# taz.de -- Massenproteste von Mursi-Anhänger: Tote bei Zusammenstößen in Kairo
> Bei Ausschreitungen sterben in Ägypten erneut Menschen. Derweil ist der
> erste hohe US-Politiker nach dem Umsturz in Kairo. Er spricht lediglich
> mit der Übergangsregierung.
IMG Bild: Pro-Mursi-Demonstranten in der Nacht zum Dienstag in Kairo.
KAIRO taz | In der ägyptischen Hauptstadt Kairo sind erneut Menschen bei
Ausschreitungen ums Leben gekommen. Anhänger des entmachteten Präsidenten
Mohammed Mursi blockierten in der Nacht auf Dienstag Straßen an mehreren
Orten der Stadt, um für die Rückkehr des gestürzten Präsidenten zu
demonstrieren. Bis spät in die Nacht hinein lieferten sie sich
Straßenschlachten mit dessen Gegnern und den Sicherheitskräften. Nach
Angaben des ägyptischen Ambulanzdienstes wurden dabei über 250 Menschen
verletzt, sieben wurden getötet.
Am Montagabend zogen die Demonstranten auf die Brücke des 6. Oktober und
blockierten eine der wichtigsten Durchfahrtsstraßen Kairos. Um den Weg zu
versperren, parkten sie Lastwagen auf der Straße und errichteten eine Mauer
aus Pflastersteinen. Die Polizei vertrieb die Blockierer mit Tränengas und
Gummigeschossen. Augenzeugen berichteten, die Demonstranten seien mit
Steinen und Brandbomben auf Polizisten losgegangen. Die Muslimbrüder
beschuldigten die Polizei, auch scharfe Munition eingesetzt zu haben.
Die ägyptische Tageszeitung Al-Ahram berichtete zudem, die
Sicherheitskräfte hätten 5.000 Demonstranten daran gehindert, von der
Hauptkundgebung in Nasr City im Osten der Stadt ins Kairoer Zentrum
vorzudringen, um sich den Protesten anzuschließen.
Auch an anderen Orten in Kairo protestierten die Mursi-Anhänger. Fünf der
Getöteten sollen im Stadtteil Gizeh umgekommen sein. Auch aus Alexandria
und Assiut wurden Demonstrationen gemeldet. Auf dem zentralen Tahrir-Platz
in Kairo dagegen, dem Zentrum der Proteste der Mursi-Gegner, ist es
mittlerweile ruhiger geworden.
## Unzählige Plakate der Opfer
Montag war ein bedeutender Termin für die Mursi-Anhänger. Eine Woche zuvor
waren 53 Menschen, darunter vier Soldaten, ums Leben gekommen, als die
Armee das Feuer auf Demonstranten eröffnete. Unzählige Plakate der Opfer
zieren die Protestmeile der Mursi-Anhänger in Nasr City.
Unterdessen hat erstmals seit dem Putsch am 3. Juli ein hochrangiger
US-amerikanischer Diplomat Ägypten besucht. Der stellvertretende
Außenminister William Burns sagte in Kairo, die USA wollten sich nicht in
Ägypten einmischen. „Nur die Ägypter können ihre Zukunft bestimmen“, so
Burns, der sich mit Armeechef Abdel Fattah al-Sisi, Übergangspräsident Adli
Mansur und Regierungschef Hasem al-Beblawi traf. Die USA unterstützen
Ägypten mit 1,5 Milliarden Dollar jährlich.
Die Protestbewegung Tamarrud, die die jüngsten Massendemonstrationen gegen
Mursi initiiert hatte, lehnte eigenen Angaben zufolge ein Treffen mit Burns
ab. „Wir haben die Einladung zurückgewiesen“, sagte Islam Hammam von der
Bewegung der Nachrichtenagentur AFP. Die USA hätten „nicht von Anfang an an
der Seite des ägyptischen Volkes gestanden“.
Sowohl auf Seiten der Mursi-Anhänger als auch der Gegner herrschen
ausgeprägte Vorbehalte gegenüber den USA. Während die Islamisten Washington
vorwerfen, den Putsch zu tolerieren, werfen viele Mursi-Gegner der
US-Regierung vor, die Islamisten zu unterstützen. Die deutsche und
US-amerikanische Forderung, Mursi freizulassen, stößt bei vielen Gegnern
der Islamisten, von denen viele dem liberalen Lager zuzurechnen sind, auf
Ablehnung.
16 Jul 2013
## AUTOREN
DIR Jannis Hagmann
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