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       # taz.de -- Digitale Spiele im taz-Test (5): „Friss Bolzen, Godzilla“
       
       > Einmal im Monat treffen sich taz-Mitarbeiter und Gäste zum Daddeln an der
       > Konsole. Diesmal: die Suche nach der Epo-Taste, ein digitaler
       > Kaulitzbruder und Dope-Bauern.
       
   IMG Bild: Idyllisch und meditativ: „Tour de France 2013".
       
       3 Konsolen, 3 Spiele, 6 Leute. Neue Spiele, alte Spiele, nur Laien am Werk
       – die taz-Runde „Digital Spielen“ trifft sich zum fünften Mal. Doch diesmal
       ist alles anders: 6 Leute spielen drei Spiele auf drei Konsolen: „[1][Tour
       de France 2013]“, „[2][The Last Story]“, „[3][Call of Juarez: The Cartel]“.
       Dabei sind: David Denk, Ressortleiter taz2medien, Rieke Havertz, Chefin vom
       Dienst bei taz.de, Svenja Bednarczyk, Volontärin bei der taz, Holger Vieth,
       Sportredakteur bei der taz, Ingo Arzt, Redakteur im Ressort Wirtschaft und
       Umwelt und Jan Scheper, Volontär bei taz.de. 
       
       ## 
       
       Umweltredakteur Ingo Arzt holt noch vor der ersten Etappe den großen
       Standaschenbecher aus dem Flur. Kollege Jan Scheper meckert. Arzt kontert:
       „Mann, früher wurde hier Gras auf dem Dach angebaut.“ Wir wenden uns den
       Asthmatikern bei der Tour de France zu. David Denk wählt die 18. Etappe,
       Gap – Alpe d' Huez, und den Bergspezialisten und Ex-Doper Alberto Contador.
       Arzt erkundigt sich besorgt: „Dauert das jetzt auch drei Stunden?“
       Verpflegungsauswahl. Denk nimmt zur Sicherheit zwei Verpflegungsbeutel mit
       – „Mandelpaste, yeah“. Und eine Banane. Er sucht vorab auf dem Conroller
       „den EPO-Knopf“.
       
       Wir starten mitten im Peloton. Nettes Panorama drumherum. Los geht’s. „Da
       kommt ein Angriff“, verkündet die Stimme aus dem Fernseher via Tour-Funk.
       Denk findet den richtigen Knopf zum Treten, den er einfach nur gedrückt
       halten muss. Langweilig. Neue Taste, neuer Gang. Contador geht aus dem
       Sattel. Sein Herz beginnt zu Wummern. Denk fallen die Augen zu. Der Fahrer
       schnauft. Scheint so, als wollten die Entwickler mit lebensechten
       Hintergrundgeräuschen punkten. Denk eiert beim Versuch aufzuschließen von
       rechts nach links. Er brettert ständig in die Fahrbahnbegrenzung bei
       Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 72 km/h.
       
       „Achtet auf eure Position, Jungs“, sagt die Konsole. Contador schnauft
       immer noch. Denk spricht von „komischen Kurven“. Nach 7 Kilometern setzt er
       sich mit dem Spanier an die Spitze. „Kann der auch blau werden, wenn ihm
       die Puste ausgeht“, fragt Rieke Havertz. „Wo bleiben die bekloppten
       Zuschauer, die auf die Straße rennen,“ fragt Jan Scheper. „Wie bremse
       ich?“. Denks Frage zerreißt die vorausgegangene meditative Stille des
       Renngeschehens. „Mit den Bäumen“, grölen die Zuschauer in der Redaktion.
       Erneute Tempoverschärfung. Wann bricht Contador ein?
       
       Nebel zieht auf. Denk passt nicht auf und rast in ein Gitter. Ein Teil des
       Feldes überholt ihn. Es droht ein Fiasko. Frustriert lässt Denk Contador
       den Verpflegungsbeutel plündern. „So ein Sonntagnachmittagsspiel“,
       resümiert er und spult – das geht dank Zeitraffer – bis zum letzten Anstieg
       nach Alpe d`Huez vor. Vieth will klettern. Soll er doch. „Das Feld zieht
       an“, prophezeit die Konsole. Alberto pumpt und übernimmt zu Beginn des
       Anstiegs die Führung. „Dieses Damentennis-Geschnaufe macht mich
       wahnsinnig“, schimpft Rieke Havertz. Contadors Muskeln übersäuern. Ein
       schwarzer Tunnel legt sich über den Fernseher. Er wird auf den letzten
       Kilometern überholt – Platz 10.
       
