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       # taz.de -- Neuer Antrag für Kraftwerk Datteln IV: Rot-grüner Konfliktstoff
       
       > Eine Genehmigung des Kohlekraftwerkes in Datteln kommt wieder auf den
       > Tisch. Das Ruhr-Parlament beschloss einen dafür nötigen Antrag. Die
       > Gegner werden erneut klagen.
       
   IMG Bild: Standort einfach um fünf Kilometer verschoben: Das fast fertig gestellte Kraftwerk Datteln IV.
       
       ESSEN/DATTELN dpa | Für das 2009 gerichtlich gestoppte Steinkohle-Kraftwerk
       in Datteln gibt es einen neuen Genehmigungsanlauf. Die Verbandsversammlung
       des Ruhrgebiets beschloss am Freitag mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP,
       dazu beim Land ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren zu beantragen.
       Damit könnten gravierende Planungsfehler bei dem Kraftwerksbau nachträglich
       geheilt werden.
       
       Der Energiekonzern Eon, der bereits eine Milliarde Euro in den fast
       fertigen Bau gesteckt hat, reagierte erleichtert. Eon hoffe, dass im Jahr
       2013 die planerische Basis wieder hergestellt werden könne. Anschließend
       könne Eon 2014 die nötigen Genehmigungen erhalten, um das Kraftwerk
       „schnellstmöglichst“ in Betrieb zu setzen, erklärte eine Sprecherin. Auch
       SPD und CDU im Landtag zeigten sich zufrieden. Dies sei ein guter Tag für
       den Standort NRW, erklärte der SPD-Abgeordnete Thomas Eiskirch.
       
       Bürgerinitiativen und Umweltschützer übten dagegen scharfe Kritik. Der
       Regionalverband wolle offensichtlich eine neue „Lex Eon“, erklärten die
       Initiativen in einem gemeinsamen Papier. Politiker dürften sich aber nicht
       zu Erfüllungsgehilfen des Energieriesen machen. Privatleute, die schwarz
       bauen, müssten schließlich auch abreißen.
       
       „Gegen den neuen Bebauungsplan in Datteln werden wir mit Sicherheit
       klagen“, kündigte der Sprecher der Dattelner Interessengemeinschaft
       Meistersiedlung, Rainer Köster, an. Die Umweltschützer hatten schon vor der
       Sitzung unter dem Motto „Nein zu Datteln - nicht die Hände schmutzig
       machen“ protestiert.
       
       Das Kraftwerk war rund fünf Kilometer von dem im Landesentwicklungsplan
       vorgesehenen Standort entfernt errichtet worden. Das Steinkohlekraftwerk am
       Rand des Ruhrgebietes ist mit knapp 1.100 Megawatt Leistung eines der
       größten seiner Art in Europa und zu 80 Prozent fertiggestellt.
       
       ## Bauplatz verschoben
       
       Umweltschützer hatten die Standortverschiebung gerügt und mit diesem
       Hauptargument vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster Erfolg gehabt.
       Der im Landesentwicklungsplan nicht vorgesehene Bauplatz liegt direkt am
       Dortmund-Ems-Kanal und an einer Bahnlinie, was den Transport der großen
       Kohlemengen für das Kraftwerk erleichtert.
       
       Konkret geht es in dem Zielabweichungsverfahren um die nachträgliche
       Genehmigung dieses Bauplatzes. Außerdem muss die Verwendung von Importkohle
       erlaubt werden. In den ursprünglichen Unterlagen war der Vorrang heimischer
       Steinkohle vorgeschrieben worden, die es aber nach dem Ausstieg aus der
       deutschen Förderung 2018 nicht mehr geben wird.
       
       Zuständig für eine Änderung des Landesentwicklungsplanes, der aus dem Jahr
       1995 stammt, ist die Landesplanungsbehörde in der Staatskanzlei. Das
       Verfahren ist landespolitisch brisant, weil es Konfliktpotenzial zwischen
       SPD und Grünen in der NRW-Regierungskoalition birgt. Der CDU-Abgeordnete
       Thomas Kufen sagte, SPD und Grüne seien in diesen industriepolitischen
       Fragen „tief gespalten“ und versteckten sich hinter Gerichtsurteilen.
       
       ## Gerichte müssen entscheiden
       
       Die Grünen im Regionalparlament hatten den Antrag zusammen mit den Linken
       abgelehnt. „Ob dieses Kohlekraftwerk als eines der letzten in NRW ans Netz
       geht, entscheidet nicht die Landespolitik. Wir gehen davon aus, dass
       Datteln IV wieder vor Gericht landet“, sagte die Grünen-Landtagsabgeordnete
       Wibke Brems. Die FDP im Regionalparlament warf den Grünen Blockade vor.
       
       Energiepolitisch ist der Kraftwerksstandort wichtig, da dort rund ein
       Viertel des gesamten deutschen Bahnstroms erzeugt wird. Bahnstrom hat eine
       besondere Spannung (16,7 Hertz) und kann ohne erhebliche technische
       Vorkehrungen nicht in anderen Kraftwerken erzeugt werden.
       
       Derzeit laufen in Datteln drei ältere, wesentliche ineffizientere
       Kohleblöcke mit Sondergenehmigungen bis Anfang 2014, die den Bahnstrom
       produzieren. Eigentlich hatte Eon sie längst abschalten wollen.
       
       5 Jul 2013
       
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