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       # taz.de -- Tankerunfall vor Nordzypern: Suppenschildkröten in Öl
       
       > Beim Betanken eines Kraftwerks fließen mehr als 100 Tonnen Öl ins
       > Mittelmeer. Eines der letzten unverbauten Strandgebiete ist gefährdet.
       
   IMG Bild: An der Küste Nordzyperns würde Meeresschildkröte Speedy nicht so frei schwimmen können.
       
       BERLIN taz | Ein Ölteppich vor der Küste Nordzyperns bedroht seltene
       Schildkrötenarten – und eines der letzten unverbauten Strandgebiete Europas
       am Mittelmeer. Bei der Betankung des Kraftwerks Kalecik (Griechisch:
       Gastria) durch einen türkischen Tanker waren bereits am vergangenen
       Dienstag mehr als 100 Tonnen Schweröl ausgeflossen. Die Ursache dafür ist
       noch nicht geklärt.
       
       Inzwischen hat sich nach Angaben des nordzypriotischen Umweltministers
       Mehmet Harmanci ein sieben Kilometer langer Ölteppich vor der Küste
       gebildet. Es werde Monate dauern, um das Öl zu bergen. Die Behörden bemühen
       sich mit Ölsperren und Lösungsmitteln, eine Katastrophe zu verhindern.
       Bedroht sind nach Angaben aus Nordzypern auch von Touristen frequentierte
       Strände.
       
       Das Kraftwerk liegt nur einige Kilometer westlich von den einsamen Stränden
       der Karpas-Halbinsel. Dort schlüpfen ausgerechnet im Juli und August die
       Meeresschildkröten aus den Gelegen, die die Muttertiere im Sand vergraben.
       Ökologen bemühen sich seit einigen Jahren um den Schutz der seltenen Tiere.
       Sie bauen Drahtgitter am Strand auf, um die geschützte Chelonia mydas –
       besser bekannt als Suppenschildkröte – sowie die Unechte Karettschildkröte
       vor Fressfeinden zu retten.
       
       Ein mühsames Unterfangen: Von etwa 1.000 Eiern überlebt nur eine einzige
       Schildkröte. Die Tiere schlüpfen meist in der Nacht und bohren sich durch
       den lockeren Sand an die Oberfläche. Dann beginnt ein Wettrennen um den Tod
       gegen Füchse, Vögel und andere Tiere zum nahen Meer. Sollte das Öl die
       Strandregion erreichen, wäre die Arbeit der Umweltschützer vernichtet.
       
       ## Überforderte Behörden
       
       Die Behörden des international nicht anerkannten Nordzypern sind mit dem
       Öldesaster zudem offenbar überfordert. Inzwischen erreichten Experten aus
       der Türkei das Unglücksgebiet. Ihr Gerät war aber am Samstag noch nicht vor
       Ort eingetroffen. Die griechisch dominierte Republik Zypern im Süden
       erklärte sich zur Hilfe bereit. Tatsächlich baten die nordzypriotischen
       Behörden zwar zunächst um Unterstützung, die auf Zypern stationierte
       UN-Friedenstruppe erklärte sich zum Transport von Spezialgeräten bereit.
       
       Später zog die zyperntürkische Seite ihren Antrag aber zurück. Der Chef der
       zyperngriechischen Fischereibehörde Loizos Loizides sagte, Nordzypern habe
       das Gebiet um das Kraftwerk für Besucher aus dem Süden abgesperrt. Am
       Samstag verlangte die zyperngriechische Regierungspartei Disy ein
       Eingreifen der EU-Kommission. Nordzypern zählt zwar formal zur Union, gilt
       aber völkerrechtlich als nicht existenter Staat.
       
       Es ist nicht das erste Ölleck, das an dem Kraftwerk auftrat, mit dem weite
       Teile Nordzyperns mit Strom versorgt werden. Bereits am 12. März und am 1.
       Juli kam es dort zu Zwischenfällen, sagen die zyperntürkischen Behörden.
       Strände im griechischen Teil der Insel und an der Nordküste Zyperns sind
       nach offiziellen Angaben derzeit nicht von dem Ölunglück bedroht.
       
       21 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
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