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       # taz.de -- Strategiestreit unter Antifaschisten: Gefährliche Absprache
       
       > Der DGB kündigt vorerst seine Zusammenarbeit mit dem Aktionsbündnis „Gera
       > gegen Rechts“ auf. Beim Protest gegen ein Nazi-Rockfest ging etwas
       > schief.
       
   IMG Bild: Vereint nur im Protest: Demonstration gegen Rechtsrock-Festival in Gera am 6. Juli
       
       Die Proteste gegen das Nazifestival „Rock für Deutschlands“ Anfang Juli in
       Gera hätten „die Nazis stark in Bedrängnis gebracht“, resümiert Bernd
       Stoppe, Sprecher des Aktionsbündnisses Gera gegen Rechts, die vielfältigen
       Aktionen in der Stadt. Ganz anders sehen das aber manche Teilnehmer der
       Proteste: Diese Behauptung sei ein „schlechter Witz“, meint etwa die
       Antifa-Gruppe Juri. Auch der DGB geht auf Abstand.
       
       Für Streit sorgt das Vorgehen des Aktionsbündnisses beim
       Rechtsrock-Festival, einem Highlight der Thüringer Nazi-Szene, das jährlich
       vom NPD-Kreisverband Gera veranstaltet wird. Etwa 700 Nazis lauschten am
       zweiten Juliwochenende dort, wie jedes Jahr, den Wahlkampfreden der
       Parteifunktionäre, ließen sich von Nazi-Rock volldröhnen – und auch eine
       Protestaktion auf dem Gelände über sich ergehen.
       
       Denn Mitglieder des Aktionsbündnisses hatten sich unter Polizeischutz kurz
       auf dem eingezäunten Festgelände eingefunden und sich mit Buchstaben auf
       den T-Shirts zum Protestslogan „Feste feiern ohne Nazis“ formiert.
       
       In einem offenen Brief an das Aktionsbündnis kritisiert die linke Gruppe
       Juri aus Jena und Erfurt jetzt, dass diese Aktion vorher mit der Polizei
       und den Veranstaltern – also der NPD – abgesprochen gewesen sei.
       
       „Mit Nazis gegen Nazis – das geht nicht!“ meint auch Sandro Witt,
       Gewerkschaftssekretär des DGB Thüringen, der die Gegendemonstration
       angemeldet hat. Selbst wenn die Absprachen nur indirekt über die Polizei
       gelaufen wären sei das falsch. Denn: „Ein friedliches Nebeneinander gibt es
       im Alltag nicht, Nazis halten keine Widersprüche aus, sie schlagen zu“, so
       Witt. Er fürchtet, es habe hier einen „Kuhhandel“ gegeben, der die
       Gegendemonstranten letztlich sogar in Gefahr bringe.
       
       Stoppe räumte gegenüber der taz zwar ein, die Aktion auf dem Festgelände
       wäre bereits Tage vorher mit der Polizei abgesprochen gewesen – so hätten
       die Nazis möglicherweise Wind davon bekommen. Ein „Gegenbesuch“ der Nazis
       bei den Gegenaktivisten sei aber definitiv nicht abgesprochen gewesen. Denn
       dieser sorgt für besonderen Unmut. Iim „Gegenzug“, so heißt es in einer
       Antwort des Pressesprecher der Landespolizeiinspektion Gera auf eine
       Anfrage der taz, begleitete die Polizei an jenem Tag etwa 30 Nazis im
       Anschluss zu einer nahegelegenen Gegenkundgebung des DGB.
       
       Die Gruppe Juri sieht die Verantwortung für diesen unwerwünschten Besuch
       beim Aktionsbündnis Gera gegen Rechts. „Wenn so ein Kuhhandel Praxis wird,
       dann habe ich Angst vor der Zukunft“, meint Witt. Er fürchtet, damit werde
       ein Präzendenzfall dafür geschaffen, „was eigentlich nicht geht, aber im
       rechtlichen Rahmen durchsetzbar ist“ – nämlich, dass jeder das Recht hat,
       an jeder Veranstaltung unter freiem Himmel teilzunehmen. Wenn sich Nazis
       aber einfach so unter ihre Gegner mischen, fürchten manche Aktivisten gegen
       rechts um ihre Sicherheit. Was, wenn sich die Nazis die Gesichter ihrer
       Gegner merken oder gar heimlich Fotos von ihnen machen?
       
       Die Polizei Gera ist jedoch zufrieden. Rückblickend resümiert sie: „Alle
       Versammlungen verliefen ohne Störungen“. Das Verhältnis der Nazigegner
       untereinander ist jetzt allerdings erheblich gestört. Nicht nur die
       Antifa-Gruppe, sondern auch der DGB Ostthüringen kündigten voerst die
       Zusammenarbeit mit dem Bündnis Gera gegen Rechts auf. „Solche Deals
       unterstützen wir nicht“, erklärte Witt. Am Donnerstag soll es Gespräche
       zwischen dem DGB und dem Aktionsbündnis geben.
       
       17 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jennifer Stange
       
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