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       # taz.de -- Faktencheck im ZDF: Aufgeschobene Transparenz
       
       > „ZDFcheck“ prüft, ob die Fakten in Wahlkampfsätzen stimmen. Doch nun
       > bekommt die groß angekündigte Sendung keinen eigenen Sendeplatz.
       
   IMG Bild: Nimmt es mit Zahlen nicht immer so genau: Sigmar Gabriel
       
       Den naheliegenden Vergleich mit der hölzernen Lügennase hört Eckart Gaddum
       nicht gern. „Kein Mensch weiß letztlich, ob da jemand vorsätzlich eine
       falsche Aussage in die Welt setzt oder aus Versehen danebenliegt“, sagt der
       ZDF-Onlinechef. „Der ’ZDFcheck‘ prüft Inhalte, keine Motive.“ Mit Pinocchio
       habe das alles nichts zu tun.
       
       Bislang ließ Gaddum im laufenden Bundestagswahlkampf 13 Aussagen checken,
       etwa die des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel: „50 Prozent der neuen
       Arbeitsplätze, die junge Leute besetzen, sind heute Leih- und
       Zeitarbeitsplätze.“
       
       Dieser Satz fiel im Talk von Maybrit Illner und stimmt so „nicht ganz“, wie
       es die Checker vom ZDF nun sagen, denn laut Bundesarbeitsagentur mache
       Leih- und Zeitarbeit bei Neuverträgen für junge Leute nur 13 Prozent aus.
       Gabriels Zahlengerüst hielt der Prüfung deshalb nicht stand.
       
       In den USA sind solche Faktenchecks beliebte Instrumente. Gänzlich neu sind
       sie aber auch hierzulande nicht. Frank Plasberg stellt seit jeher am Tag
       nach seinem „Hart aber fair“-Talk so eine Überprüfung ins Netz, wenn die
       Behauptung eines Gastes arg strittig und vor allem auch er selbst als
       Moderator ad hoc überfragt war.
       
       ## Politische Aussage auf der Prüfbank
       
       Neu am Versuch des ZDF ist hingegen gleich zweierlei. Zum einen prüfen
       nicht nur die Journalisten den Wahrheitsgehalt politischer Aussagen,
       sondern bitten ihr Publikum um Hilfe. Knapp 400 Hinweise zählt der
       [1][„ZDFcheck“] bisher, für die der Sender auch Autoren der Wikipedia
       gezielt angefragt hat. Zum anderen sollen die Checks auch im TV laufen.
       
       Das zumindest hatte Sonja Schünemann im Frühjahr auf dem Netzkongress
       Re:publica angekündigt. Die Onlinejournalistin, passenderweise im
       Hauptstadtstudio angesiedelt, versprach mindestens zwei Ausgaben für
       ZDFinfo, den Spartenkanal der Chefredaktion. Doch dazu wird es nun nicht
       kommen, wie die taz erfahren hat.
       
       Schünemann, Erfinderin des „ZDFchecks“, äußert sich seit ihrem Auftritt
       nicht mehr in der Öffentlichkeit über ihr Format und auch nicht über ihre
       Arbeit hinter den Kulissen. Anfragen dazu liefen gleich mehrfach ins Leere.
       Transparenz setzt sie Grenzen. Gaddum bestätigt wiederum: „Ja, wir haben
       uns vorerst gegen ein TV-Format entschieden.“
       
       Dabei hatten gleich zwei Produktionsgesellschaften einen sogenannten
       Piloten geliefert – Studiodesign inklusive. Mehrere zehntausend Euro soll
       das jeweils gekostet haben.
       
       Bei den Programmentscheidern ist Gaddum zufolge zwischenzeitlich jedoch die
       Erkenntnis gereift, dass die filmische Aufbereitung der Checks so angelegt
       sein soll, „dass sie auch als kurze Beiträge in vielen anderen Sendungen
       laufen“ könnten, ohne dass da noch mal jemand etwas kürzen müsste.
       
       ## Knappere Formatierung
       
       Mit anderen Worten: Beim ZDF haben sie erst ein ganzes Format in Auftrag
       gegeben, das ihnen beim genaueren Nachdenken dann aber doch viel zu opulent
       ist.
       
       „Jetzt entwickeln wir eine knappe Formatierung“, sagt Gaddum. Der
       „ZDFcheck“ soll dann zunächst bei „PolitiX“ zu sehen sein, dem
       Politikmagazin für junges Publikum. Gut möglich, dass das am Ende sogar der
       klügere Weg ist, um die Checks auch in der Breite des Programms zu
       platzieren.
       
       Sparzwänge, das bleibt mit Blick auf die beiden Piloten übrig, sind
       hingegen für die Programmmacher eher relative Faktoren.
       
       In den USA steht das Publikum übrigens vor allem darauf, wenn Journalisten
       Aussagen prüfen, während sich Spitzenkandidaten duellieren. „Wir haben uns
       natürlich überlegt, ob wir – beispielsweise zum Duell der Spitzenkandidaten
       – auch live checken wollen“, sagt Gaddum. „Aber wir werden auch hier
       unserem Prinzip ’Gründlichkeit vor Schnelligkeit‘ treu bleiben.“
       Echtzeitchecks sind mit dem ZDF also nicht zu machen.
       
       30 Jul 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://zdfcheck.zdf.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bouhs
       
       ## TAGS
       
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