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       # taz.de -- Zschäpes Nachbarn sagen aus: Die liebe „Diddl-Maus“
       
       > Mit erfundenen Geschichten für die Nachbarn tarnte Beate Zschäpe die NSU
       > in Zwickau. Besonders die Männer waren wohl ganz verrückt nach ihr.
       
   IMG Bild: „Wäsche aufhängen, zum Bäcker gehen“: So nahmen die Nachbarn Zschäpe wahr.
       
       MÜNCHEN taz | Es muss eine feucht-fröhliche Nachbarschaftsrunde gewesen
       sein, der Beate Zschäpe angehörte. Im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht
       in München werden der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beihilfe zu zehn
       Morden und zwei Sprengstoffanschlägen sowie schwere Brandstiftung
       vorgeworfen. Für die Anwohner in Zwickau war sie „die liebe Nachbarin“.
       
       Gleich nach ihrem Einzug in die Frühlingsstraße 26 habe Zschäpe den
       Hausbewohnern eine Familienpizza ausgegeben, berichtet Olaf B., der am
       Mittwoch vor Gericht aussagte. „Als Einstand“, soll sie gesagt haben. Dass
       sie mit zwei Männern zusammenwohne, erklärte sie ebenfalls – damit es „kein
       Gerede“ gebe. Der eine sei ihr Freund, der andere dessen Bruder.
       
       Auch für die Autos – Wohnmobile und Kleinbusse in erster Linie –, die
       häufig hinter dem Haus standen, lieferte sie eine Erklärung. Die beiden
       Männer würden beruflich Fahrzeuge überführen. Sie selbst würde meist von zu
       Hause aus am Computer arbeiten. Damit bestätigte Olaf B., was die
       Bundesanwaltschaft Beate Zschäpe vorhält: Das Leben des Trios, „in ihrem
       sozialen Umfeld zu legendieren und abzutarnen“.
       
       Ein weiterer Nachbar berichtete am Donnerstag übereinstimmend, dass Zschäpe
       alles erledigt habe, was sich draußen abspielte. „Wäsche aufhängen, zum
       Bäcker gehen, das hat die Frau gemacht.“ Die jungen Männer seien
       zurückhaltender gewesen, hätten nicht gegrüßt.
       
       Ein bis zwei Mal im Monat kam Zschäpe zu der „Biertrinker-Runde“, die Olaf
       B. im Keller des Hauses veranstaltete. Jeden Tag nach der Arbeit kamen dort
       Anwohner und Bekannte zusammen. Bei gutem Wetter verlegten sie die Runde
       hinters Haus. Die Nachbarn kannten sie als „Susann Dienelt“, einer der
       vielen Tarnnamen, die Zschäpe führte. Sie nannten sie aber lieber
       „Diddl-Maus“. „Erstens hieß sie Dienelt, zweitens war sie eine Maus“,
       erklärte der Zeuge Olaf B. vor Gericht.
       
       ## Nur „Deutscher“, kein Nazi
       
       Dass Zschäpe immer allein zu den Treffen kam, war dem Nachbarn recht: „Da
       möchte ich dich auch mal ohne was drumherum drin sehen“, soll Olaf B. laut
       einer Zeugin gesagt haben, als Zschäpe ihre Dessous zum Trocknen aufgehängt
       hatte. Die Männer seien ganz verrückt nach ihr gewesen, so die Zeugin zur
       Polizei.
       
       Um Politik sei es in der Runde selten gegangen – nur mal über „Aktuelles“,
       so Olaf B. Auch zu dem Bild, das von Adolf Hitler auf dem Fernseher im
       Keller stand, soll Zschäpe nichts angemerkt haben. Die Aufnahme habe der
       Nachbar von einem verstorbenen Nachbarn übernommen. „Als Erinnerung“, wie
       er sagte.
       
       Rechts sei er deshalb nicht. Dass er mal eine Jutetasche mit einem
       Hakenkreuz besaß und einen Kübelwagen mit Eisernem Kreuz hat, wollte er
       nicht als Zeichen seiner politischen Einstellung verstanden wissen. „Ich
       bin einfach nur Deutscher, aber kein Rechter“, sagte er der Polizei.
       
       ## Überrascht vom Hausbrand
       
       Auch am Tag des Brandes im November 2011 wurde Zschäpe gesehen. Eine Frau
       aus dem Nachbarhaus, begegnete ihr auf dem Bürgersteig. Zschäpe habe zwei
       Katzenkörbe in Händen getragen, sagte Antje H. am Donnerstag vor Gericht.
       Da schlugen die Flammen bereits aus der Wohnung des Trios. Als sie Zschäpe
       darauf ansprach, habe diese sich umgedreht und sehr erschrocken ausgesehen.
       „So als sei sie selbst überrascht, wie das Haus aussieht“, sagte die
       Zeugin.
       
       Daraufhin habe sie die Katzenkörbe abgestellt, die Nachbarin gebeten, auf
       die Tiere achtzugeben und sei in Richtung des brennenden Hauses
       zurückgelaufen. Dann sei sie aber in eine Seitenstraße abgebogen, habe
       einem weiteren Nachbarn auf dessen Nachfrage zugerufen, dass die Feuerwehr
       bereits alarmiert sei – und sei zügigen Schrittes zu Fuß entschwunden.
       
       In Kooperation mit Radio Lora München, [1][www.lora924.de]
       
       25 Jul 2013
       
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