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       # taz.de -- Antrittsrede von Mansur in Ägypten: Übergangspräsident will Versöhnung
       
       > Sicherheit und Stabilität sollen an erster Stelle stehen. Während
       > Muslimbrüder zu Protesten aufrufen, droht ein Militärsprecher
       > gewalttätigen Demonstranten mit dem Tod.
       
   IMG Bild: Adli Mansur bei seiner Antrittsrede im ägyptischen Staatsfernsehen.
       
       KAIRO ap/dpa| Ägyptens Übergangspräsident Adli Mansur hat die verfeindeten
       politischen Lager nach dem [1][Sturz des islamistischen Präsident Mohammed
       Mursi] Anfang Juli zur Aussöhnung aufgerufen. Ägypten mache eine
       „entscheidende Phase“ in seiner Geschichte durch. Seine Übergangsregierung
       sei Sicherheit und Stabilität verpflichtet. Sie werde keine Nachsicht gegen
       jene üben, „die Unschuldige töten“, sagte Mansur am Donnerstag in seiner
       ersten Fernsehansprache.
       
       Mansurs achtminütige Antrittsrede kam am Vorabend neuerlicher, von der
       Muslimbruderschaft Mursis für Freitag angekündigter Demonstrationen. Der
       Übergangspräsident bekräftigte, das allen Kräften „ohne Ausschluss und
       Ausnahme“ die Tür zum Aufbau eines neuen Ägyptens offen stehe.
       
       Es gebe aber Kräfte, die eine Periode der Gewalt wollten, während seine
       Regierung für das „Konzept des Schutzes von Leben und Menschenrechten“
       stehe. Mansur sagte nicht, wen er verdächtige, „die Nation in den Abgrund
       zu stoßen und dabei zu denken, etwas Gutes zu tun“. Beobachter sahen darin
       eine klare Anspielung auf demonstrierende Anhänger Mursis.
       
       Ein ranghohes Mitglied der Muslimbruderschaft und ehemaliger Abgeordneter,
       Saad Emara, sagte der Nachrichtenagentur AP, Mansurs Rede sei ein Zeichen,
       dass die Übergangsregierung gegenüber jeglicher Opposition auf den Straßen
       nervös sei. „Da ist ein Widerspruch zwischen den Drohungen und dem Aufruf
       zur Versöhnung“, sagte Emara.
       
       Seit dem Sturz Mursis durch das Militär ist es in Ägypten immer wieder zu
       gewalttätigen [2][Auseinandersetzungen mit Dutzenden Toten] gekommen. Die
       Muslimbrüder verlangen die Freilassung des gewählten Präsidenten und seine
       Rückkehr an die Macht. Der Höhepunkt der Kundgebungen wird nach dem
       abendlichen Fastenbrechen im Monat Ramadan erwartet. Sie sollen eine
       „Botschaft an die ganze Welt richten, dass die Mehrheit der Ägypter den
       Militärputsch ablehnt“, hieß es in dem Aufruf der Nationalen Allianz zur
       Unterstützung der Legitimität, dem Bündnis der islamistischen
       Pro-Mursi-Kräfte.
       
       ## Straßenblockaden werden nicht geduldet
       
       Doch auch die Gegner der Islamisten machen mobil. Die Jugendbewegung
       [3][Tamarud] (Rebellion) rief zu einer Kundgebung auf dem Tahrir-Platz in
       Kairo auf. Sie hatte im Juni jene Massenproteste gegen die Herrschaft
       Mursis organisiert, die für das Militär den Ausschlag gaben, den Islamisten
       zu stürzen. Im Internet kursierten aber auch Aufrufe, die die Bewohner der
       Wohnviertel rund um das Protest-Camp der Mursi-Gegner dazu aufriefen, sich
       am späten Freitagabend zu versammeln, um die Zusammenkunft der Islamisten
       zu stören.
       
       Die Armeeführung rief am Donnerstagabend alle Bürger des Landes
       ausdrücklich dazu auf, auf jede Gewalt zu verzichten. „Wer auch immer zu
       Gewalt greift und von der Friedfertigkeit abweicht, bringt sein Leben in
       Gefahr“, hieß es in dem Appell. Die Warnung enthielt keine Hinweise auf
       konkrete Gruppen oder Schauplätze.
       
       Tatsächlich versucht die Muslimbruderschaft verbissen, die Dynamik der
       Proteste gegen die Absetzung Mursis durch das Militär am Leben zu erhalten.
       Ein Zeltlager in der östlichen Vorstadt Nasr City soll eine permanente
       Reserve von mehreren Tausend Demonstranten sicherstellen. An bestimmten
       Tagen, darunter stets der Freitag, ruft die Führung der islamistischen
       Organisation zur „Eskalation“ auf.
       
       Diesen Demonstrationszügen sollen sich dann auch jene Anhänger anschließen,
       die nicht im Protest-Camp lagern. Das Innenministerium hat aber indes
       klargestellt, dass es keine Straßenblockaden oder Behinderungen von
       Regierungsämtern dulden werde. Nach Ansicht von Beobachtern ist damit der
       Spielraum der Muslimbruderschaft für derartige „Eskalationen“
       eingeschränkt.
       
       19 Jul 2013
       
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