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       # taz.de -- Ausstellung zur IT-Geschichte: Die Kybernetik und die Gegenkultur
       
       > In Berlin zeigt eine Ausstellung wie in den 1960er Jahren die
       > kybernetische Weltsicht Eingang in die Aussteigerkultur Kaliforniens
       > fand.
       
   IMG Bild: Installation in der Ausstellung „The Whole Earth“.
       
       BERLIN taz | Die Weltüberwachungs-Technologie „Prism“ ist auch ein
       hässliches Erbe der Kybernetik, jener heute weitgehend vergessenen Frühform
       der Informationstechnik, die in den Rechenmaschinen einst das ideale
       Instrument zur Lösung aller Menschheitsprobleme erblickte. In Berlin zeigt
       derzeit eine [1][Ausstellung im „Haus der Kulturen der Welt“], wie sich die
       Kybernetik um ihren Propheten Norbert Wiener mit ihrem systemtheoretischen
       Unterbau in den 60er Jahren Eingang in die kalifornische Subkultur der
       Hippies und Aussteiger verschaffte.
       
       Zentralorgan dieser Gegen-Gesellschaft war der „Whole Earth Catalog“, der
       Produkte und Ideologien für ein alternatives Leben anpries. Keineswegs
       technikfeindlich, auch kleine Rechenmaschinen waren im Angebot.
       
       Auf einer Fachkonferenz zur „Whole Earth“-Ausstellung schilderte kürzlich
       der Chronist der kalifornischen Wendezeit, Fred Turner, wie sich die
       Bewegung in den 70er Jahren in ländliche Kommunarden und computeraffine
       Unternehmensgründer aufspaltete.
       
       Unter ihnen auch die Garagen-Gründer des heutigen IT-Riesen Apple, die in
       das Silicon Valley zogen und die dort ansässigen Firmen, die hauptsächlich
       Technologien für die Luftwaffe produzierten, auf die neue Ära der
       Micro-Computer ausrichteten.
       
       „Die mit dem Laptop bewaffneten Bürger der Industriestaaten haben die
       gesellschaftliche Vision des ’Catalog‘ auf einer Ebene umgesetzt, von der
       seine Gründer nur träumen konnten“, stellte Fred Turner fest.
       
       Heute mutet die anfängliche Befreiungstechnologie des Internet, von den
       Akteuren der Gegenkultur damals intensiv genutzt, durch ihre Wucherung zu
       riesigen Konzernen des Informationskapitalismus vielen Nutzern wiederum als
       Albtraum an.
       
       Das Verdienst der Berliner Ausstellung ist es, die Ursprünge dieser
       technischen Entwicklungen in Erinnerung zu rufen und am Beispiel des
       Kalifornismus und seiner „Politik des holistischen Bewusstseins“ (Turner)
       die Breite des damaligen Veränderungsdenkens darzustellen. In Zeiten des
       Anthropozäns, der beschleunigten Veränderung des Planeten durch den
       Menschen, ist der Rückgriff auf solche Wissensbestände wichtiger denn je.
       
       Darum wurde die Schau in der Kongresshalle im Tiergarten bis 7. Juli
       verlängert. Aber auch, weil der sehr fundierte und umfassende
       Ausstellungskatalog erst jetzt, kurz vor Toresschluss, fertig wurde.
       Vielleicht klemmte ja der Computer.
       
       4 Jul 2013
       
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   DIR [1] http://www.hkw.de/de/programm/2013/the_whole_earth/the_whole_earth_83124.php
       
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