# taz.de -- Kommentar Rassismus in den USA: Der Traum vom Ende des Rassismus
> Barack Obamas Worte über den alltäglichen Rassismus sind mehr als eine
> Befriedungsstrategie. Aber nun muss der Präsident auch dranbleiben.
IMG Bild: Offene Worte: Obama identifizierte sich mit Trayvon Martin
Ein Trugbild zerfällt. Seit viereinhalb Jahren haben die USA einen
schwarzen Präsidenten, und wer nicht genau hinsah, konnte den Eindruck
gewinnen, das Land habe sich tatsächlich zu einer postrassistischen
Gesellschaft entwickelt. Prominente Schwarze sind seit Langem nicht mehr
nur Basketballstars und MusikerInnen, sondern auch JournalistInnen,
PolitikerInnen, FilmregisseurInnen oder SchauspielerInnen.
Die räumliche Segregation in den Großstädten löst sich langsam auf, in den
quotierten Fernsehserien sind Schwarze und Weiße gemeinsam Richter,
Polizisten, Ärzte oder Räuber. Der einzige Ort, an dem Schwarze und Weiße
noch nahezu komplett getrennt sind, ist der sonntägliche
Gemeindegottesdienst.
Mit der Wahl Barack Obamas schien es amtlich: Hautfarbe ist kein Kriterium
mehr dafür, welche Chancen jemand hat. Auch viele Schwarze wollten das
glauben, wollten sich den Enthusiasmus erhalten, der sie in der Wahlnacht
im November 2008 überkommen hatte. Seither hielt sich Obama zurück. Er
sprach nicht über das Thema.
Obama wusste, dass sein Aufstieg ins Amt per se historisch war, aber er
wollte nicht allein als schwarzer Präsident in die Geschichtsbücher
eingehen, sondern vor allem als guter Präsident. Also schwieg er und machte
Politik. Bis zum vergangenen Freitag.
## Generalverdacht gegen junge Schwarze
Knapp eine Woche nach dem Freispruch für George Zimmerman wegen des Todes
des 17-jährigen Schwarzen Trayvon Martin, einen Tag bevor im ganzen Land
gegen den Rassismus des „racial profiling“, also den Generalverdacht gegen
junge Schwarze, demonstriert wurde, trat Obama vor die Journalisten und
artikulierte im Presseraum des Weißen Hauses, was Tausende Menschen am
nächsten Tag auf die Straße trugen: die historische Erfahrung von blankem
Rassismus und die aktuelle Ausgrenzungs-, Misstrauens- und
Unrechtserfahrung schwarzer Menschen. Trayvon Martin, das hätte ich sein
können, sagte er.
Das ist mehr als nur eine Befriedungsstrategie, um Gewalt zu verhindern. Es
ist der Aufruf, die Debatte wieder auf die Tagesordnung zu setzen, und es
ist die Bestandsaufnahme eines akuten Problems. Obama muss jetzt
dranbleiben. Die „Stand Your Ground“-Gesetze müssen weg, Polizeikräfte und
Nachbarschaftswächter gehören geschult. Um die Debatte an sich muss sich
Obama nicht kümmern, sie läuft ohnehin. Gut, dass der Präsident sich
eingemischt hat.
21 Jul 2013
## AUTOREN
DIR Bernd Pickert
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