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       # taz.de -- CDU/CSU zur Datenspeicherung: Kein Verrat am Vorrat
       
       > Rückt die Union von der Vorratsdatenspeicherung ab? Der
       > CDU-Generalsekretär dementiert einen entsprechenden Bericht als „Ente“.
       > Die CSU schweigt.
       
   IMG Bild: Was passiert hier? Vorratsdatenspeicherung? Oder hat das etwas mit Mindestspeicherfristen zu tun?
       
       EISENACH taz | Rückt die Union von der Vorratsdatenspeicherung ab?
       CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe dementierte einen entsprechenden Bericht
       von Spiegel Online. „Das ist eine Ente“, sagt er der Nachrichtenagentug
       dpa.
       
       Spiegel Online hatte am Freitagmorgen gemeldet „CDU und CSU geben
       Vorratsdatenspeicherung auf“. Gestützt wurde der Aufsehen erregende Bericht
       im wesentlichen auf zwei Aspekte. Zum einen habe die Unionsspitze den
       Begriff „Vorratsdatenspeicherung“ kurzfristig aus dem Wahlprogramm
       gestrichen und durch „Mindestspeicherfristen“ ersetzt.
       
       In der Sache ist damit aber das gleiche gemeint: Telefon- und
       Internetfirmen sollen die Verbindungsdaten ihrer Kunden sechs Monate lang
       speichern und bei Bedarf der Polizei herausgeben. Die Union versucht schon
       seit Jahren den unpopulären Begriff „Vorratsdatenspeicherung“ zu ersetzen.
       Im Wahlprogramm wird aber weiterhin gefordert, die entsprechende
       EU-Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen.
       
       Interessanter ist der Hinweis, dass der CSU-Parteivorsitzende und
       bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer inzwischen auch inhaltlich von
       der Vorratsdatenspeicherung abgerückt sei. Die von Spiegel Online
       präsentierte Beweisführung ist allerdings dünn: So habe Seehofer bei einem
       Festakt zu '150 Jahre Liberalismus in Bayern' Bundesjustizministerin
       Leutheusser-Schnarrenberger gelobt und dabei ihren Widerstand gegen die
       Vorratsdatenspeicherung hervor gehoben.
       
       „Das ist eine liberale Grundhaltung, die mir Respekt abnötigt“, habe
       Seehofer gesagt. Und dann fügt Spiegel Online ohne jeden Beleg den
       entscheidenden Satz hinzu: „Jetzt ist es auch seine.“ Man kann den kurzen
       Satz wohl nur so verstehen: jetzt sei der Widerstand gegen die
       Vorratsdatenspeicherung auch Seehofers Grundhaltung.
       
       ## CSU-Parteizentrale: „Kein Kommentar“
       
       Stimmt das? Nachfragen der taz blieben ergebnislos. Die CSU-Parteizentrale
       in München will zu dem Bericht ausdrücklich „keinen Kommentar“ abgeben und
       die bayerische Staatskanzlei sieht „keinen Anlass“, Stellung zu nehmen.
       Immerhin gibt es aus Bayern auch kein Dementi. Vielleicht müssen Seehofers
       Leute aber erst einmal herausfinden, was der oft unberechenbare
       CSU-Politiker dem Spiegel-Journalisten überhaupt gesagt hat.
       
       Spiegel Online änderte am Freitag die Überschrift des Textes mehrfach. Aus
       „CDU und CSU geben Vorratsdatenspeicherung auf“ wurde „Union benennt
       Vorratsdatenspeicherung um“. Das schien dann aber auch wieder zu schwach zu
       sein, so dass später getitelt wurde: „Union rückt von
       Vorratsdatenspeicherung ab“.
       
       Die Vorratsdatenspeicherung gerät nicht nur wegen des
       NSA-Datensammelskandals wieder verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit.
       Nächsten Dienstag wird auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die
       umstrittene EU-Richtlinie verhandeln. Der irische High Court und der
       österreichische Verfassungsgerichtshof haben die Frage vorgelegt, ob die
       EU-Richtlinie gegen EU-Grundrechte verstößt. Wenn der EuGH die Richtlinie
       kassiert, müsste Deutschland sie auch nicht umsetzen. Dann würde auch das
       Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland
       eingestellt.
       
       In Deutschland war die Vorratsdatenspeicherung zunächst eingeführt worden.
       Das Bundesverfassungsgericht kippte jedoch Anfang 2010 das deutsche
       Umsetzungsgesetz und forderte einen besseren Schutz der zwangsgespeicherten
       Daten. Seither blockiert Justizministerin Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die Wiedereinführung der
       Vorratsdatenspeicherung, die sie für unverhältnismäßig hält.
       
       5 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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