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       # taz.de -- Deutschland und die US-Überwachung: Doppelt sehen
       
       > Die USA spähen laut Bundesnachrichtendienst mit zwei Prism-Programmen.
       > Die deutsche Regierung kannte nur eins davon. Missverständnis oder
       > kurioser Zufall?
       
   IMG Bild: Zwei Prism sind besser als eins
       
       BERLIN taz | Nun gibt es also schon zwei Prism-Programme: beide von den USA
       betrieben, aber „nicht identisch“. Das jedenfalls versicherte die
       Bundesregierung am Mittwoch mit Berufung auf den Bundesnachrichtendienst
       (BND). Die USA unterhalten demnach nicht nur das seit Wochen diskutierte
       Spähprogramm Prism, betrieben vom Geheimdienst NSA, sondern einen weiteren
       Namensvetter.
       
       Bei diesem handele es sich um ein „Nato-Isaf-Programm“ für den
       Afghanistan-Einsatz, das im Gegensatz zum bisher bekannten NSA-Programm
       nicht als geheim eingestuft werde, sagte Regierungssprecher Steffen
       Seibert.
       
       Er widersprach damit einem Bericht der Bild-Zeitung. Das Blatt hatte mit
       Berufung auf einen Nato-Befehl vom 1. September 2011 [1][gemeldet]: Die
       Bundeswehr in Afghanistan sei damals von den internationalen Truppen
       aufgefordert worden, selbst Prism zu nutzen. Dies hatte Potenzial zum
       großen Aufreger: Denn damit wäre das umstrittene Spähprogramm deutschen
       Behörden bereits seit knapp zwei Jahren bekannt gewesen.
       
       Genau das Gegenteil behaupten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre
       Minister seit Wochen. Hatten sie also gelogen? Hätte der BND von der
       Spähoffensive der USA doch wissen müssen oder zumindest können?
       
       ## BND: „keine Kenntnis“
       
       Nein, versicherte der BND in einer knappen Stellungnahme: „Der BND hatte
       keine Kenntnis vom Namen, Umfang und Ausmaß des NSA-Programms.“ Und
       Regierungssprecher Seibert beteuerte, es handele sich bei der Bild-Meldung
       „um ein ganz anderes Thema“. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) habe
       aufgrund des Zeitungsberichts den BND „sofort beauftragt“, Auskunft zu
       beschaffen.
       
       Alles also nur ein Missverständnis, ein kurioser Zufall? Die Antworten der
       Regierungsvertreter fielen am Mittwoch zum Teil bemerkenswert defensiv und
       ratlos aus. So konnten weder Seibert noch der Sprecher des
       Verteidigungsministerium sagen, wofür die Abkürzung „Prism“ im Falle des
       nun bekannt gewordenen Programms steht. Selbst wenn beide Prism-Programme
       auch in der Langversion namensgleich sein sollten, versicherte der Sprecher
       des Verteidigungsministeriums, so gebe es doch „eklatante Unterschiede“.
       
       Laut Verteidigungsministerium dient das in Afghanistan eingesetzte Prism
       dazu, Informationen über die dortige Sicherheitslage in ein Datennetzwerk
       für die Soldaten einzuspeisen – die sogenannte „Nato Intelligence Toolbox“.
       Über diese könnten Soldaten aktuelle Sicherheitsinformationen für ihre
       Einsätze abrufen. Während diese Toolbox für alle Isaf-Staaten zugänglich
       sei, handele es sich bei Prism um ein rein amerikanisches Programm, das
       „den US-Streitkräften zuzuordnen“ sei, sagte der Sprecher des
       Verteidigungsministeriums. „Was genau sich hinter diesem System verbirgt,
       das müssen Sie denjenigen fragen, der das betreibt.“
       
       ## Regierungssprecher weicht aus
       
       Auf Nachfragen, ob das in Afghanistan eingesetzte Prism-Programm womöglich
       auf irgendeine Art und Weise doch mit jenem Groß-Prism der NSA verbunden
       sei, wich der Regierungssprecher aus. Er habe nur die Haltung des
       BND-Präsidenten wiedergegeben, sagte Seibert – und ergänzte sogleich, er
       habe keinen Grund, diese Erklärung zu bezweifeln.
       
       BND-Präsident Gerhard Schindler unterrichtete am Mittwoch auch den
       Innenausschuss des Bundestags über den Fall. Die Opposition reagierte
       vorsichtig auf die Neuigkeiten. Nur der Linken-Politiker Jan Korte sprach
       forsch von einem „tolldreisten Versuch“, die Öffentlichkeit „zum Narren zu
       halten“. Der Grünen-Geheimdienstexperte Christian Ströbele hingegen wollte
       sich zunächst lieber gar nicht äußern.
       
       17 Jul 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.bild.de/bild-plus/politik/ausland/edward-snowden/wusste-die-bundeswehr-schon-2011-von-prism-31369354,view=conversionToLogin.bild.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Astrid Geisler
       
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