URI: 
       # taz.de -- EU-Gesetz zur Netzneutralität stockt: Digital ist doch nicht jeder gleich
       
       > Die EU-Kommission will die Netzneutralität jetzt offenbar doch nicht
       > gesetzlich verankern. Das wäre schlecht für die Verbraucher.
       
   IMG Bild: Zögerlich: EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, Neelie Kroes
       
       BERLIN taz | Noch vor einem Monat sah es so aus, als würde EU-Kommissarin
       [1][Neelie Kroes] die Forderung, Netzneutralität gesetzlich zu verankern,
       unterstützen. In dem [2][Verordnungsentwurf], den das Onlineportal
       [3][„Netzpolitik.org“] vor einigen Tagen veröffentlichte, zeichnet sich
       jedoch das Gegenteil ab. So soll es etwa Anbietern von Inhalten und Service
       erlaubt sein, untereinander Vereinbarungen über die „Behandlung von
       Datenvolumen oder die Übermittlung von Traffic“ zu schließen. Das würde der
       Ungleichbehandlung im Netz Vorschub leisten und sorgt deshalb für Proteste.
       
       „Netzneutralität“ besagt, dass Provider alle an die Nutzer zu
       transportierenden Daten gleichbehandeln. Festgeschrieben ist das derzeit
       weder nach deutschem noch nach EU-Recht. Unternehmen können also schon
       heute entsprechende Vereinbarungen treffen oder Verbrauchern bestimmte
       Nutzungsarten untersagen. So schließen etwa Mobilfunkanbieter zum Teil die
       Nutzung von Internettelefonie in ihren Geschäftsbedingungen aus. Bei einer
       Reform des Telekommunikationsgesetzes von 2012 verzichtete die
       Bundesregierung darauf, die Netzneutralität gesetzlich zu verankern.
       
       Laut EU-Kommission haben bislang nur Slowenien und die Niederlande
       entsprechende Gesetze. Der Vorschlag von Kroes sei auch mit dem
       niederländischen Gesetz kompatibel, sagt Ryan Heath, Sprecher der
       Kommission. Der grüne Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht sieht das
       anders: „Gesetze wie in den Niederlanden würden dann nicht mehr möglich
       sein.“ Der Entwurf benachteilige nicht nur Verbraucher, die gegebenenfalls
       unter einer zwischen Unternehmen geschlossenen Vereinbarung leiden würden.
       Er behindere auch den Wettbewerb, für den ein neutrales Netz zentral sei.
       
       Welche Auswirkungen das Fehlen von Netzneutralität auf den Wettbewerb haben
       kann, ließ kürzlich die Telekom erahnen. Der deutsche Marktführer hatte im
       April ein neues Tarifmodell angekündigt. Es soll ab 2016 gelten und dazu
       führen, die Downloadgeschwindigkeit nach dem Erreichen eines bestimmten
       Limits drastisch zu drosseln. Gleichzeitig sollen Dienste wie das
       konzerneigene Fernsehangebot Entertain weiter in voller Geschwindigkeit
       übertragen werden. Fernsehen über Entertain würde also auch nach
       Überschreiten des Limits funktionieren, für ein Video aus der Mediathek
       eines TV-Senders wäre die Verbindung aber zu langsam. Attraktiv sind solche
       Vereinbarungen nicht nur für Provider, die so zusätzliche Einnahmen
       erhalten, sondern auch für große Unternehmen, die es sich leisten können,
       für den bevorzugten Transport ihrer Inhalte zu zahlen.
       
       ## Die Debatte geht weiter
       
       Ob Kroes’ Vorschlag überhaupt umgesetzt wird, ist unklar. „Das geleakte
       Dokument ist nicht das Abschlussdokument, daher sind einige Spekulationen
       etwas übereilt“, sagt Heath.
       
       Auf Bundesebene geht die Debatte ebenfalls weiter. Zuletzt hatte
       Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) den Entwurf einer deutschen
       Verordnung vorgelegt. Demnach sollen alle Datenpakete unabhängig von Inhalt
       oder Ziel gleichbehandelt werden – eigene Dienste der Provider sind aber
       ausgenommen. Das Entertain-Modell der Telekom wäre so erlaubt.
       
       Für Mittwochnachmittag hatte das Wirtschaftsministerium Verbände und
       Unternehmensvertreter zu einer Anhörung geladen. Dabei kritisierte etwa der
       Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in einer Stellungnahme, der
       Entwurf des Wirtschaftsministers sei „zu unklar und widersprüchlich, um
       Einschränkungen beim Internetzugang verhindern zu können“.
       
       18 Jul 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /EU-plant-Netzneutralitaetsgesetz/!117426/
   DIR [2] http://netzpolitik.org/wp-upload/CONSOLIDATED-DRAFT-for-ISC-070713.pdf
   DIR [3] http://netzpolitik.org/2013/neelie-kroes-will-keine-netzneutralitat-sichern-sondern-bereitet-ihre-beerdigung-vor/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
       ## TAGS
       
   DIR Neelie Kroes
   DIR Gesetzesvorschlag
   DIR EU-Kommission
   DIR Netzneutralität
   DIR Telekom
   DIR Netzneutralität
   DIR Netzneutralität
   DIR Netzneutralität
   DIR Wahlkampf
   DIR Netzneutralität
   DIR Netzneutralität
   DIR Netzneutralität
   DIR Netzneutralität
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Auf dem Weg zum Zwei-Klassen-Internet: US-Gericht kippt Netzneutralität
       
       Der Anbieter Verizon siegt mit einer Klage gegen die Aufsichtsbehörde.
       Nicht nur Verbraucherschützer in den USA sind alarmiert.
       
   DIR Internetaktivist über Netzneutralität: „Uns bleibt nur noch sehr wenig Zeit“
       
       Thomas Lohninger glaubt, dass die EU die Netzneutralität abschafft. Mit
       einer Kampagne sollen die Grundlagen des freien Netzes gerettet werden.
       
   DIR Google und Netzneutralität: Nee, lieber doch nicht
       
       Überall kämpft der Konzern für ein neutrales Netz. Außer dort, wo Google
       selbst nicht nur Inhalte anbietet, sondern auch die Leitungen verwaltet.
       
   DIR Kommentar Netzneutralität: Röslers schlampige Arbeit
       
       Beim Entwurf der Netzneutralitäts-Verordnung drückt sich der
       Wirtschaftsminister um klare Definitionen. So wird die Regelung nichts
       erreichen.
       
   DIR Gesetzentwürfe zur Netzneutralität: Unklare Formulierungen
       
       Nach herber Kritik an ihren Regeln zur Netzneutralität rudert die
       EU-Kommission zurück. Der Entwurf der Bundesregierung wird noch diskutiert.
       
   DIR Ungleichheit der Daten: EU will Netzneutralität aufweichen
       
       Die EU will die Bevorzugung von Inhalten im Internet erlauben. Die
       herrschende Regelung würde der Netzneutralität widersprechen.
       
   DIR Netzneutralität im Petitionsauschuss: Schwammig und unkonkret
       
       Das Zwei-Klassennetz droht Wirklichkeit zu werden, auch wenn Netzaktivisten
       es bis in den Bundestag schaffen. Die Pläne der Regierung bestätigen alle
       Befürchtungen.
       
   DIR Verordnung zur Netzneutralität: Räuberleiter für die Telekom
       
       Die FDP hat den Entwurf einer neuen Verordnung zur Netzneutralität
       veröffentlicht. Damit rechtfertigt sie das umstrittene Modell der Telekom.