       Zeit für die Sprinter. Ab nach Paris. Und siehe da: La Tour Eiffel! Havertz
       gefällt das: „Immer auf den Sonnenuntergang zu!“ Sie schnappt sich den
       Controller. Dummerweise heißt unserer Fahrer wieder Alberto Contador. Es
       wird wieder vorgespult. Erste Vorschläge werden laut, einfach mal eine
       Runde Schach zu spielen. Und dann: das Bild wackelt, Alberto kann nicht
       bremsen, Rieke Havertz steuert gegen, die gesamte Spielerunde erschrickt –
       unser Favorit stürzt. Contador in Paris und das SpielerInnensofa in Berlin
       bleiben heile. Puh. Im Ziel heißt das jedoch: Platz 116. Der Champs Elysees
       ist für uns kein gutes Pflaster.
       
       Das sagt die Zielgruppe: Nichts (Sportredakteur Andreas Rüttenauer hat das
       Spiel geordert und seine Teilnahme dann aber kurzfristig zurückgezogen. A-
       und B-Probe bleiben ungeöffnet).
       
       Das sagen die anderen: „Schlecht animiert, aber irgendwie meditativ“ (Denk)
       
       ## Spiel 2: „The Last Story“, Rollenspiel, 2012, Ramsch, Wii
       
       Es geht weiter mit Fantasy. Mangamenschen mit langen Schwertern grüßen aus
       dem Booklet. Rieke Havertz ist skeptisch: „Wirkt wie ein Schundroman. Wer
       hat das ausgesucht?“ Scheper verkriecht sich unter dem Schreibtisch. Erste
       Vergleiche zu Zelda werden gezogen. Ein Tutorial klärt über die Steuerung
       auf. Svenja Bednarczyk übernimmt und steuert einen Menschen mit großen
       Augen, der ein Riesenschwert in der Hand trägt und aussieht wie ein
       verschollener Kaulitz-Bruder.
       
       Es gibt kein Intro. Wir starten in einer Steinzeithöhle. Bednarczyks
       Schwertkämpfer schlägt einen Purzelbaum und lässt den Stahl durch die Luft
       surren. Die Kamera macht sich selbstständig. Endlich startet eine
       Zwischensequenz. Bednarczyk steuert aus unerfindlichen Gründen einen neuen
       Charakter, dessen munterer schottischer Akzent die dramaturgischen
       Schwächen wettmacht.
       
       Die ersten Gegner tauchen auf. Irgendwas Insektoides. Plötzlich brennt das
       Schwert. Allgemeine Freude. Bednarczyk findet die Armbrust. Ihr KI-Kumpel
       ist fast tot. „Mensch, tu was“. Langsam hat sie den Bogen raus, deckt die
       angreifenden „Goblinkrokodilsmücken“ (soweit der Hobby-Biologe Holger
       Vieth) mit Armbrustbolzen ein. Plötzlich taucht ein Endgegner auf. „Friss
       Bolzen, Godzilla“. Bednarczyk feuert auf den Kopf des Untiers – und schlägt
       es in die Flucht.
       
       Havertz übernimmt. Und kämpft mit den Tücken der Technik. Videosequenzen
       halten den Spielverlauf auf. „Nettes Englisch“, findet Scheper. „Shut the
       fuck up“, nölt Havertz und schlägt auf dem Bildschirm um sich. Die
       Höhlenwand wird mit dem glühenden Kampfsäbel zermalmt. Dahinter liegt ein
       Art Kathedrale.
       
       Havertz unchristlich: „Hier ist niemand. Was ist das für ein Kackspiel?!“
       Steine versperren den Weg. Wildes Knöpfedrücken. Ratlosigkeit. „Wie komme
       ich da hoch?“ Sie gibt auf. Scheper übernimmt und schießt aufs Mauerwerk
       und die bunten Kirchenfenster. Nach zehn Minuten in der Sackgasse läuft er
       zurück. Da ist sein Gefolge. Der computeranimierte Mitspieler sagt. „Oh
       eine Sackgasse“. Irre.
       
       Das sagt die Zielgruppe: „Immer alle Knöpfe drücken.“ (Havertz)
       
       Das sagen die anderen: „Ich würde mir da voll ins Hemd scheißen, wenn ich
       in so einer Kathedrale alleine wäre.“ (Arzt)
       
       ## Spiel 3: „Call of Juarez: The Cartel“, Ego-Shooter/Action-Adventure,
       2011, Klassiker, PS3
       
       Zack, wir sitzen im einem zivilen Polizeiauto. Schüsse fallen. Arzt ist am
       Drücker und überfordert. Er zielt mit seiner Waffe permanent auf den Kopf
       des Fahrers statt sich aus dem Fenster zu lehnen. Es folgt der Prolog: Bei
       einer militärische Intervention in Mexiko sterben sieben US-Bundesagenten.
       Das Drogen-Kartell ist schuld. Arzt freut sich über die: „geilen
       Videosequenzen.“ Die Hintergrundmusik erinnert entfernt an Ennio Morricone.
       Dann spuckt die Konsole Western-Zitat aus: „Einer wartet immer.“ Wie lange
       geht die Sequenz?
       
