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       # taz.de -- Snowden-Debatte in Deutschland: Eher ein besorgter Bürger
       
       > Der Fall Snowden taugt nicht als Beispiel für die deutsche Debatte über
       > den Schutz von Hinweisgebern. Denn ein klassischer Whistleblower ist
       > Snowden nicht.
       
   IMG Bild: „Whistleblower schützen“: Snowden-Sympathisant demonstriert in Berlin.
       
       FREIBURG taz | „Zuflucht für Edward Snowden – Whistleblower schützen“: fast
       150.000 Menschen haben binnen weniger Tage diesen Aufruf des
       Online-Netzwerks [1][campact] unterschrieben. Deutschland soll Ed Snowden
       einen sicheren Aufenthaltsstatus geben und ein Whistleblower-Gesetz
       schaffen, das Hinweisgeber wie Snowden auch in Deutschland besser absichern
       würde.
       
       Doch ist Snowden überhaupt ein klassischer Whistleblower? So werden
       Menschen bezeichnet, die öffentlich auf Missstände in ihrem eigenen
       Unternehmen hinweisen, insbesondere auf Straftaten und Gefahren für die
       Bevölkerung. Whistleblower sollen vor Kündigung und anderen
       Benachteiligungen im Betrieb geschützt werden.
       
       Die Diskussion über Whistleblower findet bisher vor allem im Arbeitsrecht
       statt. So hat das deutsche Bundesarbeitsgericht 2003 entschieden, dass eine
       Strafanzeige gegen den eigenen Arbeitgeber keine Kündigung erlaubt, wenn
       der Beschäftigte vor dem Gang an die Öffentlichkeit eine interne Klärung
       versucht hat.
       
       Bei „schwerwiegenden“ Straftaten kann der Beschäftigte auch sofort Presse
       und Behörden einschalten. SPD und Grüne versuchen, solchen Schutz
       ausdrücklich gesetzlich zu regeln. Die beiden Gesetzentwürfe aus dem Jahr
       2012 konzentrieren sich also auch auf das Arbeits- und Beamtenrecht.
       
       Ein ähnliches Gesetz zum Schutz von Whistleblowern gibt es in den USA
       durchaus. Es nützt Snowden aber nichts. Denn Snowden will nicht seinen
       Arbeitsplatz verteidigen, sondern fürchtet eine Strafverfolgung in den USA
       wegen Spionage.
       
       ## Kein Freibrief für Straftaten
       
       Auch die deutschen Gesetzesentwürfe zum Schutz von Whistleblowern sehen
       keine Straflosigkeit vor, wenn jemand zum Beispiel einen Einbruch begeht,
       um einen Missstand aufzudecken. Whistleblower sollen dem Recht zum
       Durchbruch verhelfen, sie haben dabei aber keinen Freibrief selbst
       Straftaten zu begehen.
       
       Snowden ist aber auch in anderer Hinsicht kein klassischer Whistleblower.
       Denn was er aufgedeckt hat, gilt in den USA (und Großbritannien) nicht
       unbedingt als Missstand. Ein eindeutiger Rechtsbruch des US-Geheimdienstes
       NSA ist bisher wohl noch nicht belegt. Und der US-Supreme Court würde die
       zugrunde liegenden US-Überwachungsgesetze wohl auch nicht als
       verfassungswidrig einstufen.
       
       Snowden ist eher ein besorgter Bürger, dem die sicherheitspolitische
       Ausrichtung seines Landes grundsätzlich nicht passt. Er versucht die
       herrschende Politik zu skandalisieren, indem er zeigt, wie umfassend die
       Überwachung ist, damit sie überhaupt erst als Missstand erkannt wird.
       
       Nach deutschen Recht wäre daher zu fragen, ob ein deutscher Ed Snowden
       straflos bleiben könnte, weil er von seiner Meinungsfreiheit Gebrauch
       gemacht hat und mit der Veröffentlichung geheimer Dokumente eine wichtige
       öffentliche Debatte angestoßen hat. Diese Abwägung kann aber kaum
       gesetzlich normiert werden, sondern müsste im konkreten Fall von den
       Gerichten, bis hin zum Bundesverfassungsgericht, vorgenommen werden.
       
       8 Jul 2013
       
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