei den Honigbienen ein. Im Winter träufeln sie eine
       3,5-prozentige Oxalsäure in einer Zuckerlösung ein. Der Zucker wird von den
       Bienen nicht aufgenommen, sondern weitergegeben. Ihr Haarkleid wird
       beschmiert, wodurch die Milben von ihnen abfallen und sterben.
       
       Die Imker vom Verein Mellifera arbeiten seit 2005 an einem dritten
       Verfahren, das „Bienensauna“ genannt wird. „Dabei werden die erwachsenen
       Bienen in einen Gitterkorb gefegt und in einer speziellen Box durch etwa 40
       Grad warme Luft von den Milben befreit“, sagt Thomas Radetzki von
       Mellifera. Der Wirkungsgrad liege derzeit bei etwa 80 Prozent.
       
       Ob Imker Gentechnik im Honig dulden müssen, ist strittig. Im September 2011
       hatte der Europäische Gerichtshof den Verkauf von Honig mit auch nur
       geringen Genmais-Spuren gestoppt.
       
       29 Jul 2013
       
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