       Schließlich erreichen wir auf dem Rücksitz eines schwarzen SUV ein
       Waldgebiet. Der Kofferraum springt auf. Endlich geht’s zur Waffenauswahl.
       Arzt wählt zwei Pistolen, das Sturmgewehr ist noch „gesperrt“. Wir stiefeln
       los in Richtung illegale Marihuana-Plantage. Schüsse prasseln auf nieder.
       Der Arzt ist tot. „Ist idyllisch hier“, findet Bednarczyk. Neuer Versuch.
       Arzt ballert in der Gegend rum. „Du guckst immer in den Himmel, suchst Du
       das Licht?“, fragt Scheper. Arzt antwortete per Selbstdiagnose: „Ich bin
       verletzt“. Der Bildschirm färbt sich rot. Die Dope-Bauern haben sich hinter
       Bäumen verschanzt. Nur Mündungsfeuer ist zu sehen. „Das Spiel ist die
       Hölle“, stellt Arzt fest. Exitus.
       
       Jan Scheper ist dran und sucht Deckung im Unterholz. „Du hast einen Ficus
       abgeknallt“, höhnt Arzt. Ankunft an den Marihuana-Feldern: „Ich find das
       unmoralisch, Marihuana-Felder abzubrennen“, raunt jemand im Hintergrund.
       Allgemeiner Ärger über die unrealistische Lagerung des Sprengstoffs in
       einem nahen Zeltlager. Die Ernte explodiert. Holger übernimmt, „ist stoned“
       und muss ein paar kalifornische Findlinge mit der Spraydose (neu im
       Waffenarsenal) markieren, damit die Feuerwehr, oder „die Forstbehörde“ das
       brennende Grasdepot findet.
       
       Ab ins Auto, das nächste Feld ist dran. Ein Jeep kreuzt unseren Weg. Holger
       Vieth übernimmt den Steuerknüppel und die Verfolgung – die Hupe (auch neu
       im Waffenarsenal) am Anschlag. Die Gangsterkarre vor uns antwortet mit
       Dauerfeuer. Vieth steigt aus, fängt sich ein paar Kugeln und sucht „einen
       Baum“. Wir finden ein Sturmgewehr. Vor uns erstreckt sich Maschendrahtzaun.
       Wir müssen da rein. Vieth hechtet in den SUV und brettert durch die
       Metallhecke. Es geht zu Fuß weiter. Nun ist Havertz am Abzug. Sie ist
       hochmotiviert, allerdings ist ihr das Gewehr zu schwer.
       
       Es wird ein Flussbett durchquert. Kurz danach wartet ein Wasserfall auf
       uns. Havertz schießt auf alles, was sich bewegt – auch auf Eichhörnchen.
       Arzt hilft beim Zielen. Getroffen wird nichts. „Guck' mal, da ist
       Mündungsfeuer“. Eine Stimme aus dem Off fordert: „Wie wäre es mit Zielen.“
       Havertz geht die Munition aus. „Tja, du bist am Arsch“, meint Arzt und
       stellt sich vor den Fernseher, um zu coachen. Er zeigt mit dem Finger auf
       die Kartell-Kämpfer: „Nicht auf den Felsen ballern, such' dir was, was sich
       bewegt. Nein, nicht den Wasserfall“. Nun gehen Havertz endgültig die Kugeln
       aus. Der Bildschirm wird rot.
       
       Das sagt die Zielgruppe: „Dass man Verletzungen aussitzen kann, finde ich
       praktisch.“ (Vieth)
       
       Das sagen die anderen: „Dass sind doch nur arme mexikanische Bauern, die
       ihr Stück vom amerikanischen Imperialismuskuchen abhaben wollen.“ (Arzt)
       
       Protokoll:Svenja Bednarczyk, Rieke Havertz, Ingo Arzt, Jan Scheper, Holger
       Vieth
       
       25 Jul 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.cycling-manager.com/pcm/?rub=tdf
   DIR [2] http://www.nintendo.de/Spiele/Wii/The-Last-Story-283487.html
   DIR [3] http://callofjuarez.ubi.com/the-cartel/en-GB/home/
       